05.04.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 93 / Tagesordnungspunkt 23

Christoph HoffmannFDP - Status als Entwicklungsland

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Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Im Südbadischen würde man sagen, der vorgelegte Antrag der AfD „isch a rechter Saich“.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Der Wortwitz ist gut! – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Die Betonung liegt auf „rechter“!)

Ich will Ihnen auch sagen, warum: weil hier wieder einmal die Hälfte der Fakten nicht genannt wird, um Ressentiments zu schüren, um Hass zu säen und eine Kluft in die Bevölkerung zu treiben, so nach dem Motto: Deutschland verschenkt Geld, das unsere Armen gut brauchen könnten. – Das haben Sie ja hier auch wieder schön vorgeführt, Herr Frohnmaier.

(Dr. Alexander Gauland [AfD]: Ja, recht hat er!)

Jetzt schauen wir uns aber mal die Wirklichkeit an. Nehmen wir das Beispiel China – das haben Sie ja auch erwähnt –: In 2017 sind an China etwa 600 Millionen Euro ODA-Mittel geflossen. Was waren das denn für Mittel?

(Dr. Alexander Gauland [AfD]: 600 Millionen zu viel!)

– Jetzt hören Sie gut zu, dann lernen Sie was.

(Dr. Alexander Gauland [AfD]: Von Ihnen lerne ich nichts! – Gegenruf des Abg. Christian Dürr [FDP]: Sie haben ganz viel aufzuholen!)

Das waren eigentlich nur Kreditmittel in großem Umfang, und diese Kreditmittel werden ja wieder zurückgezahlt.

(Christian Dürr [FDP]: So ist es!)

Also geht dem Steuerzahler eigentlich nichts verloren, und on top gibt es dafür auch noch Zinsen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Jetzt schauen Sie mal, wo Sie von einer deutschen Bank noch Zinsen kriegen, wenn Sie Geld anlegen. Sie kriegen da keine Zinsen, aber in dem geschilderten Fall kriegen wir Zinsen. Das nützt uns allen, das nützt auch dem großen Budget des Bundeshaushaltes, und das nützt auch Ihrer Rosemarie Weiß-nicht-wie, die Sie gerade genannt haben.

Wir müssen noch weiter schauen. Die Entwicklungszusammenarbeit hat eine strategische Komponente. Das macht genau den Unterschied aus. Das haben Sie noch nicht verstanden. Sie sagen immer, das seien Hilfslieferungen, Hilfszahlungen etc.

(Beatrix von Storch [AfD]: Ja!)

Nein, es geht um wirtschaftliche Kooperation.

(Christian Dürr [FDP]: So ist es!)

Wenn wir weiterkommen wollen, zum Beispiel mit dem Klimaschutz, dann müssen wir diese strategischen Mittel nutzen.

(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Anja Hajduk [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

China erhält diese ODA-Mittel beispielsweise für den Bau von Windkraftanlagen.

(Lachen bei Abgeordneten der AfD)

Die werden zum Teil hier hergestellt

(Christian Dürr [FDP]: Das sind ja deutsche Arbeitsplätze, gegen die Sie sind!)

und helfen, das gesamte Klima in der Welt zu schützen.

(Dr. Alexander Gauland [AfD]: Klar, Windkraftanlagen! – Dr. Alice Weidel [AfD]: Natürlich! Da halten die total viel von! Die bauen ein Atomkraftwerk nach dem anderen! Sie haben überhaupt gar keine Ahnung! Das ist doch unfassbar!)

Wir haben ja leider kein nationales Klima, obwohl manche im Saal das meinen, sondern wir haben ein internationales Problem, nämlich die globale Erwärmung.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Ottmar von Holtz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Es ist doch im eigenen deutschen Interesse,

(Dr. Alexander Gauland [AfD]: Dass wir noch ein paar Windräder in China haben! Natürlich!)

dass wir die Klimakatastrophe stoppen und in den Griff bekommen.

(Zuruf der Abg. Beatrix von Storch [AfD])

Da machen dann zum Beispiel auch die Zahlungen an Brasilien zur Rettung des Regenwaldes Sinn.

(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Wenn wir es schaffen, dass im Sinne des Klimaschutzes mehr Wald entsteht, dann macht das strategisch einfach Sinn. Von genau diesen strategischen Überlegungen erzählen Sie Ihren Wählern nichts,

(Zuruf des Abg. Dr. Alexander Gauland [AfD])

sondern Sie wühlen sie auf, versuchen, den Hass zu schüren. Genau diese, Ihre Politik ist eine Politik, die wir nicht unterstützen können. Deshalb läuft Ihr Antrag hier auch ins Leere.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ein weiteres strategisches Element ist zum Beispiel die Produktion von E-Fuels, künstlichen Kraftstoffen. Das kann man am allerbesten in den Gegenden machen, wo die Sonne den ganzen Tag unglaublich stark brennt.

(Zuruf des Abg. Markus Frohnmaier [AfD])

Da nützt es doch, die Investitionen dort zu unterstützen. Das ist doch die Art von Strategie, die wir brauchen.

Zur Einstufung als Entwicklungsland will ich Ihnen auch mal was sagen: Alle Länder sind Entwicklungsländer.

(Zuruf der Abg. Beatrix von Storch [AfD])

Alle Länder müssen sich entwickeln. Auch Deutschland: Da müssen wir die AfD überwinden,

(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und der LINKEN – Dr. Alice Weidel [AfD]: Ist das alles, was Ihnen dazu einfällt?)

aber nicht nur das. Wir sind zum Beispiel auch Entwicklungsland beim Thema Mobilfunk, bei 5G. Wir sind Entwicklungsland in Sachen Breitband. Wir sind Entwicklungsland in Sachen Kreislaufwirtschaft. Wir sind auch Entwicklungsland in Sachen Klimaschutz. Deshalb kann die Parole nicht wie bei Ihnen „Rückwärts!“ lauten, sondern die Parole muss lauten: Vorwärts und mit strategischen Elementen auch in der Entwicklungszusammenarbeit arbeiten!

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt erteile ich das Wort dem Kollegen Dr. Sascha Raabe, SPD.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7342240
Wahlperiode 19
Sitzung 93
Tagesordnungspunkt Status als Entwicklungsland
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