05.04.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 93 / Tagesordnungspunkt 25

Wilfried OellersCDU/CSU - Tarifbindung

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bevor ich zum eigentlichen Thema komme, will ich klarstellen, dass die Arbeitsmarktsituation vielleicht doch nicht so schlimm ist, wie Sie sie dargestellt haben, Herr Riexinger. Wenn man dem glauben soll, was Sie gesagt haben, müssten wir in einem wirklich schlimmen Land leben. Wir haben Rekordbeschäftigung, steigende Löhne, und die Zahl der Befristungen geht derzeit prozentual wieder leicht zurück. Ich muss ganz ehrlich sagen: Das Bild, das Sie hier malen, ist nicht richtig.

(Bernd Riexinger [DIE LINKE]: Das ist gespalten!)

Darüber hinaus will ich noch auf einen Punkt eingehen. Herr Riexinger, wenn Sie sich hier schon äußern, dann würde ich an Ihrer Stelle genau überlegen, was ich sage. Sie haben in Ihrer Rede gesagt, dass die Menschen ein Recht auf bezahlten Urlaub haben und wir deswegen die Tarifautonomie stärken müssen. Herr Riexinger, für Urlaub brauchen Sie keinen Tarifvertrag zu schließen. Das steht im Bundesurlaubsgesetz.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zurufe von der LINKEN)

Schauen Sie einmal in das Gesetz. Dort ist das längst geregelt, und zwar für alle Arbeitsverhältnisse.

Ich will für unsere Fraktion deutlich hervorheben, dass wir die Tarifautonomie für einen der wichtigsten Bausteine unserer sozialen Marktwirtschaft halten. Das Miteinander von Arbeitgebern und Arbeitnehmern hat unser Land dahin gebracht, wo wir heute stehen. Diese Entwicklung beruhte auf einem Miteinander, auf dem beiderseitigen Verständnis am Verhandlungstisch mit der eben schon von Uwe Schummer angesprochenen Friedenspflicht bzw. dem Konsens, bis der Tarifvertrag abgelaufen ist. Ich denke, dass das die richtige Lösung ist. Das sehen wir auch daran, dass wir mit unserer Sozialpartnerschaft sehr gut durch Wirtschaftskrisen, zum Beispiel in den Jahren 2008/2009, kommen.

Dass die tarifvertragliche Bindung derzeit rückläufig ist, bedauern wir sehr. Wir haben da aber – Sie haben die Allgemeinverbindlicherklärung angesprochen – in der letzten Legislaturperiode schon gehandelt. Sie wollen es zwar nicht hören, aber mit dem Tarifautonomiestärkungsgesetz haben wir die von Ihnen gewünschten Vereinfachungen bei der Allgemeinverbindlicherklärung schon vorgenommen, indem wir die 50-Prozent-Grenze gestrichen haben und jetzt nur noch das öffentliche Interesse bei einem gemeinsamen Antrag beider Tarifpartner notwendig ist. An der Stelle muss man Maß und Mitte halten.

(Abg. Pascal Meiser [DIE LINKE] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

Wenn Sie Zahlen dafür anführen, wie die Tarifbindung gesunken ist, will ich allerdings darauf hinweisen – das ist gerade schon angeklungen –, dass viele Arbeitgeber schon auf die Tarifverträge zurückgreifen, um entsprechende Bestandteile einzelvertraglich aufzunehmen.

(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch Rosinenpickerei!)

Da muss man mal die Frage stellen: Warum ist es so, dass sie sich auf die einzelnen Tarifverträge beziehen, aber keine Tarifbindung eingehen? Das sollte man vielleicht einmal gesondert ergründen.

Herr Oellers, gestatten Sie eine Zwischenfrage aus den Reihen der Linken?

Nein, das machen wir im Ausschuss. – Herr Riexinger, bei Ihrer Forderung, die Allgemeinverbindlicherklärungen auszuweiten, muss ich Sie beim Wort nehmen. Sie haben gesagt, dass einer den Antrag stellen darf, und um den Antrag ablehnen zu können, muss es eine Mehrheit geben. Das heißt, Sie drehen die Beweislast doppelt um. Ich darf Sie auf Ihren eigenen Antrag verweisen. Darin sprechen Sie davon, dass ein gemeinsamer Antrag gestellt werden soll. Ich weiß nicht, ob das mit Ihrer Fraktion abgestimmt ist. Aber zumindest halten Sie sich mit dem, was Sie hier gesagt haben, nicht an Ihren Antrag. Wenn Sie das aber wirklich behaupten wollen, dann ist das umso mehr abzulehnen. Sie können doch nicht hergehen und bei der Tarifautonomie die Beweislast doppelt umkehren, damit die Mehrheit den Antrag quasi ablehnen muss. Das geht, ehrlich gesagt, absolut zu weit.

Zum zweiten Punkt, zum Tariftreuegesetz, nur in Kürze. Seitdem wir das Mindestlohngesetz haben, hat die Bedeutung eines Tariftreuegesetzes sicherlich in gewisser Weise abgenommen. Aber Sie müssen auch berücksichtigen, dass ein Tariftreuegesetz europarechtlich sehr kritisch gesehen wird. Noch 2014 hat der Europäische Gerichtshof erklärt, dass die Tariftreuegesetze nicht wirksam sind. Deswegen werden wir Ihren Antrag im Ausschuss ablehnen.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Vielen Dank. – Nächster Redner ist der Kollege Jürgen Pohl von der AfD.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7342286
Wahlperiode 19
Sitzung 93
Tagesordnungspunkt Tarifbindung
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