05.04.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 93 / Tagesordnungspunkt 25

Axel KnoerigCDU/CSU - Tarifbindung

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Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Tarifpartnerschaft in Deutschland – das kann man so formulieren – ist seit 100 Jahren ein Erfolgsmodell. Sie ist ein wichtiger Pfeiler der sozialen Marktwirtschaft geworden. Kooperation statt Klassenkampf, das war schon immer die Antwort der Christlichen Soziallehre auf Kommunismus und Radikalismus.

Gerade wir als Union brauchen von den Linken keine Aufforderung, die Tarifautonomie zu verteidigen. Ich will, wie es Kollege Schummer schon getan hat, daran erinnern, dass das erste Betriebsrätegesetz 1920 unter Arbeitsminister Brauns zustande gekommen ist. Brauns war ein katholischer Priester und Mitglied der Zentrumspartei. Die Christlichen Demokraten haben seither die soziale Partnerschaft zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern gestaltet.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wie wichtig das Miteinander der Tarifpartner ist, das haben wir in der Wirtschaftskrise 2008/2009 erlebt. Hunderttausende Menschen waren vor Massenarbeitslosigkeit abzusichern. Durch das verantwortungsvolle Handeln beider Tarifparteien, durch Kurzarbeit und Weiterbildung, konnten Massenentlassungen verhindert werden. Gerade mittelständische Unternehmen haben die Krise so überbrückt, sodass Hunderttausende Beschäftigte vor der Arbeitslosigkeit geschützt wurden. Meine Damen und Herren, die Tarifpartnerschaft hat sich also für beide Seiten ausgezahlt. Das müssen wir auf die Arbeitswelt von morgen übertragen.

Dabei ist das, was Die Linke hier präsentiert hat, nichts Neues. Auf Ihrem Einseiter stehen nur allgemeine Forderungen. Das wird der Komplexität des Themas nicht gerecht. Aufgrund der Digitalisierung stehen enorme Veränderungen in allen Branchen und Berufen bevor. Deswegen lautet die zentrale Frage: Wie schafft man Tarifbindung in der digitalen Arbeitswelt? Welche traditionellen Konzepte können wir übertragen, und welche neuen sind zukünftig gefragt?

Wir waren vor wenigen Tagen mit dem Wirtschaftsausschuss auf der Hannover Messe. Dort konnten wir sehen, wie die Digitalisierung schon in wenigen Jahren die Arbeitswelt enorm verändern wird: Autonomes Fahren, Roboter und Elektromobilität werden bald in allen Bereichen zum Berufsalltag gehören. Diese Anforderungen und Anpassungen gerade im Bereich der Weiterbildung können am besten die Sozialpartner organisieren; denn sie kennen die Lage in den Branchen und die Bedürfnisse der Beschäftigten am besten.

(Beifall bei der CDU/CSU)

In der digitalen Arbeitswelt gibt es auch neue Modelle der Arbeitsorganisation: Telearbeit, flexible Arbeitszeiten und Crowdworking schaffen völlig neue Arbeitsverhältnisse im Vergleich zu den bekannten Arbeitsstrukturen. Die Geschäfte von Onlineplattformen kennen keinen Betrieb, keine Mitbestimmung, keine Tarifvereinbarung.

(Jutta Krellmann [DIE LINKE]: Das ist ja das Problem!)

Deswegen ist die Frage: Wie bringen wir das komplexe Arbeitsrecht in die digitalen Unternehmen? Dasselbe gilt auch für das Betriebsverfassungs- und für das Tarifvertragsgesetz. Wie soll die Mitbestimmung beispielsweise in einem virtuellen Betriebsrat funktionieren? Das sind die sozialen Fragen des digitalen Zeitalters. Und man muss ehrlich sagen: Hier stehen wir erst am Anfang. Wir müssen die Arbeitnehmervertretungen von unten in die Digitalwirtschaft bringen. Das ist auch eine Chance für die Gewerkschaften, von ihrer Seite aus die Tarifpartnerschaft zu modernisieren.

Für uns als Politik gilt letztlich: Wir müssen Rechtsbereinigungen vornehmen, Regulierungsreformen durchführen und für Entbürokratisierung sorgen. Das waren drei Stichworte, die wir auf der Hannover Messe fortlaufend gehört haben. Das waren die Forderungen der Arbeitnehmer und der Arbeitgeber, und wir müssen uns verstärkt bemühen, entsprechende Maßnahmen auf den Weg zu bringen.

In den Koalitionsvertrag wurde aufgenommen, den Tarifunternehmen mehr betriebliche Flexibilität in der digitalen Arbeitswelt einzuräumen. So soll den Beschäftigten mehr Selbstbestimmung bei der Arbeitszeit gewährt werden. Wir haben uns dafür ausgesprochen, diese „Experimentierräume“ als Praxistest zu gestalten. Das ist schon in der vorherigen Wahlperiode unter der Ministerin Nahles auf den Weg gebracht worden; Minister Heil führt das fort. Wir werden in den nächsten Wochen hoffentlich die Ergebnisse erhalten.

Solche Möglichkeiten zur Erprobung neuer Arbeitsformen brauchen wir in allen Branchen und Berufsfeldern. Wenn wir dann bessere Antworten darauf geben können, dann wird sich die Tarifpartnerschaft auch an die digitalen Herausforderungen anpassen.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Michael Gerdes [SPD])

Vielen Dank. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Kerstin Tack für die Fraktion der SPD.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7342293
Wahlperiode 19
Sitzung 93
Tagesordnungspunkt Tarifbindung
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