05.04.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 93 / Tagesordnungspunkt 26

Johannes FechnerSPD - Fixierungen im Rahmen von Freiheitsentziehungen

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! In dem Filmklassiker „Einer flog über das Kuckucksnest“ kann man nicht nur einen sensationellen Jack Nicholson sehen, sondern auch die schlimmen Zustände in einer psychiatrischen Einrichtung in den USA, von denen wir in Deutschland zum Glück meilenweit entfernt sind. Aber vor allem zeigt dieser Film, wie wichtig es ist, dass für die Patienten klare rechtsstaatliche Regelungen vorhanden sind, dass Grundrechtseingriffe gerechtfertigt sein müssen und nur mit einem klaren Verfahren möglich sind. Genau diese klaren Regeln schaffen wir mit diesem Gesetz, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Anlass war das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur unzureichenden Rechtslage in Bayern und in Baden-Württemberg. Das Bundesverfassungsgericht urteilte, dass Fixierungen einen erheblichen Grundrechtseingriff darstellen und dass deshalb eine länger andauernde Fixierung nur nach Genehmigung durch ein Gericht zulässig ist. Mit dem Gesetz, dessen Entwurf heute vorliegt, regeln wir genau das: Ist eine Fixierung länger andauernd – wir gehen von etwa einer halben Stunde aus –, muss sofort eine richterliche Genehmigung eingeholt werden. Sie sehen: Damit sichern wir die Grundrechte der Patienten und schaffen für alle Beteiligten Rechtssicherheit.

Laut Polizeilicher Kriminalstatistik, die wir diese Woche vorgestellt bekommen haben, sind viele erfreuliche Entwicklungen, etwa der deutliche Rückgang der Wohnungseinbrüche, zu verzeichnen. Aber leider müssen wir feststellen, dass es zunehmend Attacken gegen Polizeibeamte und auch Rettungskräfte gibt. Dabei dürfen wir nicht aus dem Auge verlieren, dass es auch in den Justizvollzugsanstalten oder in Krankenhäusern, etwa in psychiatrischen Krankenhäusern, Übergriffe und Attacken gegen Pflegerinnen und Pfleger gibt. Gerade diese Pflegerinnen und Pfleger machen, wie ich finde, einen wirklich sehr, sehr harten Job. Sie haben es mit einer nicht immer einfachen Klientel zu tun. Oft steht auch die Bezahlung nicht im Verhältnis zu den beruflichen Belastungen. Das Gleiche gilt für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Strafvollzug. Deshalb an dieser Stelle ein herzliches Dankeschön an all diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die tagtäglich ihre wichtige Arbeit in den Gefängnissen und in den Krankenhäusern tun.

Das Mindeste – deswegen erzähle ich das –, was wir für dieses Personal, für diese Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter tun können, ist, sie durch klare Regelungen bei der Fixierung vor den Attacken von Gefangenen oder Patienten zu schützen. Genau diese klaren Rechtsgrundlagen – auch zum Schutz der Mitarbeiter – schaffen wir mit diesem Gesetz.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Nun ist es grundsätzlich Aufgabe der Länder, Regelungen zur Zulässigkeit von Fixierungen zu treffen; aber gerade in diesem sensiblen Bereich der Freiheitseingriffe macht es Sinn, dass wir bundeseinheitliche Standards schaffen und bundeseinheitliche Regelungen haben. Wir brauchen für die betroffenen Personen zum Selbstschutz, aber auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und auch für alle, die in der Justiz mit diesen Fragen befasst sind, für die Richterinnen und Richter, klare Rechtsgrundlagen. Bei diesen sensiblen Grundrechtsfragen darf es in Deutschland keinen Flickenteppich geben, liebe Kolleginnen und Kollegen.

Deshalb ist die wichtigste Neuregelung, dass wir bundeseinheitlich regeln, dass Personen zum Schutz des Pflegepersonals oder aber auch zum Selbstschutz fixiert werden können, auch über einen nicht nur kurzen Zeitraum hinaus. Bei länger andauernden Fixierungen – wir gehen, wie gesagt, in der Gesetzesbegründung von 30 Minuten aus – muss ein Richter über die Rechtmäßigkeit der Fixierung entscheiden. Und nur zur Klarstellung: Die richterliche Genehmigung muss nicht vor der Fixierung vorliegen; sie kann nachgeholt werden, muss aber so schnell wie möglich nachgeholt werden, unverzüglich.

Für die Justiz regeln wir klare Verfahrenswege: Sachlich und örtlich zuständig werden die Amtsgerichte sein. Das hat sich bewährt. Dort gibt es gute Erfahrungen mit Bereitschaftsdiensten. Deswegen sind auch diese Regelungen sinnvoll. Wir brauchen in diesem sensiblen Bereich für die Rechtsanwender und für die Gerichte ganz klare, präzise rechtliche Regelungen, und die schaffen wir mit diesem Gesetz.

Bedanken darf ich mich an dieser Stelle beim Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz. Frau Ministerin Barley, herzlichen Dank für die Erstellung dieses Gesetzentwurfes! Lassen Sie uns gemeinsam diesen wichtigen Gesetzentwurf gründlich, aber zügig beraten. Das Bundesverfassungsgericht hat bekanntlich eine Frist zum 30. Juni 2019 gesetzt. Diese Frist sollten wir unbedingt einhalten, wenn wir nicht erhebliche Rechtsunsicherheit in den Justizvollzugsanstalten und in den Krankenhäusern schaffen wollen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich komme zum Schluss. Lassen Sie uns mit diesem Gesetz eine klare Rechtslage für die Fixierungen schaffen. Sichern wir die Grundrechte der Betroffenen einerseits, schaffen wir mehr Schutz für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Und vor allem: Schaffen wir für die Richterinnen und Richter sowie die Justizbediensteten ganz klare Regeln im Sinne der Rechtssicherheit.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das Wort hat der Abgeordnete Thomas Seitz für die AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7342304
Wahlperiode 19
Sitzung 93
Tagesordnungspunkt Fixierungen im Rahmen von Freiheitsentziehungen
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