05.04.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 93 / Tagesordnungspunkt 27

Thomas SattelbergerFDP - Pakt für Forschung und Innovation

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Forschung – für viele eine heilige Kuh. Drei Glaubensrichtungen:

Die erste: die der Anhänger des Igittigitt. Unschuldige, neugiergetriebene Forschung darf in ihren zarten Augen nicht in die Fänge schnöder Wirtschaft geraten.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Das sind eher die, die hier links sitzen.

Die zweite Gruppe sagt: Ja, es soll schon was herauskommen bei der Forschung; aber: Forschungsergebnisse lassen sich ja nicht messen. – Zu dieser Gruppe gehört unser Right Honourable Gentleman und Staatssekretär Michael Meister. Immer wenn ich Benchmarks und Performance-Indikatoren fordere, erwidert er, das ginge vielleicht in einem Unternehmen, aber nicht in einer Volkswirtschaft.

Deutschland zweifelt, die Welt handelt. Länder wie die Schweiz und Großbritannien, die dritte Gruppe. Der eidgenössische Innovationsbericht benennt auf 60 Seiten internationale Benchmarks, der Innovationsbericht der Bundesregierung enthält nur dürre Zeilen. Warum? Weil wir beginnen, uns aus der Spitzengruppe herauszukatapultieren, und die Bundesregierung Vogel-Strauß-Politik macht.

(Beifall bei der FDP)

Die Bundeskanzlerin hat auf der Hannover Messe mit Blick auf die KI-Konkurrenz aus den USA und aus Asien gesagt:

Ich bin mir noch nicht ausreichend sicher, ob wir schon die Voraussetzungen haben, um weltweit mitzuspielen.

Tja, richtige Diagnose. Handlung: ein Nullum – KI-Forschung kastriert, Forschungsförderung phlegmatisch, Digitalisierung deprimierend, Sprunginnovation auf Sparflamme, und unsere Potenziale sind noch nicht ausgeschöpft.

Unsere britischen Freunde unterziehen ihre Forschungseinrichtungen einer transparenten Leistungsanalyse: Research Excellence Framework. 25 Prozent der Bewertung basiert auf dem Nutzen für Zivilgesellschaft, Wirtschaft und Politik.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn die Jungs von Jogi Löw mittelmäßig spielen, dann kocht die Volksseele. Wenn Fraunhofer und Co ihr gewaltiges Potenzial nicht voll ausschöpfen, dann kocht meine Seele.

(Beifall bei der FDP – René Röspel [SPD], an die FDP gewandt: Da klatschen Sie auch noch!)

Zwischen 2006 und 2020 werden die außeruniversitären Forschungseinrichtungen an die 86 Milliarden Euro von Bund und Ländern erhalten haben. Wir stecken vorne so viel rein. Aber was kommt hinten eigentlich raus?

(Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Jetzt schreien Sie doch nicht so rum! Wir verstehen Sie doch!)

Symptomatisch, meine Damen und Herren, ist das Schneckentempo bei der Erhöhung des Anteils von Frauen in Führungspositionen in der Forschung. Großmundige Versprechen, geringes Ergebnis.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie in Ihrer Fraktion!)

Sogar der Bundesrechnungshof hat angemerkt, dass leistungsorientiertes Controlling fehlt, Controlling zum Innovationstransfer in den Mittelstand, zu KI-Ausgründungen, zu transnationalen Patenten, zur Zuwanderung von Spitzenforschern.

Meine Damen und Herren, Forschung ist unser Lebenselixier. Das Budget für Wissenschaft und Forschung darf nicht schrumpfen; es muss wachsen.

(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Tankred Schipanski [CDU/CSU])

Es geht uns auch nicht um die Unterwerfung von Forschung unter Erfolgskennziffern. Wir sagen: Grundfinanzierung: Ja. Dynamisierung: Ja. Weltspitze nachweisen: Ja, bitte. Und das heißt: Potenzial ausschöpfen. Dafür brauchen wir eine wettbewerbliche Komponente: 15 Prozent variabel für diejenigen, die die vereinbarten Ziele erreichen.

(Beifall bei der FDP – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Rede halten Sie zu jedem Ihrer Anträge! Langweilig!)

Auch den besonderen Charakter geistes- und sozialwissenschaftlicher Forschung haben wir bestens in unserem Antrag berücksichtigt: 15 Prozent ergebnisorientiert – in einem ersten Schritt! Ein Anreiz, sich auf den Hosenboden zu setzen, wie Frau Kramp-Karrenbauer es neulich formulierte.

(Sepp Müller [CDU/CSU]: Gute Frau!)

Sie meinte die Schüler, ich meine das Bundesforschungsministerium.

Wenn wir der Innovation nicht Beine machen, geht es um die Wurst in diesem Lande. Die Paktverhandlungen sind in vollem Lauf.

(Lorenz Gösta Beutin [DIE LINKE]: Wer schreit, gewinnt nicht!)

Ich kann da nur immer wieder rufen: Ran an den Speck, Frau Karliczek!

(Beifall bei der FDP – René Röspel [SPD]: Das war ja ein Reim aus dem Katzenleben!)

Das Wort hat die Kollegin Sybille Benning für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU – Stefan Müller [Erlangen] [CDU/CSU]: Jetzt werden wir wenigstens nicht mehr angeschrien!)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7342319
Wahlperiode 19
Sitzung 93
Tagesordnungspunkt Pakt für Forschung und Innovation
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