Bernhard LoosCDU/CSU - Aktuelle Stunde zum Rüstungsexportstopp an die am Jemenkrieg beteiligten Staaten
Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Diese Aktuelle Stunde hat etwas von dem berühmten Grimm’schen Märchen, bei dem es zum Wettlauf zwischen dem Hasen und dem Igel kommt. In diesem Fall ist es ein Wettlauf zwischen den Grünen und den Linken, nach dem Motto: Wer darf dieses Thema zuerst auf seinem politischen Konto verbuchen?
(Heike Hänsel [DIE LINKE]: Wir kooperieren da! Ganz kollegial! – Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben das vor der Debatte schon aufgeschrieben, wie man sieht!)
Der bisherige Debattenverlauf zeigt jedoch – man kann es hier im Hohen Haus offenbar nicht oft genug wiederholen –: Statt einer emotional geführten Anprang-Debatte wäre eine sachliche, an den Fakten orientierte Analyse angemessen und auch notwendig.
(Omid Nouripour [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist doch im Manuskript!)
Meine Kolleginnen und Kollegen von den Grünen und den Linken, es geht eben nicht um eine Schwarz-Weiß-Einteilung in die Gutmenschen und in die bösen Vertreter der deutschen Rüstungslobby bei der Regierung, sondern es geht der Koalition um eine europäische Zusammenarbeit in der Sicherheitspolitik und um keinen deutschen Sonderweg in der Außenpolitik. Es geht natürlich auch um die europäische wirtschaftliche Zusammenarbeit in der Sicherheitspolitik und letztendlich aber auch um Arbeitsplätze – nicht nur in Deutschland, sondern auch in Frankreich und in Großbritannien.
Wir leben in einer Welt der Unsicherheit, der Bedrohung und eines globalen kriegerischen Terrors. Daher geht es uns im Kern um den Dreiklang aus folgenden Punkten:
Erstens: Nationale Verteidigungsfähigkeit. Zentrale Aufgabe eines jeden Staatswesens ist die Gewährleistung der äußeren Sicherheit seiner Bürgerinnen und Bürger. Es geht also um eine unabhängige Wehr- und Abwehrfähigkeit Deutschlands.
(Rüdiger Lucassen [AfD]: Sträflich vernachlässigt!)
Dazu brauchen wir Rüstungsgüter zur Verteidigung und zur Abschreckung.
Zweitens: Erhalt einer eigenen wehrtechnischen Industrie. Die deutsche wehrtechnische Industrie leistet einen wichtigen Beitrag für die Außen- und Sicherheitspolitik Deutschlands. Sie ist im Übrigen unverzichtbar für die Auftragserfüllung der Bundeswehr im Bündnis und für die Einsatzbereitschaft.
(Rüdiger Lucassen [AfD]: Das machen Sie aber gerade kaputt!)
Oder wollen Sie deutsches Steuergeld in den USA, in China oder in Russland ausgeben, um damit dort Arbeitsplätze zu schaffen und die in Deutschland bestehenden Arbeitsplätze zu beseitigen?
(Rüdiger Lucassen [AfD]: Machen Sie doch!)
Wir sprechen hier von rund 55 000 direkten und insgesamt – mit den Zulieferern – von 135 000 Arbeitsplätzen in unserem Land – sei es bei den Werften im Norden, bei der Wehrtechnik im Westen oder bei der Luftfahrt im Süden.
Wir von der Union stehen zum Erhalt einer leistungsfähigen deutschen wehrtechnischen Industrie, und wir wollen, dass diese deutsche Hochtechnologiefähigkeit nicht unwiederbringlich verloren geht. Daher unterstützen wir die deutsche Rüstungsindustrie im Rahmen der geltenden Bestimmungen bei ihren Exportbemühungen, wie das auch alle anderen europäischen Länder für ihre Rüstungsindustrien tun. Nichts anderes ist der Kerninhalt des aktuellen Beschlusses des Bundessicherheitsrates.
Drittens: Zusammenhalt im Bündnis. Innerhalb der NATO und der EU arbeitet Deutschland eng mit seinen Partnern für Sicherheit, Frieden und Freiheit zusammen. Das bedeutet ganz konkret: Wir planen als verlässliche Partner gemeinsame Rüstungsprojekte und produzieren gemeinsam Rüstungsgüter, die unsere europäischen NATO-Partner und auch wir selbst wegen der enormen Entwicklungskosten und notwendigen Stückzahlen alleine nicht wirtschaftlich produzieren könnten.
Aber immer mehr macht das Schlagwort „German-free“ die Runde. Man sagt: „Wir machen es ohne die Deutschen“, weil man einfach Angst hat, mit uns gemeinsam entwickelte Rüstungsgüter nicht verkaufen zu können. Wollen Sie einen Ausstieg oder, besser gesagt, Ausschluss Deutschlands aus diesen Kooperationen? Dann stehen Sie auch zu den Konsequenzen für die Arbeitsplätze in Deutschland. Und vor allem: Sagen Sie auch, dass wir dann Flugzeuge und vieles andere dauerhaft aus dem Ausland, zum Beispiel aus den USA, beziehen müssen. Wollen Sie eine solche Isolierung Deutschlands bei den europäischen Partnern im Bündnis?
Wir, die Union, stehen dazu, dass wir gemeinsam als Verbündete Verteidigungstechnologien entwickeln und nutzbar machen. Wenn wir uns so verhalten würden, wie Sie das von den Linken oder Grünen wollen, dann bräuchten wir auch nicht 70 Jahre NATO zu bejubeln.
(Tobias Pflüger [DIE LINKE]: Das machen wir ja gar nicht!)
Der Ausstieg aus der NATO ist aber Ihr Endziel. Wir, die Union, sehen die NATO als Erfolgsgeschichte und als eine Basis für die Wiedervereinigung Deutschlands und den Mauerfall vor 30 Jahren.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Bundesminister Heiko Maas hat mit Recht gesagt, dass wir im Rahmen des Moratoriums nicht nur mit Blick auf den Fall Khashoggi die Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien beschränkt haben, sondern auch, weil wir Druck ausüben und deutlich machen wollen, dass wir von Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten einen Beitrag zu einem Friedensprozess erwarten. Wir von der Union unterstützen diese Haltung.
Ich stimme Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier völlig zu: Es hat keine Folgen positiver Art, wenn nur wir die Exporte nicht weiter durchführen, aber gleichzeitig andere Länder diese Lücke füllen. Ein dauerhafter Alleingang Deutschlands in dieser Frage ist ein falscher Weg.
Danke.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7342376 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 93 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde zum Rüstungsexportstopp an die am Jemenkrieg beteiligten Staaten |