Sonja SteffenSPD - Target-Forderungen
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Gäste auf der Tribüne! Ja, Herr Schäffler, Sie haben zwischendurch gar nicht so schlecht geredet, aber mit einer Unwahrheit aufgehört.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Es ist einfach nicht zutreffend, dass die Sozialdemokratie die Fusion von Commerzbank und Deutscher Bank betreibt.
Ich will aber zum Thema reden. Liebe Kolleginnen und Kollegen, am Dienstagabend um 22.15 Uhr erreichte uns der Antrag der AfD-Fraktion mit dem Titel „Target-Forderungen unabhängig vom Fortbestand des Euros besichern“ – ein provokanter Titel –, zu einer sehr unkollegialen Zeit und nicht einmal zwei Tage bis zur heutigen Debatte. Das scheint eine von vielen Retourkutschen zu sein, vielleicht für die nichtgewählte Bundestagsvizepräsidentin aus Ihren Reihen. Wie haben Sie es unmittelbar nach der gescheiterten Wahl selber formuliert? Jetzt zitiere ich ausnahmsweise einmal die AfD; Sie haben gesagt: Falls unsere Kandidatin nicht durchkommt, wollen wir die Arbeit des Bundestages systematisch behindern.
(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Das haben wir nie gesagt! Was ist das für eine Lüge!)
Damit wollen wir das Ansehen des Bundestages nachhaltig beschädigen und das Vertrauen in unsere Demokratie erschüttern. – Das ist ein wörtliches Zitat von Ihnen.
(Tino Chrupalla [AfD]: Nennen Sie die Namen! – Dr. Bernd Baumann [AfD]: Von wem denn? Sie lügen! Genau das Gegenteil haben wir gesagt! – Gegenruf des Abg. Eckhardt Rehberg [CDU/CSU]: Benehmen Sie sich ein bisschen, Herr Baumann! Das ist unappetitlich!)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie bitte die Frau Kollegin Steffen ausreden. Wenn Sie etwas zu sagen haben, können Sie eine Kurzintervention anmelden.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)
Liebe Frau Kollegin.
Da muss man sich doch zu Recht fragen, und das fragt auch die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“ in ihrer aktuellen Ausgabe, die weiß Gott nicht den Ruf hat, eine, wie Sie immer so schön sagen, rot-links versiffte Zeitung zu sein:
Wie wichtig ist der Partei
– also Ihnen von der AfD –
das Vertrauen in die Demokratie, wenn sie es bewusst beschädigt … ?
(Tino Chrupalla [AfD]: Unfassbar, was Sie hier sagen!)
Nun, mit dem späten Antrag war es nicht getan. Nein, als der Antrag endlich auf meinem Schreibtisch lag, musste ich feststellen, dass er in wesentlichen Teilen, und zwar in der kompletten Forderung an die Bundesregierung, exakt dem Antrag entspricht, den Sie vor sechs Monaten ins Parlament eingebracht haben.
(Peter Boehringer [AfD]: Die neuen Begründungen! Haben Sie nicht zugehört?)
Ich will Ihnen das kurz zeigen: Die Stellen, die ich hier markiert habe, sind die Forderungen von Ihnen, und die sind gleich. Die beiden Anträge gleichen sich exakt.
(Peter Boehringer [AfD]: Wir geben Ihnen eine neue Chance!)
Wir haben den Antrag damals abgelehnt, und zwar völlig zu Recht, und jetzt müssen wir uns wieder mit diesem Thema beschäftigen. Ich kann Ihnen nur sagen: Ihr Antrag wird durch Wiederholungen nicht besser. Weil das Prinzip der Wiederholung in der Pädagogik anerkannt ist – manchmal hilft es ja, wenn man etwas wieder und wieder sagt –, hätte ich meine Rede vom 28. September 2018 heute noch einmal halten können.
(Dr. Alice Weidel [AfD]: Warum sprechen Sie nicht einfach mal zur Sache! Sie sind völlig unsachlich! Sprechen Sie zum Antrag! Können Sie nämlich gar nicht, zum Inhalt sprechen!)
Ich habe die Hoffnung aufgegeben, dass Wiederholungen in Ihre Richtung dazu führen, dass Sie Ihre Meinung ändern.
(Beifall bei der SPD)
Deshalb will ich mich an diesem Kasperltheater in einer Endlosschleife zum Thema Target2 gar nicht weiter beteiligen und die verbleibende Zeit dazu nutzen, den Euro zu loben.
(Dr. Alice Weidel [AfD]: Keine Inhalte!)
Das ist es ja, was Sie wollen: Sie wollen nur eines, nämlich den Euro und Europa an den Pranger stellen.
(Dr. Alice Weidel [AfD]: Nichts Inhaltliches!)
Dabei ist der Euro ein Erfolgsmodell. 20 Jahre Euro sind ein Grund zum Feiern. Der Euro ist ein Integrations- und Friedensprojekt. Die Mehrheit der Europäerinnen und Europäer kann sich ein Leben ohne den Euro gar nicht mehr vorstellen. Oben auf der Tribüne sitzen jede Menge Schülerinnen und Schüler, die die Zeiten mit D‑Mark, Drachme, Lira und den sonstigen Währungen, die wir hatten, gar nicht mehr kennen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Dr. Alice Weidel [AfD]: Wir reden gerade von der Besicherung von Target-Salden! Reden Sie einmal zur Sache!)
Wir haben ein Integrationsprojekt verwirklicht.
(Dr. Alice Weidel [AfD]: Wovon reden Sie? Wir reden von der Besicherung von Target-Salden! Reden Sie doch einfach mal zum Antrag!)
Der Euro ist aber auch ein wirtschaftliches Erfolgsprojekt. Er hat zu mehr Handel, mehr Investitionen und mehr Stabilität geführt. Dazu hat übrigens auch das Target2-System stark beigetragen.
(Beifall bei der SPD – Dr. Alice Weidel [AfD]: Reden Sie zum Antrag! Das kann nicht so schwierig sein!)
– Ich habe schon zu dem Antrag geredet, in meiner Rede vom 28. September 2018. Lesen Sie nach, was ich dazu gesagt habe.
Gerade Deutschland profitiert mit seinen globalen Interessen von einem starken Euro. Und Deutschland übernimmt durch den Euro nicht zu viele Risiken, auch nicht durch das Target2-System. Eine Währungsunion ist eben keine reine Transferunion, wie Sie, Herr Schäffler, es vorhin gesagt haben. Das wollen wir auch gar nicht.
(Christian Dürr [FDP]: Hoffentlich nicht!)
Wir wollen eine Versicherungsunion: Alle Länder stehen füreinander ein, und mögliche Verluste werden geteilt; das ist die Idee, Solidarität. Aber davon haben Sie ganz rechts in diesem Haus überhaupt keine Ahnung.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Christian Dürr [FDP]: Frau Staatssekretärin, ist das die Haltung des BMF? – Zurufe von der AfD)
Das Target-System funktioniert gut und ist extrem wichtig für den Binnenmarkt: mehr Handel, vereinfachte Zahlungstransfers, mehr Investitionen. Der Euro trägt auch keine Schuld für falsche Kreditentscheidungen in Europa und für die Finanzkrise; das sind vielmehr die jeweils handelnden Akteure. Und deshalb: Was wir noch brauchen zur Vollendung des Projektes Euro und Europa ist nicht weniger, sondern mehr Euro, ist nicht weniger, sondern mehr Binnenmarkt, vor allem aber eine funktionierende Bankenhaftung und eine Bankenunion.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Wir von der SPD-Fraktion und unser Finanzminister Scholz wollen alles dafür tun, damit das Projekt „Euro und Europa“ weiter vorangebracht werden kann.
An Sie von der AfD-Fraktion geht mein Appell – vielleicht hilft es etwas –: Hören Sie auf, uns mit unnötigen und vor allem alten Anträgen aus der Mottenkiste wertvolle Zeit zu stehlen!
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Immer wieder dasselbe!)
Wir werden Ihren Antrag dahin zurückbefördern, wo er hingehört, nämlich in die Mottenkiste! Ich werde mich persönlich im GO-Ausschuss dafür einsetzen, wenn wir über eine Parlamentsreform reden, dass wir zukünftig nicht immer wieder über die gleichen Anträge diskutieren müssen.
(Beifall bei der SPD – Dr. Alice Weidel [AfD]: Das haben wir in Ihrer Rede gehört!)
Wir haben uns in unserer Zeit mit wertvolleren Dingen zu beschäftigen.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Eckhardt Rehberg [CDU/CSU])
Vielen Dank, Frau Kollegin Steffen. – Das Wort zu einer Kurzintervention hat der Kollege Bernd Baumann von der AfD-Fraktion. Herr Kollege.
(Katharina Dröge [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt nicht so schreien!)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7343429 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 95 |
Tagesordnungspunkt | Target-Forderungen |