Gesine LötzschDIE LINKE - Target-Forderungen
Vielen Dank. – Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Antragstellerin will ein Gespenst durch Europa schicken, ein Gespenst mit dem Namen Target2. Doch das eigentliche Problem ist ein anderes: Europa ist eine Steueroase für Vermögende und für viele ein Armenhaus. Dafür trägt diese Bundesregierung eine horrende Verantwortung. Dieser Verantwortung muss sie sich stellen.
(Beifall bei der LINKEN)
Im Jahre 2018 war Deutschland wieder Exportweltmeister, und darauf sind viele Bürgerinnen und Bürger in unserem Land stolz. Im Warenhandel übertrafen unsere Exporte um gut 228 Milliarden Euro die Importe. Das klingt gut, aber es gibt ein Problem: Die Käufer unserer Produkte werden ihre eigenen Produkte bei uns nicht los. Dazu sagt die Bundesregierung lapidar: Da habt ihr Pech gehabt, dann müsst ihr eben besser produzieren. – Um unsere Produkte trotzdem weiterhin kaufen zu können, nehmen sie natürlich Kredite auf. Ohne diese Kredite könnten sie nichts mehr kaufen, und unsere Exporte würden dramatisch einbrechen. Diesen Zusammenhang muss doch jeder verstehen, selbst die Bundesregierung. Zumindest meine Fraktion hat ihn verstanden.
(Beifall bei der LINKEN)
Doch die Bundesregierung tut alles, damit sich andere Länder weiter verschulden und wirtschaftlich auf keinen grünen Zweig kommen. Das Ungleichgewicht wird größer und nicht kleiner. Das ist der falsche Weg.
(Beifall bei der LINKEN)
Die Frage ist doch: Wie können wir weiterhin unsere Produkte verkaufen, ohne andere Länder tiefer in die Krise zu treiben? Die Linke hat dafür drei Vorschläge.
Erstens. Wir müssen stärker in Deutschland investieren. Wer mit offenen Augen durch unser Land geht, sieht, dass die Infrastruktur systematisch verfällt. Unzählige Brücken sind vom Einsturz gefährdet. Es fehlen Schulen, Kindergärten und Wohnungen. Was macht der SPD-Finanzminister? Er will ab 2020 die Investitionen bei 39,6 Milliarden Euro einfrieren. In Anbetracht sinkender Wachstumsprognosen wird das wie eine Wachstumsbremse wirken. Das ist wirklich verantwortungslos.
(Beifall bei der LINKEN)
Der nächste absurde Vorschlag kommt von der CDU: Sie will die Steuern für Vermögende senken. Dabei ist doch sonnenklar, dass die, die schon sehr viel Geld haben und schon jetzt nicht wissen, wie sie es ausgeben sollen, sich mit dem Geld nicht noch einen fünften Porsche kaufen werden, um ein naheliegendes Beispiel zu nehmen. Nein, Steuersenkungen für Vermögende stärken nicht die Binnennachfrage, ganz im Gegenteil.
(Beifall bei der LINKEN)
Zweitens. Löhne und Renten müssen angehoben werden. Die Bundesregierung kann die nächste Finanzkrise nur verhindern, wenn sie dafür sorgt, dass Menschen mit sehr wenig Einkommen mehr Geld in die Tasche bekommen. Wir als Linke sagen: Jeder muss von seiner Arbeit leben können, und zwar gut.
(Beifall bei der LINKEN)
Höhere Löhne werden ausgegeben und stärken so direkt die Binnennachfrage. Unsere Forderung lautet also: höhere Mindestlöhne. Wir fordern 12 Euro Mindestlohn pro Stunde.
(Beifall bei der LINKEN – Christian Haase [CDU/CSU]: Da kommt doch kein Mensch mit hin!)
Der Mindestlohn in Deutschland liegt unter der Niedriglohnschwelle von 10,80 Euro. Fast 8 Millionen Menschen in unserem Land arbeiten im Niedriglohnsektor. Wenn wir den Niedrigstlohnsektor gemeinsam energisch bekämpfen, leisten wir einen direkten Beitrag zur Stärkung der Binnennachfrage und zur Stärkung des Gleichgewichtes. Das sollte doch ein vernünftiges Ziel sein.
(Beifall bei der LINKEN)
Drittens. Wir wollen die Spaltung Europas beenden. Im Antrag wird die Spaltung in Nord- und Südeuropa als Problem beschrieben. Doch das lenkt vom eigentlichen Problem ab: Wir haben in Europa eine ungeheure Vermögenskonzentration in den Händen einer Handvoll Oligarchen. Allein in Deutschland besitzen 45 Personen mehr als die ärmere Hälfte der Bevölkerung. Das ist doch nicht normal. Das gehört geändert.
(Beifall bei der LINKEN – Frank Schäffler [FDP]: Wer sind denn diese Oligarchen?)
Es ist also höchste Zeit, Vermögen endlich gerecht zu besteuern. Wir müssen den Steuerbetrug in Europa bekämpfen, und zwar konsequent. Allein durch die Steuerhinterziehung gehen der Europäischen Union jährlich 850 Milliarden Euro verloren. Stellen Sie sich doch einmal vor, was man damit alles anfangen könnte. Es ist doch absurd, dass der Apple-Konzern im Jahr 2014 auf 1 Million Euro Gewinn nur 50 Euro Steuern zahlen musste. So kann das nicht weitergehen.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
So etwas kann nur geschehen, wenn an der Spitze der EU-Kommission mit Herrn Juncker jemand steht, der jahrelang hinter dem Rücken der Europäerinnen und Europäer schmutzige Steuerdeals mit Großkonzernen abgeschlossen hat. Wer es nicht weiß: Herr Juncker ist ein Parteifreund von Frau Merkel. Auch darüber sollte man nachdenken.
(Beifall bei der LINKEN)
Die Bundesregierung ist, wie gesagt, nicht besser als Herr Juncker. Sie haben die Einführung einer Internetsteuer für Google, Apple und Amazon verhindert. Sie versprechen uns seit zehn Jahren eine Finanztransaktionsteuer, die es bis heute nicht gibt. Sie haben sich als Vermögensverwalter für die wenigen qualifiziert. Als Vertreter der Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger in unserem Land haben Sie sich gründlich disqualifiziert, meine Damen und Herren von der Bundesregierung.
(Beifall bei der LINKEN)
CDU/CSU und SPD haben Europa mit einer brutalen Kürzungspolitik gespalten und entsolidarisiert. Wir stehen vor einem europäischen Trümmerhaufen. Europa geht nur friedlich und sozial oder gar nicht. Bei der Europawahl am 26. Mai sollte jeder bei der Stimmabgabe darüber nachdenken, die linken Kräfte in Europa zu stärken und die rechten zu schwächen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)
Die nächste Rednerin ist die Kollegin Lisa Paus, Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7343432 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 95 |
Tagesordnungspunkt | Target-Forderungen |