Lothar MaierAfD - Verbandsklagerecht
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kaum ist das Musterverfahrensgesetz in Kraft getreten, legt die EU-Kommission einen Richtlinienentwurf zur Verbandsklage vor, der zumindest in Teilen deutlich verbraucherfreundlicherer und vor allem praktikabler erscheint als die komplizierte Struktur der Musterverfahrensklage.
Natürlich kannte das Bundesministerium der Justiz die erwarteten Inhalte dieser Richtlinie. Ministerin Barley wollte diese Regelung aber nicht abwarten. Um zu verhindern, dass eine Frist abläuft, peitschte sie das Musterverfahrensgesetz als eine Lex Volkswagen im Eiltempo durch.
(Dr. Johannes Fechner [SPD]: Genau! Bravo! Gut gemacht!)
Die bei einer Anhörung vorgetragenen zahlreichen Vorbehalte gegen Teile des Gesetzes wurden ignoriert. Es ging ihr darum, dem größten Automobilhersteller des Landes und einem der wichtigsten Arbeitgeber einen Schlag zu versetzen, und zwar in dem Moment, in dem er durch eine abenteuerliche Elektromobilitätspolitik ohnehin in großen Schwierigkeiten steckt. Eine wahrhaft seltsame Aufgabe für eine deutsche Ministerin.
(Beifall bei der AfD)
Da spielt es dann auch keine Rolle mehr, dass die Zahl der bisher eingereichten Klagen meilenweit hinter den Erwartungen zurückbleibt. Bezeichnend ist auch der Umstand, dass das Ministerium augenscheinlich nicht versuchte, die Inhalte des eigenen Gesetzentwurfs zu europäisieren – wohl wissend um die Chancenlosigkeit eines solchen Unterfangens.
Während die Musterfeststellungsklage die ihr angeschlossenen Verbraucher am Ende des Verfahrens erst einmal mit leeren Händen dastehen lässt und sie zu einem zweiten, nun individuellen Verfahren mit all den rechtlichen Unwägbarkeiten und dem hohen Zeitverlust durch doppelte Gerichtsverfahren zwingt, ermöglicht der EU-Entwurf, den in einer Sammelklage auftretenden Verbrauchern unmittelbar mit der Entscheidung den Zugang zu einer Entschädigung. Zu begrüßen ist hier auch der Rekurs auf die klassischen Rechtsinstrumente der Wandlung und Minderung und insbesondere die Feststellung der Rechtswidrigkeit von Praktiken. Gut ist sicher auch die im EU-Entwurf vorgesehene einheitliche Regelung des Verbots bestimmter Praktiken, nachdem dies bisher in Deutschland nur lückenhaft in bestimmten Gesetzen vorhanden ist, die sich auf einzelne Gebiete wie die Werbung oder das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen beziehen.
Natürlich weist auch der Richtlinienentwurf etliche Unzulänglichkeiten und praxisfremde Elemente auf wie zum Beispiel die gänzlich unrealistische Vorstellung, Unternehmen hätten jeden einzelnen vom Gegenstand einer Verbandsklage betroffenen Verbraucher hierüber zu informieren. Das ginge nur, wenn die Verbraucher beim Kauf jedes noch so belanglosen Produktes eine ladungsfähige Anschrift hinterließen. Er nährt auch den Verdacht, dass dadurch die für Europa nicht akzeptablen Opt-out-Praktiken durch die Hintertür eventuell doch noch eingeführt werden sollen.
Der Antrag der Grünen erkennt auf der einen Seite die bessere Alternative, die der Richtlinienentwurf gegenüber der Musterfeststellungsklage darstellt, entwertet ihn aber zugleich, indem er den Kreis der klagebefugten Institutionen auf spezielle, den Grünen ideologisch nahestehende Einrichtungen wie die Deutsche Umwelthilfe erweitern will. Hier muss an den bewährten klagebefugten und allgemein anerkannten Institutionen festgehalten werden, wie sie ja schon seit vielen Jahren im UWG und AWG, aber auch im nicht so lange bestehenden KapMuG festgelegt sind.
Aus dem prachtvollen Denkmal für die Ministerin Barley, das die Musterfeststellungsklage wohl darstellen sollte, könnte so schon bald ein verwitternder juristischer Grabstein werden. Aber eine 150-prozentige EU-ropäerin wie die Ministerin wird das sicherlich nicht stören.
Ich danke Ihnen.
(Beifall bei der AfD)
Für die SPD-Fraktion hat nun die Kollegin Sarah Ryglewski das Wort.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7344129 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 96 |
Tagesordnungspunkt | Verbandsklagerecht |