Torsten HerbstFDP - Bahninfrastruktur
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Verbotsforderungen haben im politischen Berlin derzeit Hochkonjunktur. Die Grünen wollen Flugreisen verbieten und Autos mit Verbrennungsmotor. Die Linken wollen privaten Wohnungsbesitz verbieten.
(Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die FDP möchte die Klimaziele verfehlen! – Weitere Zurufe von der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Jetzt haben Sie sich wieder ein neues Verbot ausgedacht. Sie wollen verbieten, dass Bahnstrecken und Bahnimmobilien entwidmet oder verkauft werden. Damit sind Sie aber auf dem Holzweg, meine sehr geehrten Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP)
Zwischen allen Fraktionen ist wohl unstrittig, dass eine bessere Bahn auch eine bessere Infrastruktur braucht. Nur stellt sich die Frage: Erreichen wir dieses Ziel mit Ihren beiden Anträgen?
(Sabine Leidig [DIE LINKE]: Ja!)
Und da sage ich, nein; denn im sozialistischen Traumland, liebe Frau Leidig, da regnet Geld in unendlicher Menge vom Himmel.
(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Langweilig! Ganz langweilig!)
In der Realität der Eisenbahnpolitik sieht das anders aus. Deshalb sollten wir das Geld dort investieren, wo es auch einen großen Nutzen bringt, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Deshalb ist es auch nicht entscheidend, wie lang ein Netz ist, sondern dass die Gleise an der richtigen Stelle liegen. Ja, wir brauchen mehr Überholstrecken im Eisenbahnbereich. Ja, wir müssen Knotenpunkte ausbauen, wir brauchen für den Güterverkehr mehr Anschlussgleise und Verladestellen. Aber was wir nicht brauchen, ist, jede ungenutzte Nebenstrecke auf Teufel komm raus und so teuer wie möglich zu erhalten, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Michael Donth [CDU/CSU] – Matthias Gastel [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Also doch Straßenbau! – Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Wollen Sie jetzt ernsthaft diskutieren oder Fake News verbreiten? – Weitere Zurufe von der LINKEN)
Im Übrigen nützt das auch den Reisenden nichts, wenn eine Strecke nicht mehr groß genutzt wird, wenn in einem Zug gerade einmal eine Handvoll Reisende sitzt. Es sind Tonnen von Stahl, die da bewegt werden. Das ist dann weder ökonomisch noch ökologisch sinnvoll, Herr Gastel, auch wenn Sie das anders sehen.
(Beifall bei der FDP – Zurufe von der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Manchmal ist es aus Sicht der Fahrgäste das bessere Angebot, wenn fünf- bis sechsmal am Tag ein Busangebot besteht, als wenn zweimal am Tag ein Zug kommt. Es geht nämlich um Mobilität und nicht um Ideologie, liebe Grüne.
(Beifall bei der FDP – Oliver Krischer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das sagt genau der Richtige! – Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Der Vorwurf der Ideologie kommt immer von Ideologen!)
Was heißt denn ein komplettes Verbot für Entwidmungen und für Stilllegungen von Strecken? Was heißt das für die Kommunen? Es bringt weniger Entwicklungsmöglichkeiten – das wurde schon angesprochen – mit sich. Dass zum Beispiel ehemalige Bahnstrecken für touristische Nutzung aufbereitet werden – Stichwort „Fahrradwege“ – und private Investoren vielleicht ehemalige Bahnhofsgebäude zu Wohnraum ausbauen, ist dann nicht mehr möglich, wenn wir Ihrem Antrag folgen, liebe Linke.
(Beifall bei der FDP – Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Haben Sie ihn gelesen? – Weiterer Zuruf von der LINKEN: So ein Quatsch!)
Ein Verbot jeglicher Veränderung bedeutet, dass eben nicht mehr bedarfsgerecht ausgebaut werden kann. Und die Mittel, die wir haben, meine Damen und Herren, brauchen wir viel dringender für Investitionen, zum Beispiel in eine schnellere Digitalisierung des Eisenbahnnetzes, damit wir Kapazitäten an der richtigen Stelle erhöhen.
(Beifall bei der FDP – Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Was hätten Sie wohl erzählt, wenn Sie den Antrag gelesen hätten?)
– Ich habe beide Anträge im Detail gelesen.
(Dr. Kirsten Tackmann [DIE LINKE]: Aber nicht verstanden! Es geht um verstehendes Lesen!)
Deshalb kann ich die entsprechende Kritik aufnehmen.
Die OECD hat vor kurzem gesagt: Bei der Steuerlast ist Deutschland Weltspitze, doch die Infrastruktur verfällt. Da ist was dran, meine Damen und Herren, weil wir uns zum Teil verzetteln und nicht dort investieren, wo wir es für eine schnelle, bessere, zuverlässigere und innovative Bahn brauchen, eine Bahn, die wieder zu einem Aushängeschild des Hochtechnologiestandorts Deutschland wird. Das wollen wir, und das ist das Gegenteil von dem, was Sie wollen, liebe Linke.
(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Florian Oßner [CDU/CSU])
Vielen Dank, Torsten Herbst. – Nächster Redner in der Debatte: Matthias Gastel für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7344169 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 96 |
Tagesordnungspunkt | Bahninfrastruktur |