Andreas LenzCDU/CSU - Betrieb von Braunkohlekraftwerken
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Uns liegen heute ein Gesetzentwurf von den Grünen und ein Antrag von der AfD zum Kohleausstieg sowie ein Antrag zum Klimaschutz generell von den Grünen vor. Ich weiß jetzt nicht, ob der Gesetzentwurf sämtlichen Plagiatsprüfungen standhalten würde, aber sei es jetzt mal drum. Die Vorlagen liegen übrigens inhaltlich so weit auseinander, wie die Sonne von der Erde entfernt ist, um bei diesen astronomischen Dimensionen zu bleiben.
Im Gegensatz dazu werden wir die Ergebnisse der WSB-Kommission, der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“, der sogenannten Kohlekommission, mit Vernunft umsetzen und eben auch der Reihe nach abarbeiten. Wir haben immer klargemacht: Wir wollen zuerst die Strukturstärkung und dann den energiewirtschaftlichen Teil beschließen. Wir halten hier eben Wort. Die Eckpunkte des Strukturstärkungsgesetzes werden im Moment gerade abgestimmt. Wir brauchen eine kluge Strukturpolitik, die nicht zu Brüchen in den Regionen führt, sondern zu Chancen.
Lassen Sie mich hier vielleicht auch die Frage nach der individuellen Infrastrukturprojektförderung aufgreifen: Wir wollen eben nicht, dass durch eine Umgestaltung des Kosten-Nutzen-Faktors bestehende Projekte beeinträchtigt werden. Wenn, dann müssen die zusätzlichen Projekte on top gefördert werden.
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Lisa Badum?
Ja, bitte.
Vielen Dank, dass Sie meine Zwischenfrage zulassen. – Herr Lenz, gehe ich richtig in der Annahme, dass Sie Mitglied in der Kohlekommission waren? Dann müsste Ihnen eigentlich bekannt sein, dass in deren Bericht steht, dass der Strukturwandel, die Förderung der Regionen synchron mit dem Kohleausstieg erfolgen sollen und dass Klimaschutz und Erhalt der Arbeitsplätze nicht gegeneinander ausgespielt werden sollen. Wie stehen Sie dazu?
Das, was Sie gerade gesagt haben, war zwar als Frage formuliert, war aber überhaupt keine Frage. Natürlich werden Maßnahmen, die den Energiebereich betreffen, schon jetzt diskutiert. Aber wir haben immer versprochen, dass wir uns zuerst um die Menschen kümmern und dann die Folgefragen entsprechend beantworten werden.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wenn es um den Strukturbereich geht, dann brauchen wir natürlich noch mehr Kreativität von den Bundesländern. Wir brauchen Konzepte, die maßgeschneidert an den jeweiligen Stärken der Reviere ansetzen. Wir brauchen Leuchtturmprojekte, die tatsächlich auch solche sind. Wir müssen aktivieren und dürfen eben nicht langfristig alimentieren. Wir müssen Grundlagen für Zukunftschancen legen.
Sie schreiben in Ihrem Gesetzentwurf richtigerweise, dass die Kommission bis 2022 eine Reduzierung der Leistung bei der Braunkohle um 5 GW und bei der Steinkohle um 7,7 GW vorgeschlagen hat. Wir haben aber erst das Jahr 2019. Zunächst müssen Gespräche mit den Kraftwerksbetreibern geführt werden. Wir müssen an möglichen Entschädigungen so viel wie notwendig leisten, aber eben auch nicht mehr, es geht schließlich um das Geld des Steuerzahlers. Auch Ausschreibungen, um die günstigsten Kraftwerksstillegungen zu ermitteln, werden geprüft werden müssen. Dass Sie natürlich – der Kollege Lämmel hat das schon zutreffend ausgeführt – am liebsten alle Betreiber enteignen würden, das haben wir schon zur Genüge gehört. Wir haben ordnungspolitisch einen anderen Wertekompass.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Zudem müssen auch Voraussetzungen zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit geprüft werden. Es findet ja keine Lotterie dazu statt, welches Kraftwerk als Erstes vom Netz geht. Das muss zur Strukturpolitik, aber vor allem zu den entsprechenden Strombedarfen in den Regionen passen. Durch einen verlässlichen Ausstiegstag wird letzten Endes gewährleistet, dass wir die Klimaschutzziele 2030 im Energiebereich einhalten. Das war auch die Maßgabe des Einsetzungsbeschlusses. Wir werden liefern und unserer Verantwortung gerecht werden.
(Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wann?)
Die AfD will im Gegensatz dazu die Aussetzung des Ausstiegs aus der Kohleverstromung. Im Sinne der Versorgungssicherheit brauchen wir natürlich Ersatz für die vom Netz gehenden Kapazitäten. Dieser kann nur in der Errichtung und Nutzung neuer Gaskraftwerke liegen. Es ist nicht so, dass es jetzt keine Alternative zur Kohle geben würde, aber wir brauchen – das sagt jede belastbare Studie – schnelle kaltstartfähige Gaskraftwerke, am besten übrigens dort, wo der Strom gebraucht wird, also im Süden der Republik. Diese Kraftwerke müssen natürlich schnell entstehen. Diese Gaskraftwerke können perspektivisch mit Power-to-X und mit Wasserstoffanteilen betrieben werden, passen also sehr gut ins Konzept der Energiewende insgesamt. Als Übergang ist Erdgas für die Versorgungssicherheit aber natürlich unerlässlich.
Wir müssen darüber hinaus gewährleisten, dass unser Strommarkt die notwendigen Investitionen in Gaskraftwerke anreizt. Wenn wir feststellen, dass der Strommarkt das nicht gewährleistet, dann müssen wir entsprechend nachjustieren. Wir brauchen aus meiner Sicht eine gesetzliche Definition von Versorgungssicherheit. Übrigens steigen alle europäischen Länder weitestgehend aus der Kohleverstromung aus. Deswegen müssen wir auch auf europäischer Ebene das Thema der Versorgungssicherheit adressieren.
Es ist eben schon ein Unterschied, Frau Baerbock, wenn man, wie dies viele Länder innerhalb der Europäischen Union tun, aus der Kohle aussteigt, aber eben nicht aus der Kernkraft. Deswegen stehen wir in Deutschland hier vor besonderen Herausforderungen. Diese können wir nicht negieren. Wir müssen aber vor allem national die Voraussetzungen dafür schaffen, dass das Thema der Versorgungssicherheit gesetzlich entsprechend definiert wird. Dadurch steigt die Planungssicherheit für Investitionen in Gaskraftwerke, und dies gibt die entsprechende Sicherheit.
Als ich Ihre Anträge und den Gesetzentwurf las, also die der AfD und der Grünen, habe ich – das wird Ihnen nicht gefallen – eine Gemeinsamkeit festgestellt. Ich traue mich fast nicht, Ihnen das zu sagen, will es Ihnen aber auch nicht vorenthalten. Die Gemeinsamkeit liegt darin, dass beide den Menschen Angst machen, die einen mit Blackout-Horrorszenarien, die anderen mit Weltuntergangsszenarien aufgrund des Klimawandels.
(Zuruf der Abg. Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]
Ich sage: Das Licht in Deutschland wird nicht ausgehen, und die Welt wird auch nicht untergehen. Wir brauchen keine Angst, sondern Zuversicht in die Zukunft, wir brauchen Technik und Innovation. Es fiel vorhin schon ein Zitat von Alexander Gerst. Er hat auch gesagt, wir seien die Spezies von Entdeckern. Das hat uns am Leben gehalten, und das wird uns am Leben halten. Gleichzeitig müssen wir natürlich Sorge für unseren Planeten, für unsere Erde tragen. Wir brauchen also eine verantwortliche Politik, die Probleme löst
(Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau! Dann machen Sie das!)
und nicht Populismus betreibt. Deswegen lehnen wir Ihre Vorlagen ab.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Für die AfD-Fraktion hat das Wort der Kollege Tino Chrupalla.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7352893 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 98 |
Tagesordnungspunkt | Betrieb von Braunkohlekraftwerken |