09.05.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 98 / Tagesordnungspunkt 6

Timon GremmelsSPD - Betrieb von Braunkohlekraftwerken

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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube, dass wir das Thema Kohleausstieg nicht losgelöst von der gesamten energiepolitischen Debatte sehen dürfen. Frau Baerbock, Sie haben als Beispiele für Länder, die beim Kohleausstieg weiter sind als wir, Frankreich, Großbritannien und Belgien genannt. Das sind Länder, die auf Atomkraft setzen. Der große Unterschied ist: Wir steigen nicht nur aus der Kohle aus. Ich möchte daran erinnern, dass wir bis 2022 auch noch aus der Atomkraft aussteigen. Das ist der große Unterschied zu vielen anderen europäischen Ländern.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und der FDP)

Es ist gut, dass wir aus beiden Technologien aussteigen; denn es sind rückwärtsgewandte Technologien. Wir müssen Richtung Zukunft schauen. Aber wir müssen das gemeinschaftlich mit den Beschäftigten und mit den Regionen machen. Der Vorteil des Kohlekonsenses der Strukturwandelkommission, deren Einsetzung übrigens die SPD in den Koalitionsverhandlungen durchgesetzt hat, ist,

(Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dann stimmen Sie ja zu!)

dass wir einen gesellschaftlichen Mehrwert haben wollten, dass wir einen gesellschaftlichen Rückhalt haben wollten. Wir haben die Menschen, die Beschäftigten, die Gewerkschaften, die Umweltverbände und die Energiewirtschaft mitgenommen. Wir haben sie an einen Tisch geholt und gesagt: Lasst uns gemeinsam diese historische und schwierige Aufgabe für Deutschland auf den Weg bringen. – Deswegen sind wir stolz darauf, dass dieser Konsens nahezu einstimmig angenommen worden ist: 27 von 28 Mitgliedern haben zugestimmt.

Dieser Konsens besteht aus zwei Teilen. Er besteht zum einen aus einem geplanten Strukturstärkungsgesetz und zum anderen aus einem geplanten Kohleausstiegsgesetz. Er besteht aus beiden Teilen. Die Grünen, Frau Baerbock, haben sich auf eine Frage konzentriert. Das kann man als Grüne machen, aber wir als Sozialdemokratie haben eine andere Aufgabe. Ich glaube, dass wir die schwierigere Aufgabe haben, weil wir das mit den Beschäftigten, mit den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern, gemeinsam machen wollen; denn nur so gibt es Akzeptanz.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Andreas G. Lämmel [CDU/CSU])

Wir müssen alle Aspekte dieses Konsenses berücksichtigen. Übrigens steht dort nicht, dass der Kohleausstieg auf jeden Fall erst 2038 erfolgt, sondern dort steht, dass der Ausstieg auf 2035 vorgezogen werden kann. Dort steht auch, dass als Sofortmaßnahme bis 2022 eine Abschaltung von 12,5 GW Kohlekraftwerke – das entspricht rund 20 Kraftwerksblöcken – umgesetzt werden kann. Das ist fast ein Drittel der heutigen Leistung.

(Dr. Martin Neumann [FDP]: Das ist Wahnsinn!)

Auch das müssen wir all denen sagen, die meinen, dass das erst 2038 der Fall sein wird.

Wir brauchen aber auch Strukturwandel. Wir brauchen Hilfen für die Beschäftigten im Kohlebergbau. Wir brauchen einen Ausgleich für die Strompreise und eine Zukunft für die Menschen, die im Tagebau beschäftigt sind. Wir brauchen auch Versorgungssicherheit. Deswegen gilt es jetzt, zeitnah, aber ohne Hetze diesen Konsens, den wir gefunden haben, eins zu eins umzusetzen.

(Zuruf von der AfD: Von Hetze würde ich bei der SPD nicht reden!)

Frau Badum, Sie haben gestern der dpa gesagt: Wer nur über Gelder für die betroffene Region spricht, der wird keine einzige Tonne CO 2 einsparen. – Ich finde das, ehrlich gesagt, ein bisschen zynisch, weil wir es mit den Beschäftigten machen müssen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie spielen sie gegeneinander aus!)

Das sind zwei Seiten einer Medaille: Klimaschutz und soziale Gerechtigkeit gehören für die Sozialdemokratie zusammen. Wir wollen Betroffene zu Beteiligten machen, mit den Menschen in den Braunkohleregionen zusammen in Richtung Zukunft gehen und dafür sorgen, dass die Menschen, die dort beschäftigt sind, zukünftig gute Arbeitsplätze haben, die tarifgebunden sind. Darauf müssen wir uns konzentrieren; denn wir wollen eben nicht, dass die Rattenfänger von der rechten Seite die Menschen verblenden.

(Beifall bei der SPD)

Wir wollen sie mitnehmen. Wir gehen den schwierigeren Weg; wir gehen ihn aber konsequent. Die SPD ist schon seit spätestens 1986 die Partei des sozialökologischen Umbaus. Daran arbeiten wir gemeinsam mit all denjenigen, die uns begleiten.

Danke schön.

(Beifall bei der SPD – Dr. Martin Neumann [FDP]: Dann machen Sie es auch!

Nächster Redner: Thomas Kemmerich, FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7352895
Wahlperiode 19
Sitzung 98
Tagesordnungspunkt Betrieb von Braunkohlekraftwerken
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