Klaus-Peter SchulzeCDU/CSU - Betrieb von Braunkohlekraftwerken
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der letzten Nacht, als die Kohlekommission am Abschlussbericht gefeilt hat, ist es gelungen, einen wichtigen Satz zum Thema „Wasserhaushalt in den Kohlerevieren“ einzubringen. Ich bin sehr froh, dass sich meine Bemühungen gelohnt haben und das jetzt schriftlich fixiert ist.
Wir haben hier viel zur Versorgungssicherheit, zu den Preisen, zum Strukturwandel, zur Arbeit und zu den Arbeitnehmern in den Revieren gehört. Aber zum Thema „Umweltschutz im Bereich Wasserwirtschaft“ wurde noch nichts geäußert. Wenn ich mir den Gesetzentwurf der Grünen anschaue, erscheint das Wort an keiner Stelle, weder im Gesetzestext noch in der Begründung. Das ist aus meiner Sicht ein gravierender Fehler. Ich habe bereits am 29. November letzten Jahres und am 31. Januar dieses Jahres auf diese Punkte hingewiesen, aber offensichtlich ist das nicht auf fruchtbaren Boden gefallen. Deshalb möchte ich darauf jetzt ein drittes Mal eingehen, mit einem anderen Beispiel; denn Wiederholung soll ein gutes pädagogisches Mittel sein, damit sich der eine oder andere etwas merkt.
(Ulrich Freese [SPD]: Hat die AfD auch vorgetragen!)
In meinen letzten Reden bin ich auf die Mengen eingegangen. Heute möchte ich etwas zur Qualität sagen. Wenn es uns nicht gelingt, den Ausstieg so zu organisieren, dass die Restlöcher zeitiger geflutet sind als der Kippenkörper mit dem aufsteigenden Grundwasser, passiert das, was wir zurzeit im Praxistest an der sächsisch-brandenburgischen Grenze beobachten können: Wir bekommen eine Verockerung der Oberflächengewässer. Die Qualität wird durch das Eisenoxid, das aus der Pyritverwitterung kommt – das will ich hier im Einzelnen nicht erklären, könnte es aber –, stark beeinflusst. Durch das Eisenoxid werden die aquatischen Ökosysteme zerstört. Im Ergebnis – das kann man genau beobachten, wenn man sich so ein Gewässer anschaut – werden die dort vorhandenen Pflanzenreste nicht mehr abgebaut, sondern nur anaerob. Das hat zur Folge, dass neben CO 2 große Mengen Methan frei werden.
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage von einem Kollegen der AfD?
Ja.
Herr Schulze, ich nehme an, dass Sie das aus Zeitgründen nicht erklären können. Ich würde Sie bitten, das dennoch zu erklären. Ich bin nämlich sehr interessiert daran.
Vielen Dank.
(Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was soll das denn jetzt?)
Was soll ich Ihnen erklären?
Das mit dem Eisenoxid.
Wir haben in den tertiären Kippen Eisensulfid, also Pyrit. Dieses wurde durch den Tagebau belüftet. Anschließend kommt zwar wieder eine Deckschicht darauf. Aber die Belüftung hat dazu geführt, dass sich das Eisenpyrit, wenn es mit Wasser in Kontakt kommt, über mehrere Schritte in Eisensulfat und Eisenoxid umwandelt. Das Eisenoxid ist dann ab einer Konzentration von über 3 Milligramm als Ocker im Gewässer sichtbar.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Andreas Mattfeldt [CDU/CSU], an den Abg. Dr. Rainer Kraft [AfD] gewandt: Ich frage nächste Woche mal, ob Sie das noch wissen!)
Die Folgen sind, dass wir erhebliche Aufwendungen betreiben müssen, um diese Eisenoxidbelastung zu beseitigen. Mit Kollegen aus der Lausitz haben wir in der letzten Legislaturperiode gemeinsam unseren damaligen Finanzstaatssekretär überzeugen müssen, dass dies nicht Ländersache, sondern Bundessache ist, weil diese Belastung durch das Ausfahren der Tagebaue in den 90er-Jahren entstanden ist. Das kostet uns in dieser Periode des Verwaltungsabkommens zwischen 75 und 100 Millionen Euro. Das ist nur ein ganz kleiner Hotspot. Wenn wir das flächendeckend durchführen, entstehen solche Hotspots an vielen Stellen, und werden Folgekosten haben, die weit über das Jahr 2038 hinausgehen. Diese müssen wir dann sicherlich aus dem Bundeshaushalt finanzieren. Das kann man meiner Meinung nach bei der gesamten Debatte nicht ausblenden.
(Annalena Baerbock [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Genau!)
Wir hatten am vergangenen Wochenende eine Veranstaltung von der CDU Brandenburg. Dort gab es einen Antrag der Schülerunion, in dem es hieß: Wir wollen bis 2030 aus der Braunkohle aussteigen.
(Beifall der Abg. Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
In der Debatte, die wir dort geführt haben, habe ich diese Zusammenhänge etwas weiter, als ich hier Zeit habe, ausgeführt. Hinterher sind einige zu mir gekommen, haben sich bedankt und gesagt: Endlich erklärt uns einer die komplexen Zusammenhänge. Jetzt sehen wir das eine oder andere etwas anders als bisher.
(Beifall bei der CDU/CSU – Timon Gremmels [SPD]: Dann sollten Sie mal mit Fridays for Future reden!)
Vielleicht gelingt es auch heute mit meinem kleinen Beitrag, dass man weiter darüber nachdenkt. Wir sollten uns überlegen, wie wir das Thema insgesamt angehen; denn Umweltschutz ist nicht nur Klimaschutz. Zum Umweltschutz gehören auch der Wasserhaushalt und andere Dinge, über die wir morgen in der Aktuellen Stunde hier noch debattieren werden.
Schönen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)
Vielen Dank, Herr Kollege Dr. Schulze. – Die Kollegin Dr. Nina Scheer ist die letzte Rednerin zu diesem Tagesordnungspunkt.
(Beifall bei der SPD)
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Electoral Period | 19 |
Session | 98 |
Agenda Item | Betrieb von Braunkohlekraftwerken |