09.05.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 98 / Zusatzpunkt 10

Timon GremmelsSPD - Aktuelle Stunde zur CO2-Steuer und ihre Auswirkungen auf Energiepreise

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Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man die Diskussion dieser Aktuellen Stunde betrachtet und den Antragsteller außen vor lässt, dann kann man feststellen: Das ist eine sehr sachliche, eine sehr ausgewogene und eine abwägende Diskussion. Wir sind uns alle in der Frage einig, dass wir, in welcher Form auch immer, schauen müssen, dass wir dem CO 2 auch im Verkehrs- und Gebäudebereich sowie in der Landwirtschaft ein Preisschild anhängen müssen. In dieser Frage müssen wir in Richtung eines CO 2 -Preises gehen.

Bei der Union weiß man nicht. Die Antwort hängt ein bisschen davon ab, ob man Herrn Günther, Herrn Laschet oder Herrn Weber fragt. Das müssen Sie intern noch klären. Wir haben gesagt: Wir wollen dieses Thema nicht auf die lange Bank schieben; das haben auch meine Vorredner schon deutlich gemacht. In der Frage eines europäischen Emissionshandels – ich habe heute Morgen schon aus dem „Handelsblatt“ zitiert; das will ich nicht wiederholen – heißt es: Das bedeutet, dieses Thema auf die lange Bank zu schieben. – Das ist ein Vertagen des Projekts auf den Sankt-Nimmerleins-Tag. Das wollen wir nicht. Wir müssen handeln, und zwar dringend. Da gibt es auch andere Möglichkeiten. Ein CO 2 -Preis kann da eine Teillösung sein, ein Aspekt.

(Beifall des Abg. Dr. Matthias Miersch [SPD])

Dieser CO 2 -Preis ist nicht die eierlegende Wollmichsau. Man hat in der aufgeregten Debatte der letzten Tage manchmal den Eindruck: Haben wir eine CO 2 -Bepreisung, wie auch immer sie aussieht, dann wird alles gut. Damit wären dann alle Spatzen gefangen. – Nein, das ist nur ein Baustein von vielen. Er entpflichtet uns nicht von der Einhaltung der Sektorenziele. Auch mit einer CO 2 -Bepreisung brauchen wir noch ein Erneuerbare-Energien-Gesetz. Wir brauchen auch ein Klimaschutzgesetz. Aber die CO 2 -Bepreisung kann ein Baustein sein.

Mein Appell an uns alle ist: Lassen Sie uns jetzt nicht wegen kleinteiliger Geländegewinne im Europawahlkampf in der Tagespolitik Instrumente zerreden und kaputtmachen, die wir später vielleicht noch dringend brauchen.

(Beifall bei der SPD)

Das ist mein wirklich großer Appell. Die Angstmacher der AfD versuchen das ja gerade. Manch einer ist geneigt, auf diesen Zug aufzuspringen. Das halte ich für absolut schädlich und kontraproduktiv. Es kann ein wichtiges Instrument sein, wenn man die CO 2 -Bepreisung schlau gestaltet.

(Karsten Hilse [AfD]: Also bitte, SPD und schlau?)

Es gibt ja verschiedene Konzepte und verschiedene Beispiele – die Schweiz ist genannt worden; auch Herr Edenhofer und sein Institut haben dazu Vorschläge gemacht –, die deutlich machen, dass am Ende des Tages die, die weniger verdienen, sogar die größten Profiteure einer Klimadividende sein können, weil sie hinterher mehr im Portemonnaie haben als vorher.

(Karsten Hilse [AfD]: Mit der SPD?)

Sie brauchen mir nicht zu glauben. Ich habe heute Morgen das „Handelsblatt“ zitiert. Jetzt zitiere ich noch die „Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung“; Sie kennen also jetzt meine Lektüre. Was steht da? „ Die CO 2 -Steuer schadet den Reichen“.

Es gibt sozial ausgewogene Konzepte für die Menschen, die sich das nicht leisten können, also etwa den Pendler bei mir aus dem Wahlkreis, der von Helsa-St.-Ottilien jeden Morgen mit einem älteren Auto bis nach Kassel zur Arbeit fahren muss und abends zurück, weil er sein großes, noch nicht saniertes Haus und seinen Garten pflegen muss. Auch diese Menschen müssen wir im Blick haben. Auch da müssen wir kucken, dass sie nicht die Leidtragenden sind, die am Ende des Tages die Zeche zahlen. Das ist unsere Verantwortung, dass wir als Sozialdemokraten aufpassen, dass wir die Bürger mitnehmen. Wir wollen die Bürger als Partner des Klimaschutzes.

Ich glaube, dass die Menschen mittlerweile sehr viel schlauer sind, als das manch einer von den Politikern hier darstellt. Die Menschen wissen, dass ein Handlungsbedarf da ist.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Sie sehen das nicht nur an dem überhitzten Sommer im letzten Jahr. Sie sehen es auch daran, dass freitags Schülerinnen und Schüler auf die Straße gehen. Ehrlich gesagt, angesichts Ihrer Verunglimpfung frage ich: Wie groß muss denn die Angst der AfD sein,

(Widerspruch bei der AfD)

dass Sie eine Greta Thunberg als krank diskreditieren und in Misskredit bringen, dass Sie Verschwörungstheorien darüber aufbauen, wie die finanzielle Unterstützung von Fridays for Future ist? Ich glaube, die AfD sollte in der Frage der Finanzen ganz ruhig sein. Klären Sie erst mal, woher Ihre Parteispenden kommen. Machen Sie da mal reinen Tisch, bevor Sie junge, engagierte Menschen, die sich für den Klimaschutz starkmachen, diskreditieren!

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Sabine Leidig [DIE LINKE] – Zurufe von der AfD)

Wir brauchen aktiven Klimaschutz. Ich war bei der UN-Klimakonferenz in Kattowitz dabei. Da ist das ziemlich deutlich geworden. Sie merken es, wenn Sie mit Menschen reden, die von den Marshallinseln kommen. Diese sagen: Wir überleben nicht, wenn alle so weitermachen, weil der Meeresspiegel ansteigt.

(Lachen bei Abgeordneten der AfD)

Wir werden am Ende des Tages absaufen. – Deswegen müssen wir handeln. Wir als Bundesrepublik Deutschland haben eine Verpflichtung, mit gutem Beispiel voranzugehen.

(Beifall bei der SPD)

Ich sage noch einmal deutlich: Mit einem klug gemachten Klimaschutz, mit einer guten Energiepolitik, mit einer dezentralen Energiewende schaffen wir auch Arbeitsplätze. Es ist schon heute so, dass es durch erneuerbare Energien sehr viel mehr Arbeitsplätze gibt als bei einer konventionellen Energiepolitik.

(Zuruf des Abg. Karsten Hilse [AfD])

– Hören Sie doch mit Zwischenrufen wie „Hochsubventionierte Arbeitsplätze!“ auf! Wenn wir nicht handeln, wird das Ganze zehnmal teurer. Ich sage – das soll mein Schlusssatz sein –: Wenn wir nichts tun, müssen wir beim Effort Sharing richtig viel Geld zahlen: bis zu 60 Milliarden Euro. Wer wird das wohl am Ende zahlen? Das ist doch der Steuerzahler. Nichtstun ist am Ende des Tages deutlich teurer, als jetzt gemeinsam zu handeln. Insofern: Für eine sozial gerechte CO 2 -Bepreisung, dafür steht die SPD.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kollege Gremmels, herzlichen Dank. – Als nächste Rednerin hat das Wort die Kollegin Dr. Anja Weisgerber, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7352931
Wahlperiode 19
Sitzung 98
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zur CO2-Steuer und ihre Auswirkungen auf Energiepreise
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