Petra SitteDIE LINKE - Upload-Filter
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Über Uploadfilter und die Gefahren für Demokratie und Meinungsfreiheit haben wir hier schon mehrfach und mit großer Leidenschaft diskutiert. Was aber eigentlich fehlt, ist eine Debatte hier in diesem Hause darüber, was die Reform den Kreativen, den Urhebern und Urheberinnen tatsächlich bringen könnte. Ihre Interessen waren sozusagen immer die Fahne, hinter der diese Reform vertreten worden ist.
Wird denn nun auch alles gerechter für die Urheberinnen und Urheber oder nicht? Nach meiner Einschätzung mitnichten. Die Interessen der Kreativen sind zwischen den verschiedenen Verwertungsinteressen genauso zerrieben worden wie die der Nutzerinnen und Nutzer. Lassen Sie mich das einfach mal an ein paar Beispielen belegen.
Erstens. Abgearbeitet wurde vor allem die Wunschliste der Verlage, so das Leistungsschutzrecht für Presseverlage und die Verlagsbeteiligung. Zu beidem gibt es in Deutschland bereits höchst fragwürdige Erfahrungen. In Deutschland hat es eben keine besseren Vergütungen für Autoren bzw. Journalisten und Journalistinnen nach Einführung des Leistungsschutzrechtes gegeben. Und gegen die Verlagsbeteiligung hat wohlgemerkt ein Urheber geklagt, und er hat recht bekommen.
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
Nunmehr wird sie wieder möglich, muss aber erneut – nicht auf EU-Ebene, sondern in Deutschland – verhandelt werden, und der Ausgang ist völlig offen.
Zweitens. Auch im Urhebervertragsrecht sind die Rechte der Kreativen gegenüber den Verwertern nicht gestärkt worden. Vielmehr sind auf Druck der Verlagslobby gute Ansätze, die mal drin waren, rausgestrichen worden. Einige glauben nun, mit der Reform seien sie die Gewinner. Sie werden vermutlich ziemlich ernüchtert feststellen, dass sie immer noch nicht vor einem Ausverkauf ihrer Rechte durch Total-Buy-out-Verträge geschützt sind. Ihre neuen Informationsrechte bringen eben keine hinreichenden Kenntnisse darüber, was eigentlich mit ihren Werken passiert bzw. wie sie genutzt werden. Also können sie auf dieser Basis kaum weitere Forderungen für bessere Vergütungen begründen.
Drittens. Viel wurde von kollektiven Lizenzen und neuen Schranken geredet. Kreative sollten an den Einnahmen der Plattformen beteiligt werden. Aber: Die Richtlinie sieht das so gar nicht vor, und alle Versuche, die entsprechenden Regelungen hineinzuschreiben, sind abgewehrt worden. Nichts in der Richtlinie erleichtert Lizenzvereinbarungen – schon gar keine europaweiten. Nichts in der Richtlinie erlaubt neue Schranken, die an der Stelle solcher Lizenzvereinbarungen stehen könnten. Nichts in der Richtlinie führt dazu, dass Kreative gerechter an den Erlösen aus solchen Vereinbarungen beteiligt werden.
(Beifall bei der LINKEN)
Und schließlich viertens. Die Richtlinie orientiert sich ausschließlich an klassischen Geschäftsmodellen zwischen den Kreativen und den Verwertern. Es geht gar nicht um eine direkte Vergütung von Kreativen, sondern stattdessen um mehr Geld für Verlage und Verwertungsgesellschaften. Das ist doch das eigentliche Ziel gewesen. Was diese dann gnädigerweise weitergeben, ist völlig offen und muss wieder hart verhandelt werden. Wer hier also darüber hinaus alternative, netzbasierte Publikationen vorzieht, geht erst recht leer aus. Und zudem muss er sich dann noch mit den Uploadfiltern herumschlagen.
Fazit: Uploadfilter zu verhindern oder einzuschränken, ist eine Aufgabe, die es zu erfüllen gilt. Eine andere Aufgabe ist es, Kreativen sowie Urheberinnen und Urhebern bessere Vergütungen zu sichern. Das bleibt nach wie vor, auch nach der EU-Copyright-Reform, im Wesentlichen eine Aufgabe auf nationaler Ebene.
(Beifall bei der LINKEN)
Meine Damen und Herren, demzufolge sind wir, auch sechs Jahre nach Beginn dieser Verhandlungen, von einer echten Urheberrechtsreform für die Kreativen, für die Nutzenden, für eine moderne und gerechte Informationsgesellschaft genauso weit entfernt wie vor diesen sechs Jahren.
(Beifall bei der LINKEN)
Das Wort hat die Kollegin Tabea Rößner für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7353037 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 98 |
Tagesordnungspunkt | Upload-Filter |