09.05.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 98 / Tagesordnungspunkt 14

Robby SchlundAfD - Reform der Psychotherapeutenausbildung

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Frau Präsidentin! Liebe Kollegen! Der Erkenntnisprozess in der Psychologie ist ein fließender und setzt ein hochkomplexes und integratives Verständnis der Funktion, Dynamik und Struktur der Seele voraus. In diesem Erkenntnisprozess sind zusätzlich noch vergangene, gegenwärtige und visionale Ebenen verwoben. „ Der Psychologe muss Mechaniker sein – vor, während und nach dem Gespräch“, sagte Walter Fürst einmal. Glauben Sie, dass Sie mit der Verkürzung der praktischen Ausbildung genau dieser oben erwähnten Komplexität, Integrativität und dem psychotherapeutischen Handwerkszeug gerecht werden können? Ich glaube das eher nicht.

Bleiben wir doch gleich mal bei dem Handwerkszeug, zum Beispiel dem Gespräch. Haben Sie sich jemals Gedanken gemacht, meine Damen und Herren, wie ein Gespräch zwischen zwei Menschen abläuft? Ich werde Ihnen ein kurzes Beispiel geben. Stellen Sie sich vor: Es treffen sich zwei Kinder. Der Vater des einen Kindes ist Pfarrer; der Vater des anderen Kindes ist Tischler. Sie stehen vor einem Tisch, und die Sonne scheint. Da sagt das Kind, dessen Vater Pfarrer ist: Die Sonne scheint auf den Tisch. – Das Tischlerkind wiederum sagt: Da ist ein Tisch, auf den die Sonne scheint. – Wissen Sie, was der Unterschied ist? Der Unterschied ist, dass die Bewertung des Gesprächs bei den Kindern völlig unterschiedlich ist.

Jetzt stellt sich die Frage, wie das erst bei unterschiedlichem Sprachniveau aussehen soll, wenn bei einem solchen Gespräch schon große Differenzen bestehen. Meine Damen und Herren, daran sehen Sie, dass es gar nicht so einfach ist, in dieser Mischung aus nonverbaler und verbaler Kommunikation komplexe Krankheitsbilder wie Psychosen und psychische Störungen zu erkennen.

In einem Ihrer Gesetzentwürfe zum TSVG – Herr Spahn ist leider nicht da – wurde aufgrund der langen Wartezeiten schon einmal der Vorschlag gemacht, eine gestufte und gesteuerte Versorgung bei Psychotherapeuten einzuführen. Dagegen sprachen sich der Bundesrat sowie circa 200 000 Unterzeichner einer Petition aus.

Jetzt wird erneut zum Schlag ausgeholt. Beim Psychotherapeutenausbildungsreformgesetz und dem Thema „koordinierte und strukturierte Versorgung“ kommen Sie, Herr Spahn – er ist leider nicht da –, durch die Hintertür. Nicht nur das: Sie kommen auch wieder mit Reformen zulasten der Patienten. Der Spitzenverband ZNS lehnte den Gesetzentwurf mit folgenden Worten ab – ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin –:

Es werden mit dem Reformansatz keine Probleme gelöst, sondern neue geschaffen.

Die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde verlangt eine komplette Neuausrichtung des Gesetzentwurfs, und auch die Bundesärztekammer spricht von vielen ungeklärten Fragen. Das Ziel, die Attraktivität der Ausbildung zum Psychotherapeuten zu steigern, wird mit dem Gesetzentwurf leider nicht erreicht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der AfD)

Der eigentliche Grund für die Reform des Ausbildungsprozesses ist der Bologna-Prozess, also die europäische Nivellierung, und zwar auf dem kleinsten gemeinsamen Niveau. Nicht nur das: Der Praxisanteil ist viel zu gering. Der Bundesrat führt dazu aus – ich zitiere mit Erlaubnis der Präsidentin –: Im weiteren Gesetzgebungsverfahren sei zu prüfen, wie ein ausreichend großer Praxisanteil in der direkten Versorgung von Patientinnen und Patienten vor der Erteilung der Approbation gewährleistet werden kann.

Wir fordern deshalb erstens die Erweiterung des Vollzeitstudiums um mindestens ein praktisches Semester, zweitens eine schriftliche länderübergreifende einheitliche Prüfung, in der auch Facharztkenntnisse überprüft werden, drittens eine verpflichtende Sprachprüfung für nicht deutschsprachige Bewerber auf dem Sprachniveau von mindestens C2, und viertens fordern wir als Anwalt der Patienten vor allen Dingen eines, meine Damen und Herren: mehr Patientensicherheit.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Das Wort hat der Kollege Dr. Karl Lauterbach für die SPD-Fraktion.

(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Karin Maag [CDU/CSU])


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7353049
Wahlperiode 19
Sitzung 98
Tagesordnungspunkt Reform der Psychotherapeutenausbildung
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