09.05.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 98 / Tagesordnungspunkt 15

Esther DilcherSPD - Rechtsanwaltsgebühren

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Schönen guten Abend! Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag der FDP, mit dem wir uns beschäftigen, hat einen vielversprechenden Titel: „Rechtsanwaltsgebühren zukunftssicher gestalten“. Produktive und konstruktive Gestaltungsvorschläge suchen wir auf den zwei DIN-A4-Seiten jedoch vergeblich, sieht man einmal von der Forderung nach einer pauschalen Indexierung ab. Gestalten bedeutet jedoch weitaus mehr, und die Forderung nach einer Anpassung der Anwaltsgebühren an die allgemeine Tariflohnentwicklung wird dem doch sehr umfangreichen und sehr differenzierenden Gebührensystem des RVG in keinster Weise gerecht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, das RVG selbst besteht aus 62 Paragrafen und zwei Anlagen. 62 Paragrafen sind erst mal nicht viel; aber die zwei Anlagen haben es in sich.

(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Aber da kann doch die FDP nichts für!)

Die eine enthält eine kleine Tabelle, in der steht, wie hoch die jeweilige Rechtsanwaltsgebühr bei einem bestimmten Gegenstandswert ist. Die andere Anlage beschreibt aber ganz kleinteilig die einzelnen Gebührentatbestände. Da muss man sich schon manchmal ganz schön reinfuchsen. – Frau Kollegin Keul, Sie runzeln gerade die Stirn. Wenn man ein gebührenrechtliches Seminar gemacht hat, weiß man, in welche Fahrwasser man bei der Abrechnung geraten kann.

(Katja Keul [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Man weiß dann, ob man erhöhen muss!)

Das ist nicht ganz so einfach.

Dieses Gesetz und auch die Änderungen bedürfen der Zustimmung der Länder. Das ergibt sich aus unserem Grundgesetz. Nach Artikel 104a Absatz 4 Grundgesetz sind Zustimmungsgesetze solche, die in bestimmter Weise Auswirkungen auf die Finanzen der Länder haben. Liebe Kolleginnen und Kollegen, warum erwähne ich das? Ich erwähne es, weil der Koalition bei den Debatten im Ausschuss immer wieder vorgeworfen wird, wir würden die Länder nur vorschieben.

(Dr. Jürgen Martens [FDP]: Das tun Sie ja auch!)

Aber das tun wir keineswegs. Sie müssen tatsächlich zustimmen. Da nützt es wenig, wenn wir vorpreschen und Gesetze verabschieden und der Bundesrat letztendlich sagt: Nee, ohne uns! Das machen wir nicht mit. – Dann hätten wir uns die Arbeit umsonst gemacht. Also ist es effektiver, die Länder von vornherein mit ins Boot zu nehmen.

(Roman Müller-Böhm [FDP]: Wer regiert denn in den Ländern?)

Bereits im letzten Jahr wurde der Forderungskatalog von BRAK und DAV an die Länder geleitet mit der Bitte um Stellungnahme. Dort findet jedoch noch eine Evaluation der letzten Gebührenerhöhung statt, die auch Gegenstand der Justizministerkonferenz im Juni 2019 sein soll. Wir werden das Ergebnis abwarten, um uns mit den Ländern ins Einvernehmen zu setzen.

Warum stellt die FDP den vorliegenden Antrag? Ich vermute, weil Klappern zum Handwerk gehört. Dabei läuft das Verfahren bereits im Ministerium. Wir beschäftigen uns auch im Ausschuss damit. Die FDP stellt zwar den Antrag, aber das Ziel wird damit verfehlt. Ich würde sagen: Setzen, sechs! Ich versichere an dieser Stelle, dass wir uns als Koalition und natürlich auch das Ministerium sich mit den äußerst fundierten und sehr pragmatischen Forderungen der Gebührenrechtler bei den Standesvertretungen der Anwaltschaft auseinandersetzen werden.

Eine pauschale Erhöhung würde auch nicht zu einer angemessenen Bezahlung der Kolleginnen und Kollegen führen. Das haben Studien ergeben, die zum Beispiel das Soldan Institut durchgeführt hat. So verdienen Sozialrechtler zum Beispiel erheblich weniger als Gesellschaftsrechtler, nur weil sie den Tätigkeitsschwerpunkt Sozialrecht haben. Wenn wir uns eingehend damit beschäftigen und die Anpassungen individuell vornehmen, können wir auf die Unterschiede bei den Einkommen der Anwälte Einfluss nehmen. Das können wir mit einer allgemeinen Indexierung und Pauschalierung nicht erreichen; denn dann würden genau die Anwälte abgehängt, die jenen Zugang zum Recht gewähren, die ihn sich nicht leisten können, sondern über Prozesskostenhilfe, Verfahrenskostenhilfe oder Beratungshilfe Zugang zum Recht suchen müssen.

Wir lehnen daher den vorliegende Antrag der FDP ab und werden mit den Ländern über eine Reform des RVG verhandeln und zeigen, wie Gestalten tatsächlich funktioniert.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Das Wort hat der Abgeordnete Stephan Brandner für die AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7353062
Wahlperiode 19
Sitzung 98
Tagesordnungspunkt Rechtsanwaltsgebühren
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