Hans-Peter Friedrich - DDR-Rentenüberleitung
26. a) Beratung des Antrags der Abgeordneten Matthias Höhn, Jan Korte, Dr. Gesine Lötzsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE
DDR-Renten bewilligen – Ostdeutsche Lebensleistungen anerkennen
b) Beratung des Antrags der Abgeordneten Ulrike Schielke-Ziesing, Uwe Witt, Jürgen Pohl, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD
Rentenrechtliche Gleichstellung von Einmalzahlungen Ost und West
c) Beratung des Antrags der Abgeordneten Ulrike Schielke-Ziesing, Marcus Bühl, Matthias Büttner, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der AfD
Einrichtung eines Härtefallfonds zur Verbesserung der rentenrechtlichen Situation der in der DDR geschiedenen Frauen
d) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Gregor Gysi, Matthias W. Birkwald, Dr. Gesine Lötzsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE
Prämien in Ost und West rentenrechtlich gleichstellen
e) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Dietmar Bartsch, Matthias W. Birkwald, Cornelia Möhring, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE
Forderung der Vereinten Nationen zu den in der DDR geschiedenen Frauen sofort umsetzen
f) Beratung der Beschlussempfehlung des Petitionsausschusses (2. Ausschuss)
Sammelübersicht 278 zu Petitionen
g) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Haushaltsausschusses (8. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Gesine Lötzsch, Matthias Höhn, Dr. Dietmar Bartsch, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE
Ostdeutsche Bundesländer von Aufwendungen für DDR-Renten entlasten
h) Beratung der Beschlussempfehlung und des Berichts des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss) zu dem Antrag der Abgeordneten Markus Kurth, Katrin Göring-Eckardt, Anja Hajduk, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
Eine Lösung für die rentenrechtliche Situation der in der DDR geschiedenen Frauen schaffen
Alterssicherung für Bergleute in der Braunkohleveredlung verbessern – Gerechtigkeitslücke schließen
Es handelt sich dabei um mehrere Vorlagen zu Korrekturen an der Überleitung der Alterssicherung der DDR in das bundesdeutsche Recht.
Nach einer interfraktionellen Vereinbarung sind für die Aussprache 60 Minuten vorgesehen. – Es gibt dazu keinen Widerspruch. Dann ist das so beschlossen.
Ich erteile das Wort dem Ministerpräsidenten des Freistaates Thüringen, Herrn Bodo Ramelow.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich ergreife heute hier im Deutschen Bundestag das Wort, um zu einem Antrag der Fraktion Die Linke zu sprechen. Ich tue das heute, weil der Bundestag Anträge zu einem Thema berät, das uns auch 30 Jahre nach dem Fall der Mauer noch immer umtreibt. Es geht um nicht mehr und nicht weniger als die Anerkennung von Lebensleistungen, Lebensleistungen von Menschen in Ostdeutschland, die eine bestimmte Form von Diskriminierung im Rentenversicherungsrecht und im Rentenüberleitungsrecht erlebt haben. Wahrscheinlich kennen die Kollegen, die ihre Wahlkreise in den neuen Ländern haben, diese Fälle sehr genau.
Deshalb will ich versuchen, das Thema an zwei Beispielen vorzustellen; lassen Sie mich zwei konkrete Beispiele erwähnen.
Im August 2015 schreibt mir Frau Heidrun Wolf aus Gotha über ihr Schicksal. Sie lebte damals von 694 Euro Rente. Nach dem Abitur hat sie bis zur Rente ohne Unterbrechung gearbeitet: als Buchhändlerin, Chefsekretärin, Arzthelferin und Künstlerin. Ihr Pech war, dass sie sich 1988 entschieden hat, die Scheidung einzureichen. Am Ende ihres Briefes schreibt sie:
Gibt es eine Lösung für geschiedene DDR-Frauen? Ich hoffe es!
Oder Frau Waltraud Paul aus Quedlinburg schreibt mir am 3. April – das ist der Tag, an dem sich die ostdeutschen Ministerpräsidenten mit der Bundeskanzlerin getroffen und auch über diese Fragen geredet haben –:
Heute ist der Tag, wo Sie sich mit Kanzlerin Merkel treffen. … Ich hörte in Ihrer Rede, dass es noch einige Fragen mit Frau Merkel zu klären gibt. Zum Beispiel die alleinstehenden Frauen und die mit helfenden Ehefrauen in der DDR … Dazu gehöre auch ich! Ich habe bei meinem Mann in einem Handwerksbetrieb als mithelfende Ehefrau gearbeitet und diese 17 Jahre werden mir nicht anerkannt. Für 28 weitere Arbeitsjahre bekomme ich 301,31 € Rente im Monat.
Frau Paul ist mittlerweile 81 Jahre alt, und sie wartet darauf, dass wir zu Entscheidungen kommen, dass wir Lösungen für diese Fälle finden.
Diese beiden Beispiele sind stellvertretend genannt für 17 Fallgruppen, die die Bundestagsabgeordneten aus den neuen Ländern alle genau kennen. Bei der Überleitung der Zusatz- und Sonderversorgungssysteme der DDR in die gesetzliche Rentenversicherung 1991 wurden unter anderem Ansprüche aus Rentenarten und Versorgungen der DDR, die dem westdeutschen Rentenrecht unbekannt waren, entweder nur kurzzeitig anerkannt, nur während einer kurzen Übergangsfrist hineingerechnet oder gestrichen. Manche wurden schlicht und einfach vergessen.
Das halte ich niemandem vor, weil die Situation damals so war, dass Entscheidungen schnell, mit hoher Geschwindigkeit getroffen werden mussten. Mithelfende Ehefrauen oder Familienangehörige kannten wir in Westdeutschland in unserem Rentenrecht nicht. Deswegen ist es 30 Jahre später so entscheidend, wie wir mit diesen Fragen umgehen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, viele haben gehofft, dass durch den Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD nun endlich Bewegung in die Sache kommt und etwas geschieht. Es ist nur ein Satz, den die Koalition diesbezüglich in ihren Vertrag aufgenommen hat.
Ich fand den Satz wichtig und faszinierend; deswegen will ich ihn auch wiederholen – Zitat –:
Für Härtefälle in der Grundsicherung im Rentenüberleitungsprozess wollen wir einen Ausgleich durch eine Fondslösung schaffen.
Dieser Satz ist der Auftrag, den Sie sich, meine Damen und Herren, in der Koalition gegeben haben.
Und ein Jahr, nachdem dieser Koalitionsvertrag gilt, fragen die Menschen jetzt an: Was passiert denn jetzt? Wie entwickelt sich das denn jetzt?
Es sind Erwartungen geweckt worden, und ich hoffe, dass es bald Antworten gibt.
Ich möchte Sie ermuntern, diese Antworten alsbald zu geben.
Ein zweiter Satz im Koalitionsvertrag – das würde ich gern am Schluss als Ministerpräsident noch erwähnen; Zitat –:
Wir wollen schrittweise einen höheren Anteil bei den Erstattungen an die Rentenversicherung für die Ansprüche aus den Sonder- und Zusatzversorgungssystemen der ehemaligen DDR übernehmen und damit die ostdeutschen Bundesländer entlasten (AAÜG).
Viele Menschen von außen können damit herzlich wenig anfangen. Aber mir sagt meine Finanzministerin: 500 Millionen Euro sind damit allein in unserem Bundesland gebunden.
Der Anspruch und die Hoffnung, die wir damit verbinden, ist, dass man klar abrechnet, welche Pensionslasten oder Pensionsvolumen westdeutsche Länder für ihren öffentlichen Dienst haben und welche die neuen Bundesländer zugeordnet bekommen haben. Was ist in dem AAÜG an Lasten mitenthalten, die man in Westdeutschland niemals im öffentlichen Dienst gehabt hätte? Es wäre schon fair, wenn allein nur der Teil herausgerechnet werden würde und wir darüber in ein gemeinsames Gespräch kämen. Wir erwarten nicht, dass es auf null gestellt wird; aber wir erwarten, dass diese beiden Sätze aus dem Koalitionsvertrag kraftvoll angepackt werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, mithelfende Ehefrauen oder Geschiedene aus der DDR im Jahre 30 der Grenzöffnung warten darauf, dass sie Hoffnung bekommen und nicht noch einmal 30 Jahre warten müssen. Lassen Sie uns jetzt, im 30. Jahr der Grenzöffnung, gemeinsam daran arbeiten!
Vielen Dank.
Das Wort hat als Nächstes der Kollege Eckhardt Rehberg, CDU/CSU-Fraktion.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7353189 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 99 |
Tagesordnungspunkt | DDR-Rentenüberleitung |