Carsten TrägerSPD - Aktuelle Stunde zum globalen Report zur Artenvielfalt
Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Kolleginnen und Kollegen! Es ist gut und wichtig, dass wir über den Bericht zur Artenvielfalt des IPBES sprechen. Jetzt haben wir es schwarz auf weiß, jetzt ist es amtlich. Egal wie groß unsere Befürchtungen vorher waren: Es ist noch viel schlimmer gekommen. 1 Million Arten sind vom Aussterben bedroht. Für Deutschland ist uns das schon seit einiger Zeit klar. Wir sprechen davon, dass 80 Prozent unserer Insekten direkt bedroht sind. Nun müssen wir feststellen, dass dieser Artenschwund global ein genauso dramatisches Ausmaß hat. Die Hauptursache – auch das sagt der Bericht – sind wir, sind die Menschen. Wir sägen an dem Ast, auf dem wir sitzen. Nicht nur für den Klimawandel, sondern auch für das große Artensterben ist der Mensch die Hauptursache – durch Überfischung, durch Flächenfraß, durch Vermüllung, durch intensive Landwirtschaft und illegale Jagd.
Kolleginnen und Kollegen, der vorliegende Bericht muss ein Alarmsignal sein, ein Alarmsignal für uns alle. Es ist höchste Zeit, dass wir als Politik und Verantwortungsträger ebendieser Verantwortung gerecht werden, und zwar als Entscheider auf allen Ebenen: von der Kommune über die Landesparlamente, den Bundestag bis in das Europaparlament. Natürlich müssen wir auch den Einfluss nutzen, den wir weltweit haben. Wie wollen wir in Zukunft Landwirtschaft betreiben? Wie wollen wir in Zukunft produzieren und bauen? Wie wollen wir in Zukunft konsumieren? Die Lage ist tatsächlich so ernst, dass jeder von uns, der in Verantwortung ist, sich diese Fragen stellen muss.
Der Bericht zum Artensterben zeigt die globale Dimension auf: vom afrikanischen Elefanten, der von kriminellen Wilderern wegen seines Elfenbeins erbarmungslos gejagt wird, bis hin zum Korallenriff, das wegen der gestiegenen Wassertemperatur stirbt. Natürlich braucht es zur Lösung eines globalen Problems auch globale Maßnahmen. Aber natürlich müssen auch wir in Deutschland und in Europa viel tun, und wir können viel tun. Ein Hauptverursacher für das Artensterben ist die immer intensiver betriebene Landwirtschaft. Hier brauchen wir endlich ein europäisches Fördersystem, das nicht weiterhin diejenigen belohnt, die intensiv wirtschaften, wirklich das Letzte aus der Fläche herausholen und dem auch den Tierschutz unterordnen. Sie werden durch ein Fördersystem, wie wir es jetzt haben, das nach dem Prinzip „Wer viel hat, kriegt viel“ handelt, dazu gezwungen. Auch die Kleinen werden immer mehr unter Druck gesetzt, so zu handeln, wie sie es jetzt tun.
Wir müssen das Prinzip umdrehen; dafür treten wir als Sozialdemokraten ein. Wir müssen diejenigen belohnen, die auf ein bisschen Ertrag verzichten, weil sie eben Naturschutz, Gewässerschutz, Tierschutz in den Blick nehmen. Deren Verdienstausfälle – in Anführungszeichen – müssen wir kompensieren. Das ist der richtige Weg. Deswegen sagen wir: Sie dienen der Allgemeinheit. Sie müssen die Förderung bekommen. Öffentliches Geld für öffentliche Leistungen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wir können viel mehr tun, wir müssen viel mehr tun, und, Frau Lemke, wir haben auch schon einiges getan. Ganz so, wie Sie es der Regierung unterstellen,
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na, dann mal Butter bei die Fische!)
ist es nun auch wieder nicht. Ich nenne das Stichwort „Schutzgebiete“. Wir wissen, dass der beste Artenschutz die Ausweisung von Großschutzgebieten ist. Da kann sich die Natur, da können sich die Arten erholen. Dafür haben wir mit dem Bundesprogramm „Blaues Band Deutschland“, das auch Sie unterstützt haben, oder der Initiative Nationales Naturerbe viel getan. Da geht noch mehr; aber da haben wir einiges getan.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie müssen noch mehr machen! Das reicht nicht aus!)
Frau Schulze hat als allererste Amtshandlung das Aktionsprogramm Insektenschutz vorgelegt.
(Judith Skudelny [FDP]: Wurde irgendetwas aus dem Aktionsprogramm beschlossen?)
Und wir haben auch die drei schlimmsten Bienenkiller, die Neoniks, verboten.
Natürlich müssen wir auch aus dem Glyphosat-Einsatz aussteigen. Da könnten wir schon längst so weit sein, wenn nicht der ehemalige Landwirtschaftsminister Schmidt sich über alle Absprachen hinweggesetzt hätte und in Brüssel anderes in die Wege geleitet hätte.
(Zurufe von der LINKEN)
Gleichwohl begeben wir uns auf den Weg: Wir steigen so schnell wie möglich aus. Darauf haben wir uns im Koalitionsvertrag verständigt. Wir binden das auch in eine generelle Reduktionsstrategie beim Pflanzenschutz ein; denn es bringt ja nichts, den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben.
Ja, ich habe die Hoffnung, dass wir dabei gut vorankommen werden; denn die Union hat bewiesen, dass sie lernfähig ist. Ich schaue da auf mein Heimatland Bayern. Dort hat der Bayerische Landtag, der ja mehrheitlich von der CSU bestimmt ist, beschlossen, den Gesetzentwurf des Volksbegehrens zum Artenschutz fast eins zu eins umzusetzen. Wir als SPD in Bayern haben es mitgetragen. Deswegen begrüße ich diesen Schritt. Er zeigt, dass die Union auch in diesem Bereich gesprächsbereit ist. Ich würde mir wünschen, dass Herr Söder vielleicht mal Frau Klöckner anruft, damit auch das Aktionsprogramm Insektenschutz, das wir vorgelegt haben, möglichst schnell umgesetzt wird.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD und des Abg. Dr. Klaus-Peter Schulze [CDU/CSU])
Für die FDP-Fraktion hat nun Judith Skudelny das Wort.
(Beifall bei der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7353253 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 99 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde zum globalen Report zur Artenvielfalt |