Siemtje MöllerSPD - Tätigkeitsbericht 2018 des Petitionsausschusses
Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer! Das einzige Instrument direkter Beteiligung auf Bundesebene und damit eine der wichtigsten tagtäglichen Brücken zwischen Bürgerinnen und Bürgern und uns hier im Parlament ist der Petitionsausschuss; denn vor allen Dingen durch Petitionen erfahren wir von den aktiven Bürgerinnen und Bürgern von strukturellen Missständen, nicht vorhersehbaren Auswirkungen von Gesetzen und erhalten Vorschläge, wo etwas eventuell besser geregelt werden könnte oder müsste. Kurzum: Durch Petitionen erfahren wir ganz unmittelbar, wo es hakt und wo wir als Parlament tätig werden müssten oder könnten.
Ein Beispiel für diese praktische Rückbindung, das mir sehr am Herzen liegt und wo wir uns sehr aktiv eingebracht haben, möchte ich hier kurz umreißen. Im Entwurf für das Terminservice- und Versorgungsgesetz war ursprünglich die Einführung einer gestuften Versorgung in der Psychotherapie vorgesehen. Es hagelte massive Kritik von den Psychotherapeutinnen und ‑therapeuten, die sagten, dieser Vorschlag würde für die Betroffenen eine unnötige Hürde auf dem Weg zu einem Therapieplatz bedeuten. Über 217 000 Menschen unterstützten eine Petition, die die Streichung dieser Regelung aus dem Gesetzentwurf forderte. Mitte Januar hat der Petitionsausschuss gemeinsam mit Gesundheitsminister Spahn die Petition in einer öffentlichen Anhörung beraten. Danach wurde die Regelung zur Freude der Petentinnen und Petenten, der Betroffenen, im weiteren Gesetzgebungsverfahren schließlich aus dem Gesetzentwurf gestrichen und das Gesetz ohne diese Regelung verabschiedet. – Für mich ist das ein wirklich gutes Beispiel dafür, wie die konstruktive Kritik aus einer Petition, gekoppelt mit konstruktiven Vorschlägen und guten Sachargumenten, in die Arbeit des Parlaments einfließt und dort Berücksichtigung findet.
(Beifall bei der SPD)
Eine Sache möchte ich an diesem Punkt klarstellen; denn oft gibt es hier ein gravierendes Missverständnis: Das Quorum für die öffentliche Anhörung einer Petition, so wie es in dem von mir beschriebenen Beispiel der Fall war, liegt bei 50 000 Unterschriften. Das Quorum dafür, dass wir Ihre Petition ernsthaft und mit allem Elan behandeln, liegt bei einer einzigen, nämlich bei der Unterschrift des Petenten oder der Petentin.
Die Arbeit im Petitionsausschuss ist, wie von vielen Kolleginnen und Kollegen beschrieben, in der Regel konstruktiv, ist aber leider von rechts außen unter Beschuss geraten. Die gelebte Praxis der AfD, den Parlamentsbetrieb zu stören und öffentlich zu diskreditieren, wo es nur geht, dürfen wir auch regelmäßig bei uns im Ausschuss erleben – angefangen von langatmigen Debattenbeiträgen, die an der jeweiligen Sachlage vorbeigehen und damit zeitraubend sind, wo unsere Sitzungszeit schon so knapp bemessen ist, über das öffentliche Instrumentalisieren von Petitionen für die eigene menschenfeindliche Propaganda bis hin dazu, dass AfD-Abgeordnete die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Ausschussdienstes unter Druck gesetzt haben, als es wegen einer Überlastung der Internetplattform des Petitionsausschusses zu einem unerwarteten Ausfall kam. Ich vermute, es hätte Sie weit weniger interessiert, wenn es dabei nicht um den Globalen Pakt für Migration gegangen wäre, gegen den Sie eine intensive Social-Media-Kampagne geführt haben.
An dieser Stelle möchte ich kurz einschieben: Die von mir anfangs erwähnte Petition zur psychotherapeutischen Versorgung wurde von über 100 000 Menschen mehr unterstützt als jene, die durch die AfD so hochstilisiert wurde. – Das nur einmal, um die Relationen aufzuzeigen.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Für mich ist es bezeichnend, dass gerade die, die meinen, den wahren Willen des Volkes im Parlament zu vertreten, versuchen, die Arbeit des Parlamentes und des Petitionsausschusses zu kapern und zu behindern. Seien Sie sicher: Das werden wir Ihnen auch in Zukunft nicht durchgehen lassen!
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Zum Abschluss möchte ich mich bedanken: Danke allen anderen Kolleginnen und Kollegen, die jederzeit um eine gute, lösungsorientierte Zusammenarbeit bemüht waren. Ebenfalls ein herzliches Dankeschön an alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die auch unter erschwerten Bedingungen ihre wichtige Arbeit geleistet haben. Ich freue mich auf die weitere Zusammenarbeit.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)
Das Wort hat die Kollegin Kerstin Kassner für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7355729 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 100 |
Tagesordnungspunkt | Tätigkeitsbericht 2018 des Petitionsausschusses |