Reinhard HoubenFDP - Löhne und Arbeitsbedingungen im Postmarkt
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Mohrs, ich glaube, Sie sind der Einzige in diesem Hause, der es so wahrgenommen hat, dass die Deutsche Bahn privatisiert worden ist.
(Heiterkeit bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das ist ein zu 100 Prozent staatliches Unternehmen. All Ihre Kritik, die Sie hier vollkommen zu Recht vortragen, trifft natürlich den Eigentümer, nämlich die Bundesrepublik Deutschland und damit diese Bundesregierung.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD – Zurufe des Abg. Falko Mohrs [SPD])
Sie sollten vielleicht einmal mit dem Kollegen Scheuer – er ist der Verkehrsminister – sprechen. An der Stelle könnten Sie die Vorwürfe, was die Deutsche Bahn angeht, vortragen. Wir könnten da bestimmt noch einige Anregungen geben. – Entschuldigung, das musste ich mal loswerden.
(Beifall bei der FDP)
Zweite Bemerkung. Wettbewerb bringt auch Innovation. Günter Rexrodt hat vor 25 Jahren die Postprivatisierung begonnen. Sie ist leider nicht komplett bis zum Ende durchgeführt worden. Was hat denn die Privatisierung der Post gebracht?
(Falko Mohrs [SPD]: Eine gute Frage!)
Der sogenannte graue Postmarkt, also die Telekommunikation, ist privatisiert worden. Früher hatten wir Wählscheiben- und Tastentelefone. Die gab es, glaube ich, auch in moosgrün; das war die Innovation.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP)
Dann sanken die Preise, es wurden neue Produkte angeboten, es wurden mehr Arbeitsplätze geschaffen, es wurden höherwertige Arbeitsplätze geschaffen. Wir haben durch diese Privatisierung einen Aufschwung bekommen. Jeder hat am Ende des Tages davon profitiert,
(Zurufe von der SPD)
nur vielleicht nicht einige Beamte aus dem ehemaligen Postministerium, Herr Mohrs. Deswegen kann ich das, was Sie sagten, nicht verstehen.
(Beifall bei der FDP)
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Lenkert?
Ja, Herr Lenkert, bitte.
Herr Kollege Houben, ist Ihnen bekannt, dass in den Jahren 1990/91 eine technische Revolution stattfand, die dazu führte, dass im Prinzip die alten Wähltelefone technisch ganz einfach abgelöst werden konnten durch die neueren Systeme, die deutlich billiger sind in Wartung, Installation und Betrieb? Diese Innovation wurde nicht von dem von Ihnen so hoch gelobten Telekommunikationsunternehmen in Deutschland ausgelöst, sondern von einem Industriekonzern aus Finnland und asiatischen Konzernen, wo diese neue Technologie entwickelt wurde. Ist Ihnen das bekannt? Können Sie nachvollziehen, dass diese technische Innovation die Preissenkung mit sich gebracht hat und nicht die Privatisierung?
(Beifall bei der LINKEN – Zurufe von der FDP)
Herr Lenkert, ich bedanke mich ausdrücklich für diese Frage. Denn das zeigt ja offensichtlich, dass es zumindest für diese Branche in Deutschland seinerzeit nicht die richtigen Rahmenbedingungen dafür gab, dass sich technische Innovationen durchsetzen konnten.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Lachen bei der LINKEN)
Das lag wahrscheinlich daran, dass wir einen Staatskonzern hatten, der genau einen Lieferanten für Telefone bevorzugt hat. Und Sie durften sich als Privatmensch kein US-amerikanisches Telefonprodukt kaufen und zu Hause anschließen, weil Sie sich damals damit strafbar gemacht haben.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
So werden Innovationen verhindert. Ich bedanke mich in dem Zusammenhang wirklich für Ihre Frage. Ja, die Innovation kam aus Finnland. Das war super. Aber wir haben hier Bedingungen zu schaffen – das ist unsere Aufgabe –, dass sich Innovationen in Deutschland entwickeln können.
Um auf die Post zurückzukommen: Wer sagt uns denn, dass es keine weiteren Innovationen gibt? Warum gibt es nicht zum Beispiel einen Brief, den man wie ein Paket per Sendungsverfolgung tracken kann? Warum ist das nicht im Angebot? Warum sagt man nicht, dass man einen Billigbrief einführt, der irgendwann ankommt und nicht innerhalb eines Tages?
(Thomas Lutze [DIE LINKE]: Welcher Brief kommt innerhalb von einem Tag an?)
Dann kommt man auch von den schiefen Preisvergleichen weg, Herr Mohrs oder Herr Metzler. In Dänemark kostet der Standardbrief über 2 Euro. Warum? Weil die dänische Post sagt: Wir stellen innerhalb von zwei Tagen zu. – Die Deutsche Post sagt: Wir innerhalb von 24 Stunden. – Dann wird der dänische Eilbrief mit dem deutschen Normaltarif verglichen. Das ist natürlich ein toller Vergleich.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Falko Mohrs [SPD]: Den Zusammenhang müssen Sie jetzt erklären! Dort so teuer und dort so eine lange Laufzeit!)
So kommt man natürlich auch auf höhere Gebühren. Herzlichen Glückwunsch!
(Falko Mohrs [SPD]: Aber auch keine schlechten Vergleiche!)
Man muss sich immer nur die richtige Peergroup aussuchen, dann bekommt man auch das richtige Preisverhältnis, um das durchzusetzen.
Noch eine letzte Bemerkung zur Bundesnetzagentur. Sie ist ja zum Teil gelobt worden. Die Bundesnetzagentur hat eine klare Position bezogen. Sie hat gesagt: 4,8 Prozent Preiserhöhung.
(Falko Mohrs [SPD]: Nach dem alten Maßgrößenverfahren!)
– Moment. – Dann hat die Post gesagt: Nein, 4,8 Prozent sind uns zu wenig.
(Falko Mohrs [SPD]: Warum?)
Dann sind die Maßgrößen in der Postentgeltverordnung entsprechend geändert worden. Wie gesagt, ich suche so lange zusammen, bis es passt: Portugal ist drin, aber Schweden nicht. Das sind zwar alles AGs, aber Schweden ist eine staatliche AG, und das andere sind private AGs. – Es ist also so lange gefummelt worden, bis es dann reichte, um die 10 Prozent, die jetzt zur Debatte stehen, durchzusetzen.
Es ist einfach falsch, dass die 4,8 Prozent, die die Bundesnetzagentur ermittelt hatte, nicht reichten. Sie ist im Grunde mit ihren Berechnungen und ihren Aussagen untergebuttert worden. Das sehen wir sehr kritisch; denn man kann das ja wirklich fühlen.
Eine letzte Bemerkung. Es ist gesagt worden: Ja, ein Kabinettsbeschluss ist vollkommen in Ordnung; das muss nicht durchs Parlament. – Ja, das ist richtig; aber wir sind doch in der Lage, das zu ändern. Wir könnten für diese Fragen zum Beispiel in der Diskussion über das neue Gesetz einen Parlamentsvorbehalt einbauen, damit solche Entscheidungen hier zumindest noch mal diskutiert werden würden. Wenn die Oppositionsparteien hier nicht entsprechende Anträge eingebracht hätten, wäre das ja so durchgelaufen, und keiner hätte es gemerkt.
Herr Präsident, eine allerletzte Bemerkung. Herr Meiser, Ihrer Analyse habe ich an vielen Stellen zustimmen können. Auch bei den Grünen habe ich viel Gutes gefunden. Aber am Ende ist es so: Wenn derjenige, der Eigentümer ist, gleichzeitig die Spielregeln festlegt, kommt es immer zu höheren Preisen. Deswegen müssen die Anteile verkauft werden.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP)
Für Bündnis 90/Die Grünen hat das Wort die Kollegin Katharina Dröge.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7355884 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 101 |
Tagesordnungspunkt | Löhne und Arbeitsbedingungen im Postmarkt |