Lars KlingbeilSPD - Aktuelle Stunde zur Finanzierungslücke bei der Grundrente
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kleinwächter, ich hatte zwischendurch ein bisschen die Befürchtung, dass Sie vergessen, zu atmen.
(Norbert Kleinwächter [AfD]: Keine Sorge!)
Sie haben es ja geschafft. Ich habe hier im Deutschen Bundestag selten in fünf Minuten so viel Unsinn und Hetze in einem Redebeitrag gehört wie in Ihrem.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Es lohnt sich fast gar nicht, auf die Inhalte Ihres Vortrages einzugehen.
(Jürgen Braun [AfD]: Weil Sie es nicht können, Herr Klingbeil! Gar nichts können Sie!)
Sie sind ja aus Brandenburg. Ich rate Ihnen: Reden Sie mal mit den Menschen vor Ort. Reden Sie mit den Menschen in Brandenburg, in den ostdeutschen Bundesländern. Die Grundrente, wie wir sie vorschlagen, würde allein in den ostdeutschen Bundesländern 750 000 Menschen betreffen, 75 Prozent davon übrigens Frauen. Das sind Menschen, die vielleicht nicht so viel Glück in ihrer Erwerbsbiografie hatten wie wir, die wir hier im Parlament sitzen. Das sind Menschen, die nicht so viel Glück hatten. Um die wollen wir uns kümmern.
(Uwe Witt [AfD]: Stimmen Sie doch unserem Antrag von heute Morgen zu!)
Dafür ist die Grundrente da. Sie reden hier von Klientelpolitik. Sie sollten sich dafür schämen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Sehr geehrte Damen und Herren, ich bin der FDP dankbar, dass wir diese Aktuelle Stunde haben. Das bietet auch die Möglichkeit, mal sehr deutlich über Unterschiede in der Politik zu reden. Das, was vorhin durch Herrn Kober vorgetragen wurde, zeigt die Philosophie der FDP: Sie wollen einen Staat, der Almosen verteilt an Menschen, die bedürftig sind. Diese Koalition aus CDU/CSU und SPD kämpft seit einem Jahr dafür – das setzt sie sehr konkret um –, in den sozialen Zusammenhalt in diesem Land zu investieren und das Land im sozialen Bereich voranzubringen. Das haben wir geschafft mit einer Rentenstabilisierung, die wir im letzten Jahr auf den Weg gebracht haben, mit dem Rückkehrrecht von Teilzeit in Vollzeit, dadurch, dass wir Milliarden in Bildung investiert haben, dadurch, dass wir Familien stärken, dass wir Perspektiven für Langzeitarbeitslose auf den Weg gebracht haben, und zuletzt erst im Koalitionsausschuss durch die Verabredung, Paketzusteller in diesem Land besserzustellen.
(Beifall bei der SPD)
Das zeigt: Wir arbeiten am Zusammenhalt in diesem Land. Das ist der richtige Weg, um Menschen mitzunehmen.
Ich sage Ihnen: Die Grundrente wird das Nächste sein, was diese Koalition auf den Weg bringt. Das ist im Koalitionsvertrag vereinbart. Es geht darum, die Leistung von Menschen anzuerkennen. Wer 35 Jahre hart gearbeitet hat, wer Kinder großgezogen hat, wer etwas für die Gesellschaft geleistet hat, der braucht ein klares Bekenntnis, dass dieser Staat die Menschen nicht im Stich lässt, dass er sich kümmert, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD – Nicole Höchst [AfD]: Sie verteilen Almosen!)
Die Grundrente ist ein Bekenntnis des Staates an die Tüchtigen und Fleißigen, an die, die Verantwortung übernehmen, dass wir sie im Alter, selbst wenn sie nicht so viel haben, nicht alleinlassen, dass wir uns um sie kümmern. Ich wi ll auch deutlich sagen: Lebensleistung kennt keine Bedürftigkeitsprüfung, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Matthias W. Birkwald [DIE LINKE] und Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Dann nehme ich aber wahr – das zeigt auch diese Diskussion –, dass Kollegen von der FDP mit Schnappatmung unterwegs sind, weil es Zeitungsartikel mit entsprechenden Überschriften gibt. Wir führen hier eine Diskussion über einen Gesetzentwurf, den niemand im Raum kennt, weil er noch nicht vorliegt.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Wann kommt er eigentlich?)
Das ist doch Wahlkampf, was Sie hier machen.
(Kai Whittaker [CDU/CSU]: Ihr aber auch! Ihr macht auch Wahlkampf!)
Sie versuchen, Ihre soziale Kälte ins Parlament zu tragen. Das ist mit der SPD nicht zu machen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD)
Ich will einmal auf die Argumente gegen die Grundrente eingehen, die man von Ihrer Seite immer wieder hört. Das erste Argument ist die mittlerweile berühmte Zahnarztgattin.
(Dr. Karamba Diaby [SPD]: Gibt’s gar nicht!)
Liebe Kollegen von der FDP, seit wann definieren wir Frauen danach, wen sie geheiratet haben?
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Es geht doch um die Leistung, die man im Leben erbracht hat. Ich habe auf Ihrem Parteitag schon gesehen, dass Sie mit Gleichstellungspolitik Probleme haben. Aber überlegen Sie bitte einmal, was das für ein antiquiertes Frauen- und Familienbild ist, das Sie in die Rentendiskussion tragen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Daniela De Ridder [SPD]: Allerdings! – Pascal Kober [FDP]: Sie respektieren die Lebensleistung von denen, die 34 Jahre gearbeitet haben, nicht!)
Das zweite Argument, das gegen die Grundrente vorgebracht wird, ist von Ihrem Parteivorsitzenden, ein wirklich bemerkenswertes Argument. Christian Lindner stellte sich hin und sagte, die Grundrente sei nicht gerecht. Was ist denn mit der Rentnerin, die nicht viel Rente bekommt, aber dann 5 Millionen Euro erbt? – Ich hatte schon immer die Vermutung, dass Herr Lindner und ich uns in sehr unterschiedlichen gesellschaftlichen Kreisen bewegen.
(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)
Was ist das denn für eine Lebensrealität, die Sie in die politische Debatte einbringen?
(Pascal Kober [FDP]: Sie lenken doch nur ab!)
Das ist doch nicht das, was wir an den Haustüren, auf den Marktplätzen, an den Infoständen, in den Bürgersprechstunden erleben, liebe FDP. Wie abgehoben sind Sie eigentlich, um so zu argumentieren?
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das letzte Argument, das man von Ihnen hört, ist, dass für die Grundrente kein Geld da ist.
(Pascal Kober [FDP]: Sie lenken ab!)
Es ist kein Geld da für die Anerkennung der Lebensleistung von Menschen, die etwas geleistet haben.
(Pascal Kober [FDP]: Das stimmt doch überhaupt nicht! Lesen Sie mal unser Konzept!)
Das sagt dieselbe FDP, die will, dass wir den Superreichen und Spitzenverdienern in diesem Land den Solidaritätszuschlag streichen.
(Pascal Kober [FDP]: Sie haben niemanden, der Sie vorbereitet, Herr Klingbeil!)
Liebe FDP, wenn Sie die eine Gruppe gegen die andere Gruppe ausspielen wollen, dann – das sage ich Ihnen – haben Sie die SPD ganz klar gegen sich. Wir wollen etwas für die Rentner tun und nicht für die Spitzenverdiener in diesem Land. Da sind wir entschlossen.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Wir auch!)
Das werden wir so durchsetzen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD)
Vielen Dank, Lars Klingbeil. – Bevor ich die Aktuelle Stunde fortsetze, gebe ich Ihnen die von den Schriftführerinnen und Schriftführern ermittelten Ergebnisse der zahlreichen Wahlen bekannt.
Wir beginnen mit der Wahl eines Stellvertreters des Präsidenten des Deutschen Bundestages, zweiter Wahlgang: Mitgliederzahl 709, abgegebene Stimmzettel 631, ungültige Stimmzettel 1. Mit Ja haben gestimmt 205 Abgeordnete, mit Nein haben gestimmt 399 Abgeordnete, enthalten haben sich 26. Der Abgeordnete Gerold Otten hat die erforderliche Mehrheit von mindestens 355 Stimmen damit nicht erreicht. Er ist nicht zum Stellvertreter des Präsidenten gewählt worden.
(Jürgen Braun [AfD]: Ignoranz!)
Ergebnis der Wahl eines Mitglieds des Vertrauensgremiums gemäß § 10a Absatz 2 der Bundeshaushaltsordnung: abgegebene Stimmzettel 630, ungültige Stimmzettel 3. Mit Ja haben gestimmt 181 Abgeordnete,
(Norbert Kleinwächter [AfD]: Das ist ein Witz!)
mit Nein haben gestimmt 418 Abgeordnete, Enthaltungen 28. Die Abgeordnete Dr. Birgit Malsack-Winkemann hat die erforderliche Mehrheit von mindestens 355 Stimmen damit nicht erreicht. Sie ist als Mitglied des Vertrauensgremiums gemäß § 10a Absatz 2 der Bundeshaushaltsordnung nicht gewählt.
Ergebnis der Wahl von zwei Mitgliedern des Gremiums gemäß § 3 des Bundesschuldenwesengesetzes: abgegebene Stimmzettel 626. Auf den Abgeordneten Marcus Bühl entfielen 189 Jastimmen, 397 Neinstimmen, 37 Enthaltungen und 3 ungültige Stimmen. Auf den Abgeordneten Wolfgang Wiehle entfielen 201 Jastimmen, 387 Neinstimmen, 31 Enthaltungen und 7 ungültige Stimmen. Die Abgeordneten Marcus Bühl und Wolfgang Wiehle haben damit die erforderliche Mehrheit nicht erreicht. Ergebnis über die Wahl eines ordentlichen Mitglieds des Sondergremiums gemäß § 3 Absatz 3 des Stabilisierungsmechanismusgesetzes: abgegebene Stimmzettel 627, ungültige Stimmzettel 5. Mit Ja haben gestimmt 139 Abgeordnete, mit Nein haben gestimmt 456 Abgeordnete, Enthaltungen 27. Der Abgeordnete Albrecht Glaser hat die erforderliche Mehrheit von mindestens 355 Stimmen nicht erreicht. Er ist als Mitglied des Sondergremiums gemäß § 3 Absatz 3 des Stabilisierungsmechanismusgesetzes nicht gewählt. Protokoll über die Wahl eines stellvertretenden Mitglieds des Sondergremiums gemäß § 3 Absatz 3 des Stabilisierungsmechanismusgesetzes: abgegebene Stimmzettel 627, ungültige Stimmzettel keine. Mit Ja haben gestimmt 197 Abgeordnete, mit Nein haben gestimmt 395 Abgeordnete, Enthaltungen 35. Der Abgeordnete Volker Münz hat die erforderliche Mehrheit von mindestens 355 Stimmen nicht erreicht. Er ist als stellvertretendes Mitglied des Sondergremiums gemäß § 3 Absatz 3 des Stabilisierungsmechanismusgesetzes damit nicht gewählt.
(Jürgen Braun [AfD]: Das ist so was von undemokratisch!)
Dann rufe ich als nächsten Redner in der Aktuellen Stunde Dr. Andrew Ullmann für die FDP-Fraktion auf.
(Beifall bei der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7355929 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 101 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde zur Finanzierungslücke bei der Grundrente |