16.05.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 101 / Tagesordnungspunkt 10

Friedrich StraetmannsDIE LINKE - Anpassung der Betreuer- und Vormündervergütung

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Zur Beratung liegt der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Anpassung der Betreuer- und Vormündervergütung vor, ein wirklich wichtiges Anliegen in einer älter werdenden Gesellschaft. Vorab eines: Wir als Linke werden dem vorliegenden Gesetzentwurf zustimmen. Er ist zwar nicht wirklich überzeugend, wir wollen uns aber der Erhöhung der Vergütung nicht entgegenstellen, auch wenn wir sie für unzureichend halten. Uns ist die Qualität in der gesetzlichen Betreuung und ihre angemessene Vergütung ein wichtiges Anliegen. Wir kommen deshalb nicht umhin, unsere bestehenden Kritikpunkte noch einmal aufzuzeigen.

(Beifall bei der LINKEN)

In meiner ersten Rede zu diesem Thema habe ich bereits betont, dass gesetzliche Betreuerinnen und Betreuer weiterhin ein selbstbestimmtes Leben der Betreuten ermöglichen. Dazu gehört auch die Möglichkeit, den Willen der Betreuten hinreichend zur Kenntnis zu nehmen. Diese in rechtlicher und sozialer Hinsicht anspruchsvolle Tätigkeit braucht Zeit und muss entsprechend honoriert werden.

Im Einzelnen können wir den Ergebnissen einer im Regierungsauftrag erstellten wissenschaftlichen Studie des Instituts für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik entnehmen, dass den Betreuerinnen und Betreuern nach den Vergütungsvorschriften faktisch nur 22 Prozent der im persönlichen Kontakt anfallenden Stunden vergütet werden. Das ist aus unserer Sicht ein Verstoß gegen die UN-Behindertenrechtskonvention. Die Linke kritisiert das massiv.

(Beifall bei der LINKEN)

Durch die gesamten gesetzlichen Regelungen für Betreuerinnen und Betreuer zieht sich wie ein roter Faden, dass der reale Aufwand nicht vergütet wird. Stillschweigend setzen Sie von der Regierung auf ein Grundprinzip, das aus Ihrer Sicht offensichtlich für alle Berufe im sozialen Bereich gilt: Selbstausbeutung wird erwartet. – Seit 2005 haben Sie die Vergütung im Bereich der Betreuungen nicht angehoben. Offensichtlich finden Sie diese, für die Gesellschaft enorm bedeutsame Arbeit nicht wirklich wichtig. Das werden wir Ihnen so nicht durchgehen lassen.

(Beifall bei der LINKEN)

Damit verursachen Sie in diesem wichtigen Berufsstand in vielen Fällen Altersarmut und eine Überalterung der im Betreuungsberuf Tätigen; denn es besteht seit langem ein Nachwuchsproblem. Würden die Mitglieder dieser Bundesregierung ihren eigenen Kindern empfehlen, diesen Beruf zu ergreifen? Wohl kaum.

Dabei liegen die Handlungsempfehlungen doch auf dem Tisch. Wer die von mir erwähnte Studie aufmerksam liest, kommt zu folgenden Erkenntnissen: Es muss nicht nur eine Erhöhung der pauschalen Stundensätze geben, sondern auch die Förderung von Autonomie und Selbstbestimmung der Betreuten muss honoriert werden. Es sollte den Behörden und den zuständigen Gerichten obliegen, zu kontrollieren, ob ein Mindestkontakt zum betreuten Menschen eingehalten worden ist. Zukünftig wäre auch zu prüfen, ob in Anbetracht der Tatsache, dass die meisten Betreuerinnen und Betreuer ihre Arbeit als Selbstständige verrichten, eine Betreuerkammer einzurichten wäre. Diese könnte im Hinblick auf die Qualität der Arbeit, auf Ausbildung, Fortbildung und den Zugang zu dieser Tätigkeit berufspraktische Neuerungen einführen.

Wie bereits gesagt werden wir trotz unserer Kritik den Gesetzentwurf nicht ablehnen. Wir fordern aber eine langfristige Planung. Diese sollte Folgendes beinhalten: erstens eine grundsätzliche Strukturreform des Vergütungssystems, zweitens eine Dynamisierung der Vergütung, drittens eine Vergütung der im persönlichen Kontakt anfallenden Stunden zu 100 Pr ozent, viertens die Einrichtung einer Betreuerkammer, damit verbunden – fünftens – den Erlass einer verbindlichen Berufsordnung, damit die Qualität in der Betreuung gehalten und angehoben werden kann und der Zugang zum Beruf vereinheitlicht und qualitativ verbindlich geregelt wird, sechstens eine Evaluierung dieses Gesetzes nach spätestens zwei Jahren. Lassen Sie sich für diese dringenden Anpassungen nicht wieder 14 Jahre Zeit. Werden Sie endlich dieser Verantwortung gerecht.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat nun die Kollegin Dr. Manuela Rottmann das Wort.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7355981
Wahlperiode 19
Sitzung 101
Tagesordnungspunkt Anpassung der Betreuer- und Vormündervergütung
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine