17.05.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 102 / Tagesordnungspunkt 25

Konstantin KuhleFDP - Europol

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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was haben Martin Schulz, der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius, Armin Schuster von der CDU/CSU, Manfred Weber – das ist übrigens der Spitzenkandidat der Europäischen Volkspartei –, Wolfgang Kubicki

(Leni Breymaier [SPD]: Alles Männer!)

und – jetzt kommt der Knaller – Sven Giegold, Spitzenkandidat der Grünen bei der Europawahl, gemeinsam?

(Christoph Bernstiel [CDU/CSU]: Alles Männer! – Heiterkeit)

Sie alle haben in den letzten Monaten und Jahren die Einrichtung, den Aufbau eines – Zitat – „europäischen FBI“ vorgeschlagen, teilweise mit genau demselben Duktus und genau derselben Formulierung. Meine Damen und Herren, es ist natürlich gut, wenn sich Demokraten einig sind, aber man kann sich schon die Frage stellen: Ist es für die politische Kultur und für die innere Sicherheit in unserem Land sinnvoll, wenn man ständig Schlagworte und Phrasen wie „europäisches FBI“ in den Raum stellt, ohne konkret zu sagen, was man damit eigentlich meint?

(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es ist gut, das mal von der FDP zu hören!)

Die Freien Demokraten legen Ihnen heute ein Konzept vor, wie man Europol zu einem europäischen Kriminalamt aufwerten kann, damit diese Diskussion nicht in der Presse, sondern hier im Parlament geführt wird.

(Beifall bei der FDP)

Die europäischen Verträge enthalten ein Versprechen. Sie enthalten das Versprechen, dass mit offenen Grenzen in Europa und mit einer politischen Union ein Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts einhergeht. Wenn man sich anschaut, wie dieser Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts in der Vergangenheit genutzt worden ist, dann muss man leider feststellen, dass er viel von Terroristen und Verbrechern für grenzüberschreitende Aktivitäten genutzt wird. Es kann aber nicht sein, dass sich nur Verbrecher und Terroristen den Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zunutze machen und die Polizei und die Strafverfolgungsbehörden dies nicht tun. Deswegen muss bei Europol eine Schippe draufgelegt werden. Wir legen Ihnen heute ein Konzept für ein europäisches Kriminalamt vor.

(Beifall bei der FDP – Christian Petry [SPD]: Ach! Das ist mir gar nicht aufgefallen!)

Es kann nicht sein, dass der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union in Artikel 88 ausdrücklich einräumt, dass die operativen Befugnisse von Europol in Kooperation mit den Behörden der Mitgliedstaaten schon heute intensiver sein und ausgedehnt werden könnten, aber die Europol-Verordnung von diesem Spielraum überhaupt keinen Gebrauch macht. Deswegen schlagen wir in einem ersten Schritt vor, die Europol-Verordnung zu reformieren. Das, was auf europäischer Ebene möglich ist, muss auch gemacht werden.

Ein Aufwuchs an Kompetenzen bei Europol darf aber nicht zu einem Programm zum Abbau von Grundrechten führen. Deswegen ist es richtig, dass sich der Deutsche Bundestag heute erstmals dazu bekennt, dass es auf europäischer Ebene eines Rahmens für ein gemeinsames Strafrecht, für ein gemeinsames Strafprozessrecht und auch für Regeln der gemeinsamen Gefahrenabwehr bedarf. Wir müssen uns doch heute schon fragen: Wenn Europol den Mitgliedstaaten Software zur Verfügung stellt, nach welchem Polizeirecht in Deutschland funktioniert das eigentlich? Wir müssen das Heft des Handelns in die Hand nehmen und auf europäischer Ebene darüber sprechen, wie das eigentlich vonstattengehen soll. Wir brauchen einen weiteren Schritt hin zu materiellen Rechtsgrundlagen auf der europäischen Ebene.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, der Bereich der Justiz, der Strafverfolgung und der Polizei ist nicht nur für die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger besonders sensibel, er ist auch für die nationale Souveränität besonders sensibel. Deswegen sollte man aufpassen dabei, das Konzept eines FBI aus dem Amerikanischen eins zu eins nach Europa übertragen zu wollen. Wir wollen ja gerade keine Vermengung von nachrichtendienstlicher Tätigkeit und Polizeitätigkeit. Das Trennungsgebot muss auch auf europäischer Ebene gelebt werden.

(Beifall bei der FDP – Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, so ist es!)

Hinzu kommt, dass wir hier im Deutschen Bundestag, gerade eine Woche vor der Europawahl, mutig genug sein sollten, zu sagen: Auch im Bereich der gemeinsamen Innen- und Rechtspolitik in der Europäischen Union braucht es eine Vertragsänderung. Ich bin mir absolut sicher, dass vor vielen Jahren und Jahrzehnten so etwas wie eine Europäische Staatsanwaltschaft noch Zukunftsmusik gewesen ist; das konnte man sich überhaupt nicht vorstellen. Heute haben wir eine Europäische Staatsanwaltschaft. Lassen Sie uns heute den Weg in Richtung eines europäischen Kriminalamts gehen mit einem europäischen Rahmen-Strafprozessrecht, einem Rahmen-Strafrecht –

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.

– und Rahmenregeln für die Gefahrenabwehr, damit die Steigerung von Kompetenzen nicht zu einem Programm zum Abbau der Bürgerrechte wird und damit es bei der europäischen Sicherheit vorangeht.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank. – Herr Kollege Kuhle, dass Sie die Äußerungen der von Ihnen am Beginn Ihrer Rede genannten Personen als Phrasen abgetan haben, finde ich bemerkenswert.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)

Der Kollege Schuster, der als Nächstes das Wort hat, wird darauf sicherlich antworten.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7356136
Wahlperiode 19
Sitzung 102
Tagesordnungspunkt Europol
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