Lars HerrmannAfD - Europol
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Am 26. Mai, also in neun Tagen, ist Europawahl. Das könnte zunächst eine Erklärung für diesen seltsamen Antrag sein. Dennoch ändert es nichts daran, dass die FDP ihre fachliche Expertise zum Thema innere Sicherheit offensichtlich aus Fernsehserien wie „Alarm für Cobra 11“ oder
(Konstantin Kuhle [FDP]: „Kommissar Rex“!)
„Kommissar Rex“ zu beziehen scheint.
(Beifall bei der AfD – Lachen des Abg. Philipp Amthor [CDU/CSU])
Zumindest möchte man das hoffen; denn ansonsten bliebe nur die Erklärung, dass die FDP aus dem Europawahlprogramm der Grünen abgeschrieben hat.
(Monika Lazar [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ein schlimmer Vorwurf!)
Dabei sollte sich mittlerweile rumgesprochen haben, dass innere Sicherheit und Grüne eben nicht zusammenpassen. Das trifft leider auch auf Ihren Antrag zu.
Sie möchten den Terrorismus besser grenzüberschreitend bekämpfen, und auch gegen die organisierte Kriminalität will man verstärkt vorgehen. Alles supertolle Ziele; aber was Sie an Maßnahmen zur Erreichung dieser wichtigen Ziele fordern, ist vollkommen realitätsfern und würde sogar genau das Gegenteil verursachen.
(Christian Petry [SPD]: Wo bleibt das Fleißbienchen?)
Sie wollen kostbare polizeiliche und kriminalistische Ressourcen aus Deutschland abziehen und in Brüssel eine Art europäisches Bundeskriminalamt installieren. Dazu träumen Sie von einem gemeinsamen europäischen Gefahrenabwehrrecht, also nichts anderes als einem europäischen Polizeigesetz. Das allein ist schon vollkommen absurd, weil wir es hier bei uns nicht einmal hinbekommen, ein einheitliches Polizeigesetz für Deutschland zu verabschieden. Seit 1977 bastelt ein Land, nämlich Deutschland, an einem solchen Musterpolizeigesetz, und jetzt wollen Sie in 28 Mitgliedstaaten auf die Schnelle so ein Gesetz etablieren.
(Manuel Höferlin [FDP]: Genau so ist es!)
Dazu soll dann auch noch ein europäisches Strafrecht und Strafverfahrensrecht eingeführt werden, also ein europäisches Strafgesetzbuch und eine europäische Strafprozessordnung.
(Stephan Thomae [FDP]: Rahmenstrafrecht, das Zuständigkeiten klärt!)
Dabei hält man sich nicht mal an die Dublin-Verordnung, und selbst die Einführung eines gemeinsamen europäischen Asylgesetzes zeichnet sich nicht einmal im Ansatz ab. Bei allem gebotenen Respekt, meine sehr verehrten Damen und Herren von den Freien Demokraten: Seit wann leiden Sie an einem derartigen Realitätsverlust?
(Beifall bei der AfD)
Und vor allem: Wann genau wollen Sie denn damit anfangen, den Terrorismus und die organisierte Kriminalität zu bekämpfen, wenn Sie die EU vorher erst komplett auf den Kopf stellen und 28 Mitgliedstaaten dazu bringen müssen, weitere Souveränität nach Brüssel abzugeben?
Herr Kollege, erlauben Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Kuhle?
Ja, selbstverständlich.
Ganz herzlichen Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Ich habe Ihren Ausführungen aufmerksam zugehört, aber ich frage mich: Wer ist eigentlich in der AfD-Fraktion der Berichterstatter für Europol? Es gibt ja – das hat die Kollegin Mihalic ganz richtig beschrieben – alle paar Wochen ein Berichterstattergespräch zur Sicherstellung der parlamentarischen Kontrolle von Europol, das von Herrn Irmer und Frau Mittag gemacht wird. Da sind immer Frau Jelpke, Frau Mittag, Frau Mihalic für die Grünen, Herr Irmer für die Union und wir für die FDP dabei. Warum habe ich eigentlich seit der Konstituierung des Deutschen Bundestages noch nicht ein einziges Mal im Berichterstattergespräch zur Vorbereitung der parlamentarischen Kontrolle von Europol einen Vertreter der AfD gesehen? Warum drücken Sie sich vor Ihrer Arbeit als Berichterstatter für dieses Thema? Ist es Ihnen möglicherweise egal?
(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Beatrix von Storch [AfD]: Lächerlich!)
Herr Kuhle, so befruchtend scheinen diese Europol-Berichterstattungssitzungen nicht zu sein.
(Konstantin Kuhle [FDP]: Sie sind also nicht da! Weil Sie die faulste Fraktion im Deutschen Bundestag sind! Deswegen!)
Herr Kuhle, wenn das Ergebnis ist, dass Sie hier so einen absurden Antrag vorlegen, dann können wir uns das schenken. Aber wir geloben Besserung.
(Beifall bei der AfD – Carina Konrad [FDP]: Das ist Arbeitsverweigerung! – Timon Gremmels [SPD]: Arbeitsverweigerung! – Gabriele Katzmarek [SPD]: Peinlich, peinlich!)
Ich denke, die Aufgabe, organisierte Kriminalität und Terrorismus zu bekämpfen, ist viel zu wichtig, als dass man auf derartige Träumereien setzen könnte.
(Gabriele Katzmarek [SPD]: Peinlich, peinlich, peinlich! – Dr. Volker Ullrich [CDU/CSU]: Peinlich! – Anhaltende Zurufe)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, können wir für etwas Ruhe sorgen? Der Redner hat Anspruch darauf, dass man ihm zuhört, damit man auf ihn reagieren kann.
(Beatrix von Storch [AfD]: Der Kuhle dreht wieder am Rad!)
Ich bin das Geschrei aus dem Innenausschuss gewohnt. – Also, zur Realität zurück. Ich erkläre Ihnen sehr gern mal die Realität.
(Konstantin Kuhle [FDP]: Kommen Sie mal vorbei!)
Wenn ich heute einen KTU-Antrag ausfülle, also einen Antrag auf kriminaltechnische Untersuchung einer sichergestellten Spur, bekomme ich frühestens im November ein Ergebnis. Selbst das wäre noch schnell. Also sechs Monate Wartezeit bei der Auswertung von Spuren, und das in dringenden Ermittlungssachen! Es ist schön, dass hier in Berlin am Bahnhof Südkreuz Kameras mit Gesichtserkennung eingesetzt werden,
(Susanne Mittag [SPD]: Was hat das mit Europol zu tun?)
nur gibt es in Deutschland auch noch andere Bahnhöfe. Dort hängen Videokameras, die älter als die Steinkohle sind, und auf den Bildern können Sie noch nicht einmal Farben, geschweige denn Gesichter erkennen. Außerdem verlangt die Verfolgung von gestohlenen hochpreisigen Kraftfahrzeugen mit einem 120‑PS-Golf-Variant oder einem rostigen Mercedes Vito nicht nur fahrerisches Können,
(Christian Petry [SPD]: Wo leben Sie denn?)
sondern auch eine gesunde Portion Optimismus der verfolgenden Polizeibeamten.
(Beifall bei der AfD)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, was ich sagen möchte: Wir müssen unsere Polizeibehörden im Hier und Jetzt vernünftig ausstatten und ausrüsten, und zwar materiell, personell und mit den entsprechenden rechtlichen Befugnissen. Europol soll weiter eine Zentralstellenfunktion einnehmen, vor allem mit Blick auf das Informationsmanagement. Aber dazu braucht es diesen seltsamen Antrag nicht.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der AfD)
Vielen Dank. – Als nächster Redner erhält das Wort der Kollege Christian Petry, SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7356170 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 102 |
Tagesordnungspunkt | Europol |