17.05.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 102 / Tagesordnungspunkt 29

Christian PetrySPD - EU-Budget

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist gut und schön, dass wir heute mehrere Anträge zum Thema Europa haben. Dass dies so geballt der Fall ist, hat natürlich auch mit dem Wahltermin zu tun.

Der sehr entlarvende Antrag der AfD – er ist bewusst so eingebracht worden – heißt: „EU-Budget zum Wohle Europas kürzen“. Das ist aber ein falscher Titel. Eigentlich muss es heißen: Die EU abschaffen. – Nichts anderes ist hier gewollt. Wenn ich mir anschaue, wofür Sie kein Geld mehr geben wollen – das ist eine lange Liste; da ist so ziemlich alles aufgeführt –, dann fällt mir fast nichts mehr ein, wofür Sie überhaupt noch Geld ausgeben wollen. Sie sind die wirkliche europafeindliche Partei in diesem Parlament, und das sollen die Mitbürgerinnen und Mitbürger auch wissen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Dr. Alice Weidel [AfD]: Jawohl! – Dr. Alexander Gauland [AfD]: Sie sagen es ja laut genug!)

Aber es reicht ja nicht, europafeindlich zu sein – um Gottes willen; das gilt bei Ihnen ja als schick. Nein, Sie säen auch Hass und Unfrieden.

(Dr. Alice Weidel [AfD]: Hass! – Jürgen Braun [AfD]: Hetze! – Dr. Alice Weidel [AfD]: Hetze!)

Das haben Sie in Ihrem Antrag mit aufgeführt.

(Dr. Alice Weidel [AfD]: Faschismus!)

Sie behaupten, es gäbe Konflikte und Unfrieden durch die EU. Nein, durch Ihre Handlungsweisen wollen Sie dies provozieren. Das wird Ihnen natürlich nicht gelingen. Sie unterstellen den Staaten Ost- und Südeuropas pauschal, dass sie Korruptionsprogramme haben. Das machen Sie einfach so; da gehen Sie über alles hinweg. Sie sind nicht einmal halbwegs in der Lage, einen Ansatz für europäische Politik zu finden. Das ist wirklich sehr bedauerlich.

(Dr. Alice Weidel [AfD]: Oh!)

Bei weiteren Ansätzen in Ihrem Antrag – zum Beispiel wollen Sie die Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik nicht mehr finanzieren bzw. abschaffen und Außen- und Sicherheitspolitik nur noch national betreiben – widersprechen Sie sich selber. Sie wollen Frontex nicht, wenn ich das richtig lese; sonst würden Sie die Mittel dafür nicht streichen wollen. Wie wollen Sie das, was Sie immer behaupten tun zu wollen, nämlich die Außengrenzen sichern, denn dann tun? Mit deutschen Beamten, deutscher Polizei unter deutscher Hoheit an den EU-Außengrenzen? Was stellen Sie sich überhaupt vor? Welcher Irrwitz treibt Sie denn? Was wollen Sie uns hier erzählen? Das ist mehr als blamabel.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Johannes Schraps [SPD]: Ganz genau! Das muss auch mal so deutlich gesagt werden!)

Die Nummer mit der Wiedervereinigung und der D-Mark eben war neu. Das habe ich noch nie gehört; aber es gibt ja immer wieder neue Revolvergeschichten. Und dass das die Franzosen waren, ist ganz interessant. Ich bin gespannt, was daraus wird. Das ist wirklich eine neue These gewesen; die kennen wir alle noch nicht. Sie wird bestimmt noch ausgebaut werden. Davon werden wir bestimmt noch ein paarmal hören. Es ist hochspannend, was Ihnen da immer wieder einfällt. Interessant ist auch, dass Sie sich in der Singularität verloren haben; das kenne ich aus „Raumschiff Enterprise“. Das ist auch nicht ganz einfach. Die AfD ist also tatsächlich nicht mehr von dieser Welt.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Herr Kollege, erlauben Sie eine Zwischenfrage oder -bemerkung von Frau Malsack-Winkemann?

Nein.

(Zuruf von der SPD: Genug gelacht!)

Eine Aufgabenkritik ist natürlich notwendig, die Aufgabenerledigung und -kontrolle ebenso. Wir wollen daher eine Stärkung der Säule der sozialen Rechte und eine stärkere Finanzierung. Wir wollen Bildung und Forschung selbstverständlich auf hohem Niveau finanzieren. Wir wollen Sicherheit, und deshalb wollen wir Frontex ausbauen. Wir haben natürlich klassische Aufgaben. Den Kapitalmarkt und die Bankenunion im Auge zu behalten, ist ganz wichtig für die Wirtschaftskreisläufe. Auch die Investitionsprogramme für Beschäftigung und Wachstum sind uns wichtig.

All dies sind Dinge, die wir über die Europäische Union finanzieren wollen; das steht in unserem Programm. Das ist im mehrjährigen Finanzrahmen abzubilden. Wir werden eine Diskussion darüber führen, wie viel Geld man dafür braucht. Die FDP hat schon gesagt, dass sie nicht mehr geben will, stellt aber immer wieder neue Forderungen auf. Das ist Bestandteil des Programms. Wir werden diese Diskussion nach der Europawahl führen, und dann brauchen wir ein ausreichend großes Budget. Im Koalitionsvertrag haben wir festgelegt, dass Deutschland zu einem höheren Beitrag bereit ist.

(Beifall des Abg. Metin Hakverdi [SPD])

Die Eigenmitteldebatte werden wir auch führen; denn es ist vollkommen klar: Wir brauchen Europa; denn wer glaubt, dass Deutschland die Antwort auf die Globalisierung, die Digitalisierung und auf die Anforderungen des Umweltschutzes oder des Grenzschutzes und der Sicherheit national geben kann, der hat wirklich keine Ahnung, wie die Welt funktioniert.

(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Philipp Amthor [CDU/CSU])

Wir brauchen ein starkes Europa. Wir brauchen ein friedliches Europa. Wir wollen ein offenes Europa. Was wir nicht brauchen, sind solche irrwitzigen Anträge der AfD.

Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. Glück auf!

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Vielen Dank, Christian Petry. – Das Wort zu einer Kurzintervention hat Frau Dr. Malsack-Winkemann.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7356240
Wahlperiode 19
Sitzung 102
Tagesordnungspunkt EU-Budget
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