Kai GehringDIE GRÜNEN - Aktuelle Stunde zu Maßnahmen gegen Homo- und Transfeindlichkeit
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Höchst, Sie haben wirklich eindrücklich bewiesen, warum Sie im Kuratorium der Bundesstiftung Magnus Hirschfeld nichts, aber auch gar nichts verloren haben mit Ihrem Hass.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und der LINKEN)
Die AfD ist der parlamentarische Arm der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit,
(Nicole Höchst [AfD]: Erzählen Sie das mal den Wählern!)
und deshalb werden wir Sie auch bekämpfen. Sie verachten und fürchten Vielfalt.
(Lachen der Abg. Nicole Höchst [AfD] – Nicole Höchst [AfD]: Das ist so lächerlich!)
Wir von Bündnis 90/Die Grünen sind verliebt in Vielfalt.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Frau von Storch – wo ist sie? –,
(Cornelia Möhring [DIE LINKE]: Die ist schon nach Hause!)
Ihre extrem selektive Wahrnehmung von Homosexuellenverfolgung spricht auch für sich. Warum haben Sie Russland nicht erwähnt,
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Zuruf: Polen, Ungarn! – Nicole Höchst [AfD]: Deutschland!)
Tschetschenien, Jamaika, Zentralafrikanische Republik, Botswana und all die anderen Länder? Homosexualität darf nirgendwo verfolgt und kriminalisiert werden,
(Nicole Höchst [AfD]: Genau!)
sondern die Würde des Menschen muss unantastbar sein – überall auf diesem Globus.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Nicole Höchst [AfD]: Auch in Deutschland!)
– Auch in Deutschland, selbstverständlich. Dazu haben Sie ja gar nichts gesagt.
(Nicole Höchst [AfD]: Dazu hat meine Vorrednerin gesprochen!)
Was sagen Sie denn zu der Zahl, dass 82 Prozent der lesbischen, schwulen und bisexuellen Jugendlichen und 96 Prozent der transsexuellen Jugendlichen massive Diskriminierungserfahrungen machen?
(Nicole Höchst [AfD]: Von wem denn? Reden Sie doch einmal dazu!)
Dazu haben Sie kein Wort gesagt. Im Ergebnis ist das Suizidrisiko homosexueller Jugendlicher gegenüber heterosexuellen Altersgenossen vier- bis sechsmal so hoch, also signifikant höher. Dieser brutale Befund muss uns doch alle alarmieren und zum Handeln anregen. Was würden wir denken und fühlen, wenn das unseren Kindern passieren würde?
(Nicole Höchst [AfD]: Sie kriegen doch keine! – Gegenruf des Abg. Sven Lehmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt reicht es aber langsam! Unverschämt! Das ist genau der Grund, warum wir diskutieren, Sie Menschenfeind!)
Feindlichkeit gegenüber Lesben, Schwulen, trans- und intersexuellen Menschen ist kein abstraktes Phänomen. Das ist kein ideologischer Kampfbegriff, sie hat ein Gesicht.
(Zuruf der Abg. Nicole Höchst [AfD])
Übrigens: Als ich vor 23 Jahren mein Coming-out hatte, habe ich unheimlich viele positive Erfahrungen gesammelt. Aber es waren so rechtsextrem gesinnte Leute wie Sie, die mir das Leben damals durchaus schwer gemacht haben. Und deshalb: Hören Sie damit auf, dieses Klima in der Gesellschaft weiter anzuheizen. Homosexuellenfeindlichkeit hat ein Gesicht, auch das Ihre.
(Fabian Jacobi [AfD]: Warum darf dieser Linksextreme hier so rumpöbeln?)
– Ich mache einfach weiter.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN)
Es ist wichtig – und das beweisen Sie einmal mehr –, dass wir eine Taskforce gegen Homo- und Transphobie in unserem Land brauchen.
(Nicole Höchst [AfD]: Fangen Sie bei sich mal an!)
Ich fordere die Jugendministerin und die Bildungsministerin auf, endlich einen nationalen Aktionsplan auf den Weg zu bringen, angefangen mit Bildungsplänen.
(Nicole Höchst [AfD]: Genau, schließen Sie die Grenze!)
– Dann können Sie Nachhilfe nehmen, um zu merken, was Vielfalt alles Tolles bringt.
(Nicole Höchst [AfD]: Warum meinen Sie, dass ich die brauche? – Gegenruf der Abg. Dr. Petra Sitte [DIE LINKE]: Weil Sie genau so reden!)
Dann fühlen Sie sich nicht weiter bedroht. Ich merke, dass Sie sich von gesellschaftlicher Vielfalt sehr bedroht fühlen.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der CDU/CSU und der SPD – Nicole Höchst [AfD]: Schließen Sie nicht von sich auf andere!)
Die in den vergangenen 30 Jahren aufgebauten Gedenk- und Erinnerungsorte für die homosexuelle Verfolgungs- und Emanzipationsgeschichte wurden in den vergangenen Jahren wiederholt geschändet, und das ist extrem erbärmlich. Auch dazu haben Sie kein Wort verloren. Zuletzt wurden im Oktober 2018 die beiden Gedenktafeln am Magnus-Hirschfeld-Ufer beschädigt, die an die erste homosexuelle Emanzipationsbewegung erinnern. Die Augen von Anita Augspurg und Karl Heinrich Ulrichs wurden ausgekratzt. Die gleichen Beschädigungen fanden im Sommer 2017 statt.
(Nicole Höchst [AfD]: Wahrscheinlich schieben Sie mir das jetzt auch noch in die Schuhe! – Gegenruf des Abg. Stefan Schwartze [SPD]: Wer sich angesprochen fühlt!)
Auch das Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten und verfolgten Homosexuellen im Berliner Tiergarten wurde schon mehrfach beschädigt. Bislang konnten keine Täter ermittelt werden. Auch das muss uns alle im Bundestag, im Herzen unserer Demokratie, empören und zum Handeln auffordern.
Wenn „nie wieder“ ernst genommen werden soll, dann darf nie wieder ein Gedenkort für die homosexuelle Verfolgungsgeschichte angegriffen werden.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP und der LINKEN – Sönke Rix [SPD]: Da klatscht die AfD natürlich nicht!)
Ein solcher Angriff ist nämlich nicht nur ein Angriff auf Lesben und Schwule, es ist ein Angriff auf all diejenigen, für die die zwölf entsetzlichen Jahre des Nationalsozialismus eine Lehre, eine Mahnung und ein politischer Imperativ sind. Daher müssen wir nicht nur am heutigen Tag, dem Internationalen Tag gegen Homophobie, Biphobie und Transfeindlichkeit, alle gemeinsam nach Wegen suchen, wie die Ausbrüche gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit bekämpft werden können; selbstverständlich auch hier im Parlament.
(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN – Nicole Höchst [AfD]: Ja, schließen Sie die Grenzen! Machen Sie sich mal ehrlich! – Cornelia Möhring [DIE LINKE]: Hat einer Ritalin oder so?)
Obwohl wir den Kampf um Akzeptanz und gleiche Rechte nicht kurzfristig gewinnen können, müssen wir zumindest für unsere Kinder entschlossen daran arbeiten,
(Nicole Höchst [AfD]: Da wünsche ich Ihnen viel Glück!)
damit sie alle unabhängig von sexueller Orientierung oder Geschlechtsidentität gut und gerne, das heißt selbstbestimmt und angstfrei in Deutschland leben können, damit sie in einem Land leben, das aus den schrecklichsten Kapiteln seiner Geschichte Lehren gezogen hat. Nie wieder Feindlichkeit gegenüber Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Trans- und Intergeschlechtlichen, das sollten gerade Sie sich endlich einmal hinter die Ohren schreiben.
Vielen Dank.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der CDU/CSU, der SPD und der LINKEN – Nicole Höchst [AfD]: Sind wir die, die nach mehr Masseneinwanderung schreien aus den Ländern, wo die Verfolgung stattfindet?)
Melanie Bernstein, CDU/CSU, ist die nächste Rednerin.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7356302 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 102 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde zu Maßnahmen gegen Homo- und Transfeindlichkeit |