05.06.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 103 / Zusatzpunkt 1

Lorenz BeutinDIE LINKE - Aktuelle Stunde zu konkreten Maßnahmen für den Klimaschutz

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Es ist ja nun ein offenes Geheimnis, dass linke Klimapolitik in Differenz steht zur Politik dieser Bundesregierung, zum Versagen der Bundesregierung bei der Klimapolitik. Heute Morgen war ich im Wirtschaftsausschuss und war ganz ehrlich etwas darüber erstaunt, wie weit der Realitätsverlust da gediehen ist. Selbstverständlich habe ich auch dort wieder die Klimapolitik der Bundesregierung kritisiert. Was kam als Reaktion darauf? Als Reaktion kam – ich zitiere –: Wir sind auf dem richtigen Weg. – Das heißt, es wird gesagt: Der richtige Weg ist vielleicht der Weg in den Abgrund, der richtige Weg ist zehn Jahre Stillstand bei der Klimapolitik,

(Andreas G. Lämmel [CDU/CSU]: Quatsch!)

der richtige Weg ist das Verfehlen der Klimaziele 2020 oder 2030.

Wir sehen eine Bundeskanzlerin Merkel, die beim Klimaschutzgesetz bremst, die die Bundesumweltministerin und ein durchaus ambitioniertes Klimaschutzgesetz ausbremst. Das ist nicht der richtige Weg. Das ist der falsche Weg.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Dann haben wir uns angeschaut, was die Regierungssprecherin nach der Europawahl zu den Vorschlägen im Bereich der Klimapolitik gesagt hat. Schauen Sie sich das einmal an. Lassen Sie sich das, was dort gesagt wurde, auf der Zunge zergehen. Ich zitiere: Es wird gar nicht zwingend notwendig sein, vonseiten der Politik Vorschriften zu machen, sondern es wird wahrscheinlich schon ein verändertes Verhalten der Bevölkerung bei Mobilität und Ernährung vielleicht dazu führen, dass wir die Klimaschutzziele erreichen. – Das ist eine Frechheit, was Sie hier präsentieren;

(Beifall bei der LINKEN)

denn Sie verlagern Ihr Versagen in diesem Bereich auf den Rücken der Bevölkerung. Es geht hier nicht um individuelles Konsumverhalten. Es geht nicht an, dass hier auf ganzer Linie versagt und dann gesagt wird: Die Bevölkerung soll es richten, weil wir es nicht auf die Reihe bekommen.

(Beifall bei der LINKEN)

Nein, wir müssen uns doch anschauen, was die Problematik ist. Die Problematik ist, dass 100 Konzerne weltweit verantwortlich sind für über 70 Prozent der CO 2 -Emissionen. Das heißt, es wird überhaupt keine Chance geben, echten Klimaschutz zu machen, wenn wir nicht den Mut haben, uns mit diesen Konzernen anzulegen, die vom Klimawandel profitieren.

(Beifall bei der LINKEN sowie der Abg. Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das ist jetzt keine Leerformel, sondern das ist ganz konkret. Das kann man ganz konkret für alle Bereiche diskutieren.

Zum Kohleausstieg. Der Kohleausstieg funktioniert doch nicht, wenn wir uns mit der Kohle-Lobby nicht anlegen. Er funktioniert doch nicht, wenn wir uns mit den Energiekonzernen nicht anlegen, und er funktioniert schon gar nicht , wenn wir sagen: Okay, dann müssen wir die Kohlekonzerne für die entgangenen Gewinne entschädigen. – Das ist doch der falsche Weg; das haben wir doch gesehen. Wir müssen die Strompreise bezahlbar machen. Wir müssen die Energiewende sozial gerecht machen. Wir müssen Akzeptanz fördern, aber nicht Konzerne für entgangene Gewinne entschädigen.

(Beifall bei der LINKEN – Dr. Dirk Spaniel [AfD]: Das ist alles eine Märchenstunde!)

Für die Verkehrswende bedeutet das – das können wir aus dem Dieselskandal lernen –: Es funktioniert nicht, ohne dass wir uns mit den Autokonzernen anlegen, ohne dass wir uns mit Daimler, BMW, VW und mit anderen anlegen. Und auf der anderen Seite müssen wir doch sagen: Es funktioniert nur, wenn wir den Individualverkehr reduzieren, wenn wir dafür sorgen, dass die Städte nicht mehr mit Autos verstopft sind.

(Dr. Dirk Spaniel [AfD]: Genau! Wenn wir Autos verbieten!)

Es funktioniert doch nur, wenn wir den öffentlichen Nahverkehr massiv ausbauen

(Beifall bei der LINKEN)

und wenn wir eine Bahn haben, die eine Bahn für alle ist, die günstig und attraktiv und keine Aktiengesellschaft ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Das brauchen wir.

Kommen wir zum Bereich der Landwirtschaft; da haben wir es neulich auf EU-Ebene bei den Verhandlungen über die GAP gesehen. Es wird nicht funktionieren, ohne dass wir sagen: Mit dieser Form der Agrarindustrie – mit diesen mächtigen Agrarkonzernen, mit Fleischfabriken – wird es nicht funktionieren. Wir müssen eine nachhaltige Landwirtschaft fördern, und wir müssen aus dieser überbordenden Fleischherstellung rauskommen.

Last, but not least. Es funktioniert auch nur, wenn wir über den nationalen Tellerrand hinausgucken, wenn wir begreifen, dass es nur mit einer globalen Politik geht, dass es nicht funktioniert mit einer unfairen Handelspolitik, dass es nicht funktioniert mit der Ausbeutung der Ressourcen der Länder des globalen Südens. Eine Energiewende muss auch global eine gerechte Energiewende sein, eine gerechte Klimapolitik.

(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Stattdessen erleben wir eine Regierung – ich muss es leider so bitter sagen –, die die Energiewende momentan an die großen Energiekonzerne verscherbelt. Wir brauchen das Gegenteil: Wir müssen Akzeptanz stärken, indem wir Bürgerenergie fördern, indem wir Genossenschaften fördern, indem wir Kommunen fördern.

(Dr. Dirk Spaniel [AfD]: Wir brauchen mehr Bildung, vor allen Dingen hier!)

Wir brauchen eine vollkommen andere Energiepolitik der vielen. Wir brauchen eine demokratische Energiewende.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN

Vielen Dank. – Nächster Redner ist für die Fraktion der CDU/CSU der Kollege Carsten Müller.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7361172
Wahlperiode 19
Sitzung 103
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde zu konkreten Maßnahmen für den Klimaschutz
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