06.06.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 104 / Zusatzpunkt 4

Jens KestnerAfD - Bundeswehreinsatz in Kosovo (KFOR)

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Sehr geehrter Herr Präsident! Kollegen! Besucher auf den Tribünen! Zuschauer und Kameraden vor den Bildschirmen! Heute steht erneut die Fortsetzung der Beteiligung an der internationalen Sicherheitspräsenz im Kosovo, kurz KFOR, auf der Tagesordnung. Wir wissen aber alle, dass der damalige Kosovo-Krieg mit einer Lüge begann. Ein souveräner Staat Serbien bekämpfte Terroristen auf seinem Staatsgebiet. Es kam erstmals zu bewaffneten Angriffen auf serbische Polizisten im Kosovo. Die Kosovo-Befreiungsarmee, die sich selbst UCK nannte und deren Mitglieder serbische Polizisten töteten und anschließend in die Wälder flüchteten, war geboren. Es waren klassische terroristische Hit-and-Run-Aktionen.

Die USA setzten die UCK zunächst auf die Liste der internationalen terroristischen Organisationen, was nachvollziehbar war und auch heute noch nachvollziehbar ist. Dann kam der plötzliche Sinneswandel. Durch die USA wurden in Albanien Trainingslager für Kämpfer der UCK gegründet und ausgerüstet, und sie wurden unterstützt. Ende März 1999 begannen die Luftangriffe der NATO mit deutscher Beteiligung auf die Bundesrepublik Jugoslawien, also auf Serbien und Montenegro, die bis Anfang Juni 1999 andauerten. Die NATO koordinierte und plante ihre Aktionen im Kriegsgebiet mit der UCK. Man zwang die eben schon angesprochenen serbischen Streitkräfte zum Rückzug. 200 000 Serben flüchteten aus der Provinz. Kurze Zeit später rückten die Alliiertenverbände mit deutscher Beteiligung in das Kosovo ein. Der deutsche KFOR-Einsatz hatte begonnen. Alles Weitere ist Geschichte.

In der Gewissheit, dass eine weitere Unterstützung gewährleistet wird, agieren die Verantwortlichen in Pristina immer frecher und immer hemmungsloser.

Herr Kestner, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Lambsdorff?

Ja, bitte.

Sie haben jetzt einen historischen Abriss der Ereignisse zwischen Serbien und dem Kosovo aus den entscheidenden Jahren gegeben und die USA und ihre Politik angeführt, die die UCK zunächst in der Tat sehr kritisch gesehen haben. Aber Sie haben völlig unterschlagen, dass auch die USA mit Blick auf die Entwicklung selbstverständlich gesehen haben, dass dort ein versuchter Genozid unterwegs war. Madeleine Albright sprach von „acts of genocide“, also Handlungen, die genozidalen Charakter trugen. Das haben Sie völlig ausgelassen. Sie haben so getan, als ob sich die westliche Politik dem Land gegenüber völlig unvermittelt geändert hat. Wären Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass es in Ihrer Schilderung eine Auslassung gibt?

(Peter Beyer [CDU/CSU]: Sehr gut! – Zuruf des Abg. Dr. Alexander S. Neu [DIE LINKE])

Herr Lambsdorff, nein, das wäre ich nicht. Als Allererstes: Ich erinnere an den sogenannten Hufeisenplan und das Einpferchen von Menschen in einem Stadion. Glauben Sie mir, ich war 1999 dort; ich weiß, was passiert ist. Dafür brauche ich keine Madeleine Albright oder irgendein Stück Papier. Ich weiß, was passiert ist. Ich weiß, wer wem was angetan hat, und ich weiß, was sich die Ethnien untereinander angetan haben. Ich weiß auch, was in diesem Land immer noch vorherrscht; denn ich war dort, Herr Lambsdorff. – Danke schön.

(Beifall bei der AfD – Jürgen Hardt [CDU/CSU]: Wie kommen Sie dann zu diesem komischen Ergebnis?)

Im Jahr 2008 erklärte das Kosovo einseitig seine Unabhängigkeit. Belgrad erkannte diese nicht an. Die USA unterstützten dieses Vorgehen, und die NATO erklärte lediglich, dass man den Zeitpunkt für unglücklich hält. Die Kosovo-Sicherheitskräfte wurden einseitig in ein leicht bewaffnetes Heer umgewandelt. Die Abstimmung dazu im kosovarischen Parlament wurde von Abgeordneten der serbischen Minderheit boykottiert. Was machte Berlin? Was machte unsere Regierung? Sie sah diesem Treiben damals tatenlos zu und tut es auch heute noch. Die netten Worte, die der Herr Außenminister hier eben gesagt hat, bestätigen das wieder.

Dass sich Serbien durch diese Entwicklung bedroht fühlt, muss ich, glaube ich, nicht weiter ausführen. Das würde jedes andere Land auch, wenn auf einmal in einer Provinz, die faktisch immer noch zum Mutterland gehört, eine Armee aufgestellt wird.

Aktuell – auch Sie haben es eben angesprochen – überschlagen sich die Ereignisse im Kosovo erneut. Kosovarische Polizeieinheiten dringen in den serbisch bewohnten Norden ein, angeblich um Straftäter und Verbrecher dingfest zu machen. All das, was wir erleben, sind keine vertrauensbildenden Maßnahmen, um die alten Wunden zu heilen, die der Krieg im Kosovo geschlagen hat. Wenn die Polizei Kriminelle und Verbrecher dingfest machen will, dann sollte sie bitte in ihren Reihen im Kosovo selbst beginnen. Die sogenannte Staatsführung im Kosovo besteht in weiten Teilen aus Kriegsverbrechern und gewöhnlichen Kriminellen. Das dürfen wir nicht vergessen. Wenn wir dort mit Leuten verhandeln, dann verhandeln wir mit Kriegsverbrechern und einfachen gedungenen Kriminellen.

(Beifall bei der AfD)

Deutsche Soldaten waren maßgeblich daran beteiligt, Stabilität in diesen Abschnitt des Balkans zu bringen. Daher sollte man erwarten können, dass sich die deutsche Regierung mit ihren Interessen durchsetzt, sodass diese Personen einer gerechten Strafe zugeführt werden. Der einzige wirkliche Exportschlager, der uns auch hier in Deutschland erreicht, ist eine brutale organisierte Kriminalität, kurz Mafia, wie wir sie alle kennen.

(Beifall bei der AfD)

Es sollte doch das Ziel sein, geordnete politische Strukturen im Kosovo zu erreichen. Die deutschen Soldaten waren doch nicht im Kosovo, um solche Strukturen, wie es sie aktuell gibt, zu unterstützen. Räumlich hat man die Ethnien mit militärischer Stärke getrennt, immer in der Hoffnung, dass die Politik Lösungen findet. Wir haben das Kosovo befriedet und eine Ausgangssituation geschaffen, von der man dachte, sie sei zielführend und führe zu Ergebnissen. Wir haben uns getäuscht.

Jetzt ist es an der Zeit, von den Verantwortlichen vor Ort endlich Verantwortung einzufordern. Wir sind aktuell mit 70 Soldaten in Pristina vor Ort, um Kräfte zu unterstützen, denen es nicht um Ausgleich und Verständigung geht. Wir als AfD-Fraktion haben klargemacht, dass es mit uns keinen unendlichen KFOR-Einsatz geben wird. Wir sind am Ende angelangt und sollten diesen Einsatz nicht weiter verlängern. Wir als Deutsche haben unseren Auftrag erfüllt. Nun sollten die Verantwortlichen vor Ort zeigen, wie wichtig es ihnen ist und war, dass wir Deutsche uns dort eingebracht haben. Wir lehnen eine Verlängerung dieses Einsatzes ab.

Ich bedanke mich.

(Beifall bei der AfD)

Vielen Dank. – Nächster Redner in der Debatte ist für die Bundesregierung der Parlamentarische Staatssekretär Thomas Silberhorn.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7361433
Wahlperiode 19
Sitzung 104
Tagesordnungspunkt Bundeswehreinsatz in Kosovo (KFOR)
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