Markus HerbrandFDP - Rentenbesteuerung
Herr Präsident! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Rentenbesteuerung vereinfachen und Doppelbesteuerung vermeiden bzw. abschaffen – so lauten die Titel der eingebrachten Anträge. Diese Anliegen unterstützen auch wir im Grundsatz. Denn das eine, die Vereinfachung, haben wir eigentlich schon selber gefordert und Vorlagen dazu eingebracht. Da haben Sie also abgeschrieben. Das andere, die Doppelbesteuerung zu vermeiden bzw. abzuschaffen, entspricht dem Auftrag des Bundesverfassungsgerichts aus seinem Urteil zur Ungleichbehandlung von gesetzlichen Renten und Pensionen. Das Gericht hat darin ganz deutlich zum Ausdruck gebracht, dass der Gesetzgeber bei seiner Neuausgestaltung der Besteuerungsregeln sicherzustellen hat, dass eine Doppelbesteuerung vermieden wird.
Darüber, ob es überhaupt zu einer Doppelbesteuerung kommt und welche gesetzgeberischen Folgen das haben muss, muss eine Debatte geführt werden.
(Beifall bei der FDP)
Bislang jedenfalls sind die Finanzgerichte in allen Urteilen und auch der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages immer zu dem Ergebnis gelangt, dass eine verfassungswidrige Doppelbesteuerung nicht vorliegt.
(Sebastian Brehm [CDU/CSU]: Ausschließlich!)
Im Kern – das wurde schon gesagt – geht es darum, dass im Rahmen einer Übergangsregelung über mehrere Jahrzehnte die Besteuerung der Renten auf der einen Seite schneller greift als die Freistellung der Vorsorgeaufwendungen von der Steuer auf der anderen Seite. Dies zu ermitteln, bedarf der Kenntnis ganz vieler Faktoren wie beispielsweise der Erwerbsbiografie, des Familienstandes, der abzugsfähigen Vorsorgeaufwendungen, der unterschiedlichsten Höchstbetragsberechnungen in all den Jahren. Außerdem benötigen wir genaues und komplexes Wissen darüber, wie sich diese Faktoren im Laufe des gesamten Besteuerungszeitraums bei immer wieder veränderten Gesetzen in der Vergangenheit auf die Besteuerung auswirken. Das, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist in der Tat steuerpolitisches Hochreck – und wer hoch turnt, der kann auch mal tief fallen.
Die Kolleginnen und Kollegen der Linken schlagen vor, den Grundfreibetrag und das Rentenniveau anzuheben. Darüber kann man streiten, ist aber hier aus meiner Sicht völlig sachfremd. Beides hat überhaupt nichts mit der zur Debatte stehenden Frage der Versteuerung zu tun.
(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Aber mit Rentenpolitik!)
Das ist Sozialpolitik mit der Gießkanne, wie von der Linken gewohnt.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Im Übrigen vermittelt der Antrag – ich unterstelle sogar: bewusst – falsche Eindrücke.
(Zuruf des Abg. Harald Weinberg [DIE LINKE])
Sie wollen glauben machen, dass die Erhöhung der Anzahl steuererklärungspflichtiger Rentner in den letzten Jahren ausschließlich mit der Änderung der Versteuerung zu tun hat. Dabei ist die Ursache eher der automatische Informationsaustausch, den es erst seit einigen Jahren zwischen den Rentenversicherungsträgern und der Finanzbehörde gibt.
Außerdem suggerieren Sie, dass alle Rentner Einkommensteuer zahlen. Richtig ist aber, dass Rentner in den meisten Fällen erst dann Einkommensteuer zahlen, wenn neben der Rente noch weitere Einkünfte bezogen werden.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Auch Sie müssten eigentlich wissen, dass in Deutschland nicht nach Alter oder Status besteuert wird, sondern ausschließlich nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.
(Beifall bei der FDP)
Davon darf man auch Rentner nicht ausnehmen.
(Zuruf des Abg. Udo Theodor Hemmelgarn [AfD])
Der Ansatz der AfD, der, wie in der Begründung des Antrags beschrieben, eine pauschale zeitliche Streckung der Übergangsphase auf der Auszahlungsseite vorsieht, ist in der Tat eine von mehreren in der Fachwelt debattierten Optionen. Es gibt aber auch noch andere Vorschläge. Wir werden allen Lösungsansätzen mit der gebotenen Ernsthaftigkeit nachgehen.
Um der Komplexität des Themas angemessen nachzukommen, benötigen wir intensive Beratungen im Finanzausschuss, sonst laufen wir wie bei der Erbschaftsteuer, bei der Grundsteuer und jetzt offenbar auch beim Solidaritätszuschlag sehenden Auges in die Verfassungswidrigkeit hinein. Das wird die FDP zu verhindern wissen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der FDP)
Vielen Dank, Herr Kollege Herbrand. – Als nächster Redner hat das Wort der Kollege Markus Kurth, Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7362112 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 104 |
Tagesordnungspunkt | Rentenbesteuerung |