06.06.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 104 / Tagesordnungspunkt 13

Lorenz BeutinDIE LINKE - Umweltschutz - EEG

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Zuschauerinnen und Zuschauer! Ich könnte es mir jetzt einfach machen und zum Antrag der AfD sagen: Das sind ja Fake News. – Ja, das stimmt. Das sind Fake News. Aber manchmal muss man Fake News auch gezielt dekonstruieren und sie auseinandernehmen, und das will ich in fünf Punkten machen.

(Beifall bei der LINKEN und der SPD)

Erstens. Sie behaupten in Ihrem Antrag, der Erfolg des Ausbaus der erneuerbaren Energien sei nicht messbar und es sei kein einziges Kraftwerk eingespart worden. Das stimmt nachweislich nicht. Wir haben von 1990 bis 2018 einen Rückgang der CO 2 -Emissionen in Deutschland um 30 Prozent.

Zweitens. Wir haben bei den Braunkohle- und den Steinkohlekraftwerken einen Rückgang auf 18,9 bzw. 23,7 Gigawatt. Das, was hier passiert, ist viel zu wenig. Aber man kann nicht sagen, dass das Erneuerbare-Energien-Gesetz nicht funktioniert. Das ist eine Lüge; so einfach ist das.

(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Drittens. Sie behaupten, wir hätten in Deutschland ein instabiles Stromsystem. Auch das stimmt nicht. Da muss man sich einfach nur mal die Statistiken der Bundesnetzagentur anschauen. Wir haben eines der sichersten Stromsysteme weltweit, und mit dem Zubau der erneuerbaren Energien ist die Stromnetzsicherheit sogar noch angewachsen.

(Klaus-Peter Willsch [CDU/CSU]: So ein Quatsch!)

Ich muss einfach nur sagen: Ich glaube, Sie sind in der Zeit stecken geblieben. Denn Anfang der 90er-Jahre hatten wir eine Kampagne von Stromkonzernen, die uns erzählen wollten, dass, wenn wir auf über 4 Prozent erneuerbare Energien im Netz kommen würden, in Deutschland die Lichter ausgehen würden. Wir haben jetzt über etwa 40 Prozent erneuerbare Energien im Netz. Und wenn ich hier hinschaue, sehe ich: Kein einziges Licht ist ausgegangen – dank der erneuerbaren Energien.

(Timon Gremmels [SPD], auf die rechte Seite des Hauses zeigend: Doch! Da sind die ganzen Lichter ausgegangen!)

Erlauben Sie eine Frage oder Bemerkung von Herrn Hilse?

Nein. – Sie beschwören hier die Gefahr der Energiearmut. Das ist sehr richtig, weil Stromsperren ein Problem sind und weil zu hohe Strompreise ein Problem sind. Aber Ihre Antworten darauf sind antisozial. Sie wollen nämlich Hartz IV abschaffen und durch Zwangsarbeit ersetzen.

(Sebastian Münzenmaier [AfD]: Ich will Sie abschaffen! Das ist mir wichtig!)

Sie wollen die Erbschaftsteuer abschaffen. Sie wollen keine Vermögensteuer einführen. – Er will mich abschaffen, hat er gerade gesagt. Genau. Das ist nämlich das, was wir hier nicht im Parlament brauchen: diesen Hass. Er will mich abschaffen. Das will Herr Hilse. So sieht es nämlich aus.

(Karsten Hilse [AfD]: Was? – Stephan Protschka [AfD]: Das war nicht Herr Hilse, aber egal!)

Deswegen sage ich ganz klar: Die AfD ist keine Alternative.

Viertens. Die Windräder sind eine Gefahr für Leib und Leben; auch das war eine These. Auch das stimmt nicht. Ich komme aus Schleswig-Holstein. Ich sehe es doch da. Ich habe schon mal gesehen, wie ein Windrad gebrannt hat. Das höchste der Gefühle, was passiert ist, ist, dass der Acker abgesperrt werden musste. Haben Sie das mal mit den Super-GAUs verglichen, beispielsweise in Tschernobyl oder Fukushima? Wenn ein Windrad abbrennt, ist das etwas ganz anderes als ein Super-GAU eines Atomkraftwerks.

(Sandra Weeser [FDP]: Und wenn es im Wald steht?)

Last, but not least und fünftens: Ihre Sprache ist verräterisch. Sie ist deshalb verräterisch, weil sie biologisiert, weil Sie vom EEG als Fremdkörper sprechen. Da bildet sich die Blut-und-Boden-Ideologie nach, die wir auch bei den Nazis schon erleben mussten.

(Klaus-Peter Willsch [CDU/CSU]: Oh Gott!)

Gestern haben wir hier im Hohen Hause wieder den Slogan vonseiten der AfD gehört: Umweltschutz ist Heimatschutz. Ich habe das mal nachgeschlagen, und das sollten Sie vielleicht auch machen. Das ist eine Parole der NPD. Das ist eine Parole, die es schon in den 90er-Jahren gab. Das ist eine neonazistische Parole, die Sie hier im Hohen Haus äußern.

(Dr. Roland Hartwig [AfD]: Was für ein Unfug!)

Wenn Sie jetzt zu mir sagen, Sie wollen mich abschaffen, dann erinnere ich Sie einfach daran: Walter Lübcke, CDU-Mitglied und Regierungspräsident in Kassel, ist erschossen worden. Walter Lübcke hat sich für Menschlichkeit eingesetzt und sich gegen Rassismus starkgemacht. Er hat Hetze erfahren. Er hat diese Hetze erfahren, nachdem er tot war. Es hat im Netz Rufe gegeben, es sei gut so, dass er tot ist. Genau das ist Ihre Ideologie.

(Beifall der Abg. Ulli Nissen [SPD] und Sylvia Kotting-Uhl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Sie sagen, Sie wollen mich abschaffen. Dieser Ideologie stellen wir uns entgegen. Wir verteidigen hier die Demokratie. Wir verteidigen Solidarität und Zusammenhalt, und wir wollen hier keine Mordfantasien – auch von Ihnen nicht.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Lorenz Gösta Beutin. – Das Wort zu einer Kurzintervention hat der Kollege Hilse von der AfD.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7362143
Wahlperiode 19
Sitzung 104
Tagesordnungspunkt Umweltschutz - EEG
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