Bernhard DaldrupSPD - Grundsteuerreform
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Minister hat das Modell bzw. den Gesetzentwurf vorgestellt. Diese Reform findet unsere Zustimmung. Ich will noch einmal an drei Daten erinnern. 2018 hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass wir handeln müssen. 2019, in diesem Jahr, muss das Gesetz unweigerlich im Gesetzblatt stehen. Ab 2025 wird das neue Grundsteuerrecht in ganz Deutschland dauerhaft gelten. Egal welches Modell man wählt, Herr Toncar – falls Sie eines haben –, man braucht eine Steuererklärung. Das gilt für alle Varianten.
(Dr. Florian Toncar [FDP]: Wir haben einen Antrag vorgelegt!)
Die Zahl 35 Millionen – so viele sind davon betroffen – erschreckt zwar immer alle Leute. Aber unsere Steuerverwaltung hat es beispielsweise bei der Einkommensteuererklärung jedes Jahr mit einer noch viel größeren Zahl zu tun, aber das nur am Rande.
Das Volumen der Grundsteuer in Deutschland beläuft sich jährlich auf 15 Milliarden Euro. Das sind in einer Legislaturperiode 60 Milliarden Euro. Mit anderen Worten: Von der Bedeutung her ist es ein Gesetz, dessen finanzielle Auswirkungen so groß sind wie bei kaum einem anderen Gesetz.
(Beifall bei der SPD)
Wenn das danebenginge, würde die Grundsteuer also nicht gesichert, kämen nicht nur die Kommunen in Deutschland in eine ausweglose Situation, sondern das würde das öffentliche Finanzierungssystem insgesamt, glaube ich, in eine sehr schwierige Situation bringen. Deswegen werden die drei Gesetze für uns ein Beitrag dazu sein, die kommunale Selbstverwaltung in Deutschland,
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
die finanziellen Grundlagen der Kommunen und die Handlungsfähigkeit der kommunalen Demokratie zu sichern. Das alles sind ganz wichtige Aspekte. Das ist in früheren Legislaturperioden – seit Jahrzehnten wird darüber diskutiert – nicht gelungen. In dieser Legislaturperiode gelingt es. Das ist ein Fortschritt.
(Beifall bei der SPD)
Die Grundsteuerreform ist keine Steuererhöhungsreform, sondern sie stellt die Grundsteuer auf eine verfassungssichere Basis und macht sie zukunftsfest. Sie ist auch deutlich einfacher, Herr Toncar, auch wenn Sie es nicht wahrhaben wollen.
(Dr. Florian Toncar [FDP]: Ich habe dem Minister doch ein Angebot gemacht!)
Das Gesamtvolumen der Steuer soll im Wesentlichen gleich bleiben. Das stellen wir mit der radikalen Absenkung der Steuermesszahl im Grundsteuergesetz sicher. Der Minister hat das im Einzelnen erläutert. Ich will das nicht wiederholen.
Bürgerinnen und Bürger, Mieterinnen und Mieter müssen sich vor der Grundsteuerreform nicht fürchten. Sie wird nicht dazu führen, dass Wohnungen unbezahlbar werden, wie dies von interessierten Medien à la „Bild“-Zeitung oder von Lobbyverbänden à la Haus & Grund immer wieder falsch dargestellt wird. So ist es nicht. Wer so falsch argumentiert, muss sich nicht wundern, wenn die Umlage der Grundsteuer auf die Miete – berechtigt – in Zweifel gezogen wird. Die Grundsteuerbelastung ist heute individuell mit durchschnittlich 18 bis 20 Cent pro Monat und Quadratmeter der Wohnung eine Belastung der Bürgerinnen und Bürger, zweifellos. Ja, aber sie treibt niemanden aus seiner Wohnung, und sie macht das Wohnen für niemanden unbezahlbar. Das ist einfach Propaganda und Populismus. Das will ich an dieser Stelle deutlich sagen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wie hoch die Grundsteuerbelastung vor Ort ist, entscheidet am Ende der Stadtrat. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten vertrauen der kommunalen Selbstverwaltung, weil wir wissen, dass die Mitglieder der Räte ebenso ihre Verantwortung gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern ihrer Gemeinde wahrnehmen, wie wir es tun.
(Dr. Marco Buschmann [FDP]: Haushaltssicherungskonzept!)
Wir haben den nötigen Respekt vor der kommunalen Selbstverwaltung. Diesen sollten auch andere ihr zollen.
(Beifall bei der SPD)
Unser Reformvorschlag verfolgt im Wesentlichen drei Ziele: Das sind die Sicherung der Bundeskompetenz für die Grundsteuer im Grundgesetz und der Erhalt einer wertabhängigen Grundlage für die Berechnung der Grundsteuer, weil wir eine gerechte Steuer wollen. Hinzu kommt übrigens die Grundsteuer C, die es den Kommunen ermöglichen soll, Baulücken besser zu schließen, Spekulationen zu begrenzen und eine verantwortungsvolle Bodenpolitik zu betreiben. Es wäre gut, wenn wir das im Gesetzgebungsverfahren noch präzisieren könnten.
Ich mache gar keinen Hehl daraus, dass die Öffnungsklausel, die in das Grundgesetz aufgenommen werden soll, um den Ländern eine eigene Gesetzgebungskompetenz zu eröffnen, für uns eine immense Hürde bedeutet. Ich sage an dieser Stelle auch: Sie ist durch ein Verhalten der CSU, dem ich keinen politischen Anstand attestiere, erzwungen worden.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN – Dr. h. c. [Univ Kyiv] Hans Michelbach [CDU/CSU]: Na, na, na! Na, na!)
– Doch, doch, Herr Michelbach; doch, doch.
Im Abwägungsprozess ist jedenfalls für uns die staatspolitische Verantwortung für die Kommunen in ganz Deutschland wichtiger, als es vermeintliche Argumente über Föderalismus sind, die in Wirklichkeit nichts anderes als Ausdruck von Provinzialität und Kleinstaaterei sind.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN)
Das sollte sich vielleicht auch der Minister, der für gleichwertige Lebensverhältnisse zuständig ist, merken. Er ist gerade nicht da, aber vielleicht kann man es ihm übermitteln.
(Dr. h. c. [Univ Kyiv] Hans Michelbach [CDU/CSU]: Aber sein Staatssekretär ist da!)
Es wäre abwegig, wenn auf längere Sicht die Öffnung zu zahlreichen unterschiedlichen Grundsteuermodellen in Deutschland führen würde; ausgeschlossen ist das aber leider nicht.
Überdies erfüllt eine Flächensteuer überhaupt nicht unsere Vorstellungen von einer gerechten Steuer; das wurde schon verschiedentlich dargestellt.
(Beifall bei der SPD)
Der Besitzer eines Hauses auf einem großen Grundstück am Stadtrand muss in Ländern mit dem Flächenmodell künftig mehr Grundsteuer zahlen als der Villenbesitzer auf teurem Grundstück. Das kann doch nicht wahr sein; das kann doch nicht Ihre Absicht sein.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Gerecht ist ein Einfach-Modell nicht; es ist ein Einfach-ungerecht-Modell, wenn es so kommen sollte. Um der Zersplitterung der Grundsteuer entgegenzuwirken, ist das Bundesrecht maßgeblich für die Berechnung im Länderfinanzausgleich; ein Sachverhalt, der eigentlich auch ins Grundgesetz gehört.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ein letzter Satz. Wir sowie Grüne, FDP und Linke tragen in den Ländern in ganz unterschiedlichen Konstellationen gemeinsam Regierungsverantwortung. Wir alle tragen Verantwortung dafür, dass diese Reform gelingt.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Deswegen taugt die Grundsteuerreform nicht dazu, Grundstückseigentümer oder Mieterinnen und Mieter zu verunsichern. Im Gegenteil: Die Grundsteuerreform sichert kommunale Handlungsfähigkeit und trägt damit ein Stück weit auch zum sozialen Frieden in den Städten und Gemeinden bei, und das sollte uns gemeinsam wichtig sein.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der SPD)
Kay Gottschalk, AfD, ist der nächste Redner.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7367073 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 107 |
Tagesordnungspunkt | Grundsteuerreform |