Einen schönen guten Abend! Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir bringen heute eine wichtige, eine notwendige und damit richtige Reform des Staatsangehörigkeitsrechts auf den Weg. Diese Reform des Staatsangehörigkeitsrechtes ist auch Teil unserer Migrationspolitik, die gekennzeichnet ist von einer weltoffenen Gesellschaft, die Schutz und Sicherheit gibt, in der Menschen willkommen geheißen werden, die aber auch ganz klare Regeln formuliert, an die sich alle halten müssen.
Unsere Reform umfasst vier Punkte.
Ich beginne mit den IS-Kämpferinnen und -Kämpfern. Wir sehen vor, dass diejenigen, die sich einer terroristischen Vereinigung im Ausland anschließen und einem anderen Staat hinwenden, die deutsche Staatsangehörigkeit verlieren, und zwar nur dann, wenn sie eine weitere Staatsangehörigkeit haben; niemand wird in die Staatenlosigkeit entlassen. Aber das ist eine notwendige Schlussfolgerung, die absolut sinnvoll und richtig ist, auch wenn man sich natürlich mit dem Entzug der Staatsangehörigkeit immer schwertut.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Der zweite Punkt ist, dass wir voraussetzen – das schreiben wir gesetzlich fest –, dass bei der Einbürgerung die Identität geklärt ist. Das zieht sich wie ein roter Faden durch alle unsere Regelungen. Es ist längst gängige Verwaltungspraxis – das ist bereits höchstrichterlich abgesegnet –, dass Personen nur dann eingebürgert werden können, wenn ihre Identität geklärt ist. Deswegen ist es richtig, das jetzt gesetzlich festzuschreiben.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Der dritte Punkt ist durchaus kompliziert, sehr umstritten und Gegenstand öffentlicher Diskussionen, nämlich unsere Regelung, mit der wir verhindern wollen, dass Personen eingebürgert werden, die in Mehr- oder Vielehe leben. Wir schreiben nun in § 10 des Staatsangehörigkeitsgesetzes fest, dass sich die Personen, wie es bereits in § 9 vorgesehen ist, in die deutschen Lebensverhältnisse einordnen müssen und – das konkretisieren wir – nicht gleichzeitig mit mehreren Ehegatten verheiratet sein dürfen.
Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Akbulut?
Ja, bitte sehr.
Vielen Dank, dass Sie die Frage zulassen. – Wir haben in der letzten Sitzungswoche gesehen, wie hier sehr kurzfristig Gesetzespakete verabschiedet werden, ohne dass wir uns damit rechtlich und inhaltlich auseinandersetzen können. Das ist unsere Kritik an diesem Verfahren.
Ich möchte des Weiteren wissen – viele verschiedene Sachverständige haben das Ganze begleitet –, was Sie unter „Einordnung in deutsche Lebensverhältnisse“ konkret verstehen. Das wollen Sie festschreiben. Wir haben keine homogene Kultur und Gesellschaft. Es gibt Regenbogen- und Patchworkfamilien in ganz unterschiedlichen Konstellationen. Wie sollen die Behörden dies nachprüfen können? Wie soll die Umsetzung klappen?
In Bezug auf die Mitgliedschaft in einer terroristischen Organisation und den daraus resultierenden Staatsangehörigkeitsentzug möchte ich gerne wissen, wie das betreffende Verfahren ausgestaltet werden soll. Mit wem wollen Sie da zusammenarbeiten, um jemandem die Mitgliedschaft oder Taten in einer terroristischen Organisation nachzuweisen?
Herzlichen Dank für die Frage, Frau Kollegin. – Wir haben hochkompetente Behörden, die mit Angelegenheiten des Staatsangehörigkeitsrechts befasst sind und solche Prüfungen seit Jahren vornehmen; das alles ist nichts Neues. Die „Einordnung in die deutschen Lebensverhältnisse“ ist zwar ein unbestimmter Rechtsbegriff, der aber gängig ist, voll der gerichtlichen Überprüfbarkeit unterliegt und sich bereits im geltenden Aufenthalts- und Staatsangehörigkeitsrecht finden lässt. Wir konkretisieren das nun in § 10 aus einem einzigen, aber wichtigen Grund. Es gibt ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts von Anfang letzten Jahres, das besagt, dass es bei der Anspruchseinbürgerung nach § 10 keine Möglichkeit gibt, eine Person von dieser Einbürgerung auszuschließen, wenn klar ist, dass sie eine zweite oder dritte Ehe führt. Das ist eine gesetzliche Lücke. Wir können das zwar nach § 9 ausschließen, nicht aber nach § 10. Man kann das auch nicht subsumieren unter das Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Deswegen haben wir uns entschieden, klar zu regeln, dass Personen, die in einer Viel- oder Mehrehe leben, keine deutschen Staatsbürger werden können. Das ist eine klare und deutliche Regelung.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU – Stephan Thomae [FDP]: Gut erklärt!)
Ich ergänze noch: Das ist keine Leitkulturprüfung, sondern das unterliegt der gerichtlichen Kontrolle. Mit der Insbesondere-Formulierung legen wir fest, dass auch andere Kriterien, die geprüft werden, eine ähnliche Bedeutung haben müssen, nämlich das in Artikel 6 unseres Grundgesetzes vorgesehene Prinzip der Einehe. Es steht uns gut zu Gesicht, das nun gesetzlich zu regeln.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU sowie des Abg. Grigorios Aggelidis [FDP])
Der vierte Punkt, den wir regeln, ist, dass wir in § 35 die Frist zur Rücknahme einer Einbürgerung von fünf Jahren – das ist bislang geltendes Recht – auf zehn Jahre verlängern. Darüber haben wir länger nachgedacht und diskutiert. Aber es geht um Einbürgerungen, die von Anfang an rechtswidrig waren, Einbürgerungen, die aufgrund von arglistiger Täuschung, Bedrohung und Bestechung oder auf der Basis vorsätzlich falscher Angaben erfolgt sind. Es handelt sich nicht um eine Einbürgerung auf Probe, wenn wir diese Frist verlängern. Vielmehr verlängern wir die Frist, um den Behörden die Möglichkeit zu geben, solche von Anfang an rechtswidrigen Einbürgerungen zurückzunehmen. Das ist eine klare Formulierung, mit der wir hier mehr Rechtssicherheit schaffen. Das ist eine wichtige und richtige Maßnahme.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Insgesamt möchte ich betonen – weil öffentlich intensiv darüber diskutiert wird, ob es sich um notwendige Maßnahmen handelt –, dass wir damit nicht die gesamten Fortschritte des Staatsangehörigkeitsrechts zurücknehmen. Vielmehr schreiben wir das Staatsangehörigkeitsrecht fort. Wir schaffen eine Kombination aus modernem Einwanderungsrecht, klaren Regeln und klaren Vorschriften in unserem Staatsangehörigkeitsrecht. Für die SPD sage ich sehr deutlich – vielleicht als kleiner Unterschied zum Koalitionspartner –: Wir werden uns weiter dafür einsetzen, mehr doppelte Staatsangehörigkeiten zu ermöglichen. Wir werden uns dafür einsetzen, dass mehr Personen ohne deutsche Staatsangehörigkeit das Wahlrecht bekommen. Wir alle, glaube ich, setzen uns dafür ein, dass wir hier in unserer Gesellschaft in Vielfalt gut zusammenleben.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Philipp Amthor [CDU/CSU])
Vielen Dank, Frau Kollegin. – Der nächste Redner: für die FDP-Fraktion der Kollege Stephan Thomae.
(Beifall bei der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7367581 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 107 |
Tagesordnungspunkt | Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes |