Gustav HerzogSPD - Änderung des Telekommunikationsgesetzes
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Mit Lautstärke kann man inhaltliche Leere einfach nicht überdecken, Herr Kollege. Ihre Kritik war sehr emotional vorgetragen, aber in der Substanz doch sehr überschaubar.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Auktion ist beendet. In 497 Runden sind über 6,6 Milliarden Euro eingegangen. Ich richte an dieser Stelle ein herzliches Wort des Dankes und der Anerkennung an die Bundesnetzagentur, weil sie über ein Jahr lang erheblichem Einfluss und Druck ausgesetzt war, wie sie diese Auktion denn nun zu gestalten hat. Ich bekenne mich dazu: Auch ich habe versucht, Einfluss zu nehmen. Es gab in diesem Zusammenhang bereits eine Reihe von Gerichtsverfahren, die alle von der Bundesnetzagentur gewonnen wurden. Ich hoffe, dass es dabei bleibt, weil diese 6,6 Milliarden Euro von uns allen gerne für die auch von meinem Vorredner angesprochene Förderung des Glasfaserausbaus im ländlichen Raum – dafür brauchen wir das Geld – und den DigitalPakt Schule ausgegeben werden. An die Adresse der Mobilfunker, die ja zum Teil sehr gejammert haben, sie hätten so viel Geld ausgegeben, sage ich: Ich denke, das war pflichtgemäß gegenüber den Aktionären zu sagen. Aber das Geld wird von uns wieder in die Branche gelenkt. Von daher ist es kein verlorenes Geld.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Kollege Jarzombek hat den Anlass für diese Gesetzesänderung beschrieben. Es geht um den Überbau, ein sehr komplexes Thema. Das haben wir in der Anhörung, als wir uns damit beschäftigt haben, miterlebt. Drei anwesende Juristen hatten drei unterschiedliche Formulierungsvorschläge gemacht, einschließlich des Vorschlags des Bundesrates. Ich glaube, wir sind als Koalition gut beraten gewesen, bei der Formulierung der Bundesregierung zu bleiben, aber mit dem klaren Hinweis, dass kommunale Unternehmen nicht automatisch öffentliche Gelder bekommen, sondern eigenwirtschaftlich mit Risiko in die Investition gehen und deswegen zu schützen sind. Das machen wir mit diesem Gesetz.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Kommunale Unternehmen sollen nicht besser, aber auch nicht schlechter als andere gestellt werden.
Die weiteren Änderungen, die wir vornehmen, sind nicht sehr überraschend. Frau Kollegin Domscheit-Berg, Sie haben im Ausschuss gesagt, das käme so hopplahopp. Nein, das, was im Änderungsantrag steht, ist im Juni 2018, also vor über einem Jahr, im Beirat der Bundesnetzagentur gemeinsam beschlossen worden, und nach meiner Erinnerung sind Sie Mitglied dieses Beirates. Dort haben wir uns darauf verständigt: Wir brauchen mehr Informationsmöglichkeiten. Wir müssen die Bundesnetzagentur stärken, sodass sie von den Unternehmen die Informationen bekommt, die sie für die Kundinnen und Kunden aufbereiten und ins Internet stellen muss, sodass die Kundinnen und Kunden, wenn sie einen Vertrag abschließen wollen, nachschauen können, ob der Mobilfunker für den Wohnort, den Weg zur Arbeit und da, wo sie sich in ihrer Freizeit aufhalten, auch wirklich ein anständiges Netz zur Verfügung stellt. Das ist einer der Gründe, warum wir sagen: Wir brauchen mehr Informationen für die Kunden. Wir brauchen aber auch mehr Informationen für den Staat, um unsere Planungen entsprechend voranzutreiben. Frau Kollegin Kluckert, das geht in die Richtung eines Gigabit-Grundbuches, das Sie in Ihrem Antrag fordern. Wir sagen: All diese Informationen müssen zusammengeführt werden. Ich halte es nicht für hilfreich, dass diese Informationen auf verschiedene Institutionen und Instrumente verteilt sind und es dafür dann noch unterschiedliche Zugriffsrechte gibt.
In diesem Zusammenhang will ich noch etwas erwähnen, was für die Kunden wichtig ist. Es geht darum, dass die Bundesnetzagentur das, was sie an Informationen bekommen hat, auch über die Funkloch-App an die Öffentlichkeit weitergeben darf. Da ist meine Bitte, Herr Staatssekretär Bilger, dass das Ministerium der Bundesnetzagentur sehr schnell das Okay dafür gibt, diese Informationen ins Netz stellen zu können. Ich will auch gerne einmal nachschauen, wo in meinem Wahlkreis weitere Funklöcher sind, unter denen ich selbst noch nicht leiden musste.
(Lachen bei Abgeordneten der AfD)
Ich denke, das ist auch eine wichtige Information für die Kundinnen und Kunden.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Ein Weiteres zu der Ausweitung der Sanktionsmöglichkeiten. Liebe Kolleginnen und Kollegen, vor der Versteigerung haben alle Mobilfunker mit sehr großen, zum Teil sehr lauten Worten angekündigt, dass sie wegen der hohen Kosten hinterher eng zusammenarbeiten wollen, um beim Ausbau des Netzes die Infrastrukturkosten zu senken. Dazu sage ich von dieser Stelle aus den vier Mobilfunkern: Lasst den Worten bitte auch Taten folgen. – Niemand wird sich ihnen in den Weg stellen, wenn sie gemeinsam Baugenehmigungen beantragen, Kabelgräben ausheben, Funkmasten aufstellen und Antennen anbauen. Das können sie gerne gemeinsam machen. Wir und die Bürgerinnen und Bürger freuen uns darüber.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich noch einen Ausblick auf andere Themen geben, die damit verbunden sind. In dieser Woche hat der Haushaltsausschuss eine kluge Entscheidung getroffen.
Herr Kollege, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Hebner?
Ja, gerne.
(Zurufe von der LINKEN: Och nee! – Heiterkeit bei der SPD – Gegenruf des Abg. Hansjörg Müller [AfD]: Wo bleibt denn der Respekt da drüben?)
Herr Herzog, ich habe eine Frage. Sie sagten, Sie hätten von der Äußerung gehört, dass die Betreiber zusammenarbeiten wollen. Warum wurde das nicht, wenn Sie eine flächendeckende Abdeckung als dringlich ansehen – ich sehe das ja genauso wie Sie –, bei der Vergabe der Lizenzen zur Auflage gemacht? Warum wurde nur auf den pekuniären Aspekt geachtet, sprich: die Geldeinnahme? Warum wurde das nicht – wir alle beklagen die Funklöcher – zur Auflage gemacht, damit die flächendeckende Versorgung garantiert wird? Das kann man im Rahmen einer Vergabe definitiv machen. Warum wurde aus Ihrer Sicht darauf nicht geachtet?
Darauf wurde sehr wohl geachtet, und zwar in zweierlei Hinsicht.
Erstens. Die Bundesnetzagentur hat durch ein wissenschaftliches Institut berechnen lassen, was es die Unternehmen kosten würde, wenn eine flächendeckende Versorgung angeordnet würde. Diese Kosten hätten den Wert der Frequenzen deutlich überschritten. Deswegen hat die Bundesnetzagentur entschieden, auf die genannten Parameter zu gehen. Sie konnte auch vom Gesetz her und aufgrund der europäischen Vorgaben nicht mehr machen.
Zweitens. Es steht sehr wohl in den Vergabebedingungen, dass die Unternehmen zusammenarbeiten sollen. Das geht so weit, dass die Bundesnetzagentur eine starke Schiedsrichterrolle einnimmt, die wir mit der Erhöhung des Zwangsgeldes und der Bußgelder weiter stärken. Wenn sich ein Unternehmen verweigert, kann die Bundesnetzagentur einschreiten. Das, was Sie hier kritisieren, hat keinen Bezug zu dem, was die Bundesnetzagentur gemacht hat.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Lassen Sie mich zu den Modellregionen zurückkommen. Erstens. Es ist wichtig, dass wir in dem Bereich der industriellen Anwendung von 5G in die Pötte kommen. Das ist gut so.
Zweitens. Die Koalitionsfraktionen haben sich darauf verständigt, im Hinblick auf die Funklöcher selbst initiativ zu werden und sich des Themas Funklöcher anzunehmen, entweder mit einer Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft oder mit anderen Instrumenten.
Der dritte Punkt. Wichtig ist, dass die Bundesnetzagentur, sobald entschieden ist, wie hoch die Lenkungsgebühren sein werden, anfangen kann, auf Antrag die Frequenzen für die 100 Megahertz zwischen 3,7 und 3,8 Gigahertz zu vergeben. Es ist wichtig, dass die Unternehmen im Land, die Landwirte, aber auch jene Initiativen, die ein Grundstück haben, das Recht haben, Frequenzen zu beantragen und sie zu nutzen. Wir wollen Vielfalt in diesem Bereich. Wir sind wohl das einzige Land auf der Welt, das den Schritt gegangen ist, einen Teil dieses wertvollen Spektrums nicht zu versteigern, sondern zur allgemeinen Verfügung zu stellen, sodass sich möglichst viele beteiligen können. Es geht darum, diese wertvollen Frequenzen für ganz viele Menschen nutzbar zu machen.
(Beifall bei der SPD)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, lassen Sie mich zum Abschluss ein schwieriges Thema ansprechen. Trotz aller Euphorie, die wir hier entwickeln, um im Festnetz und vor allen Dingen im Mobilfunk eine flächendeckende Versorgung zu erreichen, bekomme ich immer mehr Zuschriften, in denen steht: Wir wollen nicht weiter verstrahlt werden. Herr Herzog, was können wir tun, um eine mobilfunkfreie Zone zu werden? – Es gibt auch Hotels, die damit werben, dass sie kein WLAN haben. Wir müssen die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger sehr ernst nehmen. Aber wir müssen auch darauf achten, dass das Klima nicht vergiftet wird. Menschen, die diese Dienstleistung, diese Daseinsvorsorge in Anspruch nehmen wollen, dürfen nicht von jenen, die diese Dienstleistung mit, wie ich finde, nicht gerechtfertigten Argumenten ablehnen, blockiert werden. Ich glaube, es ist unser gemeinsames Anliegen, hier eine sachliche, zielgerichtete Diskussion zu führen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD und der CDU/CSU)
Für die FDP-Fraktion hat das Wort die Kollegin Daniela Kluckert.
(Beifall bei der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7367777 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 107 |
Tagesordnungspunkt | Änderung des Telekommunikationsgesetzes |