27.06.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 107 / Zusatzpunkt 13

Roman Müller-BöhmFDP - Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Gäste! Der Schutz von Urheberrechten ist zweifellos wichtig. Aber Uploadfilter sind wahrscheinlich der denkbar schlechteste Weg, um die Akzeptanz für Urheberrechte zu bewahren.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD und des Abg. Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Das ist unstrittig und war auch allen Beteiligten klar. Trotzdem hat diese Bundesregierung, getragen von Union und SPD, die Zensurrichtlinie unterzeichnet.

(Abg. Alexander Hoffmann [CDU/CSU] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

Entgegen Ihren Ankündigungen haben Sie leider auch nichts dagegen unternommen. Das – es tut mir leid – ist beschämend, und das verurteilen wir zutiefst.

(Beifall bei der FDP)

Herr Kollege, erlauben Sie eine – –

Nein.

(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Das geht aber gar nicht!)

Nichtstun ist Machtmissbrauch. Das galt nicht nur im Wahlkampf, sondern das gilt auch insbesondere in Debatten wie diesen. Ganz eindeutig sind Uploadfilter der falsche Weg. Das haben Sie bereits in Ihrem Koalitionsvertrag so festgeschrieben. Viele Abgeordnete von Union und SPD haben sich in den Medien dementsprechend geäußert.

Ich frage mich dann nur: Warum tun Sie nichts dagegen? Sie verstecken sich hinter Ihrem Modell und sagen: „Ja, das regeln wir mit irgendwelchen pauschalierten Vergütungsansätzen“, obwohl klar in dieser Richtlinie steht, dass gesetzlich vorgeschriebene Pauschalvergütungen nicht in Ordnung sind. Da muss ich Ihnen ganz ehrlich sagen: Ihr Modell ist dann schlichtweg verlogen und macht es nicht besser.

(Beifall bei der FDP)

Noch mal in Richtung der Sozialdemokratie – ich sage es Ihnen ganz ehrlich; wir haben das bereits im Europawahlkampf getan, und wir werden das auch in jedem weiteren Wahlkampf tun –: Wenn Sie weiterhin behaupten, Sie seien gegen Uploadfilter, und wenn dann Ihr Ministerium in dieser Bundesregierung, von Ihnen getragen, diese Richtlinie maßgeblich mit zu verantworten hat, ganz ehrlich, dann ist Ihre Glaubwürdigkeit so ruiniert, dann brauchen wir darüber gar nicht mehr weiter zu diskutieren.

(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Albrecht Glaser [AfD] – Dr. Heribert Hirte [CDU/CSU]: Die FDP war mal für Eigentumsschutz!)

Daran werden wir Sie jedes Mal erinnern.

Die Gefahren der Uploadfilter scheinen allerdings noch nicht so ganz in der Großen Koalition angekommen zu sein; denn als die Richtlinie noch nicht beschlossen war, habe ich Sie damals schon gewarnt, dass eventuell eines Tages aus Uploadfiltern möglicherweise ­Orwell’sche Wahrheitsfilter werden könnten, die dann wie ein Rasenmäher über die Vielfalt des Internets hinweggehen. Ob dann ein ungerechtfertigter Verstoß vorliegt oder eine zulässige Parodie, lässt sich ohne Weiteres dann nicht mehr unterscheiden.

Wissen Sie, dann kommt etwas, das finde ich absolut bemerkenswert: Sie wurden – beide Parteien – bei der Europawahl doch ziemlich abgestraft, nicht zuletzt, weil Sie die massiven Proteste gegen die Uploadfilter nicht ernst genommen haben.

(Beifall des Abg. Manfred Todtenhausen [FDP] – Dr. Heribert Hirte [CDU/CSU]: Und die FDP?)

Und dann fordert die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer, die Meinungsfreiheit von ­YouTubern auch noch zu beschränken. Ganz ohne Not fantasiert sie von einer Zensurmaschine.

(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Ganz schlecht, Herr Kollege! – Dr. Patrick Sensburg [CDU/CSU]: Können Sie das Zitat belegen?)

Bei diesen Hintergedanken – kann ich nur sagen – wird mir bei der Umsetzung dieser Richtlinie in nationales Recht durch Ihre Hand angst und bange.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD)

Sehr geehrte Damen und Herren, auch wir wünschen uns ein modernes Urheberrecht, das die Interessen von Rechteinhabern und Nutzern fair in Einklang bringt. Ich muss aber trotzdem noch mal deutlich sagen: Wir lehnen Uploadfilter ab.

(Dr. Heribert Hirte [CDU/CSU]: Wir auch!)

Wir lehnen diese Urheberrechtsrichtlinie ab. Und wir werden auch nicht warten, bis die Frist zur nationalen Umsetzung abläuft. Wir werden hier im Deutschen Bundestag mit Anträgen an die Bundesregierung und auch mit unseren fantastischen Abgeordneten im neugewählten Europaparlament in Brüssel um Nicola Beer weiterhin gegen Uploadfilter kämpfen.

(Beifall bei der FDP)

Wissen Sie, grundsätzlich bin ich froh, wenn wir solch wichtige Themen, die die Menschen draußen bewegen, hier diskutieren, liebe Kollegen der AfD.

(Dr. Heribert Hirte [CDU/CSU]: Aber im Ausschuss verschwinden!)

Aber man muss es so deutlich sagen – jetzt kommen wir zum Kern Ihres Antrags –: Eine Subsidiaritätsklage an der Stelle bringt gegen Uploadfilter ungefähr genauso viel wie die Gründung eines Töpfervereins, nämlich gar nichts.

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP sowie der Abg. Dr. Petra Sitte [DIE LINKE])

Am Inhalt dieser Richtlinie gibt es zweifellos extrem viel zu kritisieren. Das tun wir bereits; das habe ich gerade eben aufgelistet. Aber die Subsidiarität gehört zweifellos nicht dazu. Eine Klage wäre dementsprechend reine Symbolpolitik, und dabei werden wir nicht mitmachen; das sage ich Ihnen ganz deutlich.

(Beifall bei der FDP – Dr. Heribert Hirte [CDU/CSU]: Aha!)

So, und damit sind Sie drüber. Kommen Sie bitte zum Schluss.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Urheberrechtsrichtlinie entspricht nicht unserem Verständnis von einem freien Internet. Aber ich sage Ihnen trotzdem: Bei diesem Antrag werden wir nicht mitmachen. Wir wollen einen digitalen harmonischen Binnenmarkt gestalten, aber nicht in dieser Form.

(Beifall bei der FDP – Zuruf des Abg. Thomas Seitz [AfD])

Vielen Dank, Roman Müller-Böhm. – Das Wort zu einer Kurz intervention – wie gesagt, nur eine pro Debatte – hat der Kollege Hoffmann.

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Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7367792
Wahlperiode 19
Sitzung 107
Tagesordnungspunkt Urheberrecht im digitalen Binnenmarkt
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