Detlef MüllerSPD - Bahnpolitik
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Bahn ist das Verkehrsmittel der Zukunft und die Schiene einer der wichtigsten Infrastrukturträger des 21. Jahrhunderts. Bei den Diskussionen über das Erreichen von Klima- und CO 2 -Zielen gilt für den Verkehrssektor eines klar, Herr Wiehle: Klimafreundliche und ressourcenschonende Mobilität funktioniert nur mit einer starken Bahn. Dafür müssen wir die Voraussetzungen schaffen. Deshalb ist es wichtig, dass wir mit dem vorliegenden Koalitionsantrag den Willen des Parlaments, die Schiene zu stärken, nochmals unterstreichen und der Bundesregierung einen klaren Auftrag mit auf den Weg geben.
(Beifall bei der SPD)
Die Bahn hat Zukunft. Ein Nutzerzuwachs von über 40 Prozent im Personenverkehr seit 2004 macht das deutlich. Diesen Trend müssen und wollen wir fortsetzen. Einiges ist schon auf dem Weg. Herr Ferlemann sprach davon: Der Deutschland-Takt wird in den nächsten Jahren den Fernverkehr vereinfachen und diesen Fernverkehr eben auch in Takt bringen. Die Pünktlichkeitswerte der Bahn im Personenverkehr haben sich deutlich verbessert und lagen im Mai bei über 80 Prozent im Fernverkehr und bei 95 Prozent im Nahverkehr.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Dass es im täglichen Geschäft funktioniert, liegt vor allem an den Eisenbahnerinnen und Eisenbahnern im und am Zug, auf den Stellwerken, in den Leitstellen, in den Werkstätten usw., die tagtäglich in erster Reihe stehen und großartige Arbeit leisten.
(Beifall bei der SPD sowie der Abg. Sabine Leidig [DIE LINKE])
Obwohl sie es zumeist sind, die unverschuldet die Wut der Fahrgäste abbekommen, wenn Baustellen den Verkehr beeinträchtigen, Züge ausfallen oder ein Mangel an Fahrzeugen besteht. An dieser Stelle einen herzlichen Dank für die geleistete Arbeit.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der LINKEN und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Michael Donth [CDU/CSU])
Die Steigerung der Attraktivität der Bahn muss mit entsprechendem politischen Willen, Investitionen in die Infrastruktur sowie einer modernen, effizienteren Organisationsstruktur einhergehen. Bei der Infrastruktur brauchen wir deutlich mehr Investitionen in die Zukunft der Schiene. Die Verdopplung des Personenverkehrs und die deutliche Steigerung des Anteils im Schienengüterverkehr sind mit der Bestandsinfrastruktur nicht erreichbar. Wir müssen deutlich in den Ausbau der Knoten sowie in neue Ausbaustrecken investieren. Der Haushaltsplanentwurf für 2020 ist schon eine gute Grundlage, aber auch deutlich ausbaufähig. Wir brauchen Investitionen in das rollende Material und Investitionen in die Ausbildung von Personal, also in die Menschen, die schlussendlich für einen reibungslosen Ablauf vor Ort sorgen.
Aber auch in der Fläche muss etwas passieren. Als größte Volkswirtschaft Europas dürfen wir es uns nicht leisten, ganze Regionen und Ballungszentren von einem der wichtigsten Verkehrsträger abzukoppeln. Für Chemnitz und die Region Südwestsachsen mit über 1,6 Millionen Einwohnern kann ich nun sagen, dass nach 15 Jahren ohne jeglichen Bahnfernverkehr der Ausbau und die Elektrifizierung der Strecke Chemnitz–Leipzig im Vordringlichen Bedarf des Bundesverkehrswegeplans enthalten ist. Für die 80 Kilometer Bestandsstrecke stehen uns nun aber acht bis neun Jahre Planung und Bau bevor. Das ist ein inakzeptabler Zustand, den man niemandem erklären kann. Hier muss etwas passieren. Hier braucht es tatsächliche Beschleunigungen und Vereinfachungen im Planungs- und Umsetzungsverfahren.
Bleibt zuletzt der Punkt der effizienteren und moderneren Organisationsstruktur des Bahnkonzerns. Hier brauchen wir eine Bahnreform II, mit der die Bahn wieder vom Kopf auf die Füße gestellt wird und zu ihrer Kernaufgabe, Mobilität von Menschen und Transport von Gütern, zurückgeführt wird. Die Bahnreform vor 25 Jahren war und ist ein Erfolg. Die Bahn ist leistungsfähiger, komfortabler, effizienter geworden. Der zunehmende Wettbewerb auf der Schiene hat für die Fahrgäste zu massiven Verbesserungen bei den Angeboten geführt. Dahinter will niemand zurück. Vieles hat sich auch bewährt.
Was sich nicht bewährt hat, ist die zersplitterte Holdingstruktur der DB AG mit über 20 direkten Töchtern, vielen Enkelfirmen und unzähligen Beteiligungen an Firmen im In- und Ausland. Denn diese Struktur verbessert keineswegs das Angebot der Bahn für den Kunden, sondern führt mit Ineffizienz und intransparenten Zuständigkeiten immer wieder zu Problemen. Bevor ein Regionalzug überhaupt rollt, sind schon viele Rechnungen geschrieben. DB Station&Service, DB Sicherheit, DB Energie, DB Vertrieb, DB Services, DB Kommunikationstechnik, DB Dialog – alles GmbHs – stellen sich gegenseitig Rechnungen für erbrachte Leistungen wie Sauberkeit, Sicherheit, Strom, Kommunikation. Rollt der Zug, zahlt DB Regio nun an die DB Netz AG die Trassennutzungsgebühr – klar – und an DB Station&Service das Stationsgeld für jeden Halt an der Strecke.
Herr Müller!
Die verbrauchte Energie stellt DB Energie bei DB Regio in Rechnung. Die Reinigung wird an DB Services gezahlt.
Ich komme zum Schluss. Wir brauchen eine Bahnreform II, die die Konzernorganisation auf die zwei Kernbereiche Netz und Betrieb zurückführt und eine Freizügigkeit von Technik und Personal innerhalb des Konzerns ermöglicht. Beides funktioniert nur mit einer starken Bahn. Die Verkehrswende kann nur mit einer starken Bahn gelingen. Der Antrag der Großen Koalition legt dazu den Grundstein.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Vielen Dank, Kollege Müller. – Darf ich die Kollegen darauf hinweisen: Wenn Sie überziehen, ziehe ich die Zeit anderen Rednern Ihrer Fraktion ab. Herr Müller, Sie waren gerade noch in der Zeit. Das nächste Mal wird abgezogen.
Nächster Kollege: Torsten Herbst, FDP-Fraktion.
(Beifall bei der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7367806 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 107 |
Tagesordnungspunkt | Bahnpolitik |