27.06.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 107 / Tagesordnungspunkt 19

Frank MagnitzAfD - Baukulturbericht 2018/19

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Herr Präsident! Werte Kollegen! Liebe Zuschauer! Ich will es kurz machen zu dieser vorgerückten Stunde, aber trotzdem einige grundsätzliche Erwägungen zum Bauen anstellen.

Der Begriff „Baubestand“ bezeichnet nicht nur eine bloße Ansammlung von Gebäuden, er definiert das Gesicht des Ortes, in dem sich dieser Bestand befindet, er definiert Heimat. Gebäude sind die Zeugen der Kultur und der Geschichte eines Landes. Deswegen dürfen Veränderungen nur behutsam durchgeführt werden. Die Verantwortung für diese Veränderungen wird leider nur allzu oft vernachlässigt. Davon zeugt auch die Stellungnahme der Bundesregierung: Trotz wortreicher Einlassungen zu allen möglichen Bereichen scheut die Bundesregierung die eindeutige Festlegung, welche Kultur und Identität in unserer gebauten Umwelt auch künftig tonangebend und richtungsweisend sein soll.

Ebenfalls taugt der häufig verwandte Begriff der europäischen Stadt nicht zur identitätsstiftenden Erhellung. Weder das Toskana-Haus noch das norwegische Holzhaus schafft dem Deutschen das Gefühl von Heimat. Unsere Aufgabe ist nicht europäisch zu lösen, nein, sie ist spezifisch deutsch; für Deutsche haben wir vordringlich unsere Politik zu machen.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie sieht denn das deutsche Haus aus? Vielleicht können Sie das einmal erklären!)

– Dazu komme ich gleich. – Es fehlt trotz gegenteiliger Beteuerungen das Bewusstsein – vielleicht auch das Verständnis – für die identitätsstiftende Wirkung von Gebäuden. Jedem würde auffallen, dass ein Fachwerk-Reetdach-Haus im traditionellen Baustil der norddeutschen Tiefebene im Alpenvorland nichts zu suchen hat.

(Beifall des Abg. Karsten Hilse [AfD] – Bernhard Daldrup [SPD]: Verbotspartei!)

Ein solches Haus wäre dort ein Störfaktor, es wäre künstlich, hat keinen Bezug zur Kultur und Geschichte dieses Standortes. Ein Kirchturm ist ein Kirchturm und ein Schwimmbad ein Schwimmbad,

(Beifall der Abg. Ulli Nissen [SPD])

ohne weitere Nachfragen in ihrer Funktion zu erkennen. Form und Funktion sind nicht voneinander zu trennen.

(Carsten Müller [Braunschweig] [CDU/CSU]: Müssen Sie das eigentlich ablesen?)

Genauso verhält es sich zum Beispiel mit Moscheen.

(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das musste ja kommen! – Timon Gremmels [SPD]: Bingo!)

Kein Wunder, dass diese Bauvorhaben oft mit massiven Protesten aus der Bevölkerung einhergehen.

(Zuruf von der SPD: Angeheizt von Ihnen!)

Schließlich manifestiert sich Identität an Architektur – die in diesem Beispiel aber nichts mit der deutschen Identität zu tun hat.

(Bernhard Daldrup [SPD]: Kennen Sie Artikel 1 des Grundgesetzes?)

Die heftige Ablehnung von unpassend empfundenen Großprojekten führt häufig zur Gründung von Bürgerinitiativen zu deren Verhinderung. Man erkennt hieran, wie sehr den Menschen ihre gestaltete Umwelt am Herzen liegt,

(Ulli Nissen [SPD]: Das liegt nicht daran, das bestimmt nicht!)

siehe Stuttgart 21.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Weder der Baukulturbericht noch die sich darauf beziehenden Entschließungsanträge gehen in ausreichendem Maße darauf ein, wie wichtig die Rücksichtnahme auf kulturelle, historisch gewachsene Raumzusammenhänge ist.

(Zuruf von der SPD: Stimmt doch gar nicht!)

– Ich sehe das etwas anders. – Unsere erlebte Umgebung ist es aber, die einen entscheidenden Anteil an der mentalen Gesundheit, an der Lebensfreude hat,

(Timon Gremmels [SPD]: Deswegen sind Sie auch für Kohlekraftwerke!)

sie ist quasi der Grund dafür, in diesem Land gut und gerne schon länger leben zu wollen.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Timon Gremmels [SPD]: Ja, mit Kohlekraftwerken!)

– Ja, auch; daher kommt nämlich der Strom, der sichere.

Der vorliegende Bericht und die Stellungnahme der Bundesregierung sind eine reine Zusammenstellung und Sammlung von Zahlen und Daten, die in mancherlei Hinsicht verkürzte Interpretationen liefern. So bemängeln 55 Prozent der Befragten das Fehlen von Fahrradwegen und 52 Prozent das Fehlen von Parkplätzen; das mündet dann in die Aussage:

In der Bevölkerung werden vor allem mehr Fahrradwege gewünscht.

Der Wunsch nach mehr Parkplätzen wird komplett unterschlagen. Solche tendenziösen Schlussfolgerungen sind im Gesamtwerk keine Seltenheit.

Unsere gebaute Heimat hat ihre Wurzeln in der abendländisch-christlich-jüdischen Kultur, die zu einer jeweils eigenständigen, regionalen Bautradition entwickelt wurde. Dazu fordern wir von der Bundesregierung ein klares Bekenntnis.

Kurz noch zu dem Aspekt Verkehr. Meine Damen und Herren, hören wir doch auf mit dem ständigen Individualverkehr-Bashing – überlassen wir es der freien Entscheidung der Menschen, wie sie sich fortbewegen möchten und können.

(Beifall bei der AfD)

Verdrängt wird seit geraumer Zeit gerne, dass es die Massenmotorisierung war, die individuelle Freiheit und Lebensqualität gebracht hat. Nie zuvor hatten die Menschen so viele Möglichkeiten, die Welt auf eigene Art zu er‑fahren. Nicht zu vergessen, –

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.

Ich bin sofort fertig.

Sie haben noch einen Satz.

– dass ohne die vielfältige Ausstattung mit privaten Fahrzeugen die Transportaufgaben einer modernen, entwickelten Gesellschaft gar nicht lösbar wären.

Danke.

(Beifall bei der AfD – Johannes Kahrs [SPD]: Ihre Zeit ist abgelaufen!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Kollegin Ulli Nissen, SPD-Fraktion, der Kollege Hagen Reinhold, FDP-Fraktion, und die Kollegin Heidrun Bluhm-Förster, Fraktion Die Linke, haben ihre Reden zu Protokoll gegeben.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der AfD)

Als nächste Rednerin rufe ich die Kollegin Daniela Wagner, Bündnis 90/Die Grünen, auf.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7367854
Wahlperiode 19
Sitzung 107
Tagesordnungspunkt Baukulturbericht 2018/19
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