28.06.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 108 / Tagesordnungspunkt 32

Nicole GohlkeDIE LINKE - Wohngeldstärkungsgesetz

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Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Mietenexplosion in unseren Städten ist mittlerweile an einem Punkt angekommen, wo quasi jede erstrittene Lohnerhöhung von den steigenden Mieten aufgefressen wird. In den 20 Städten mit dem stärksten Mietenanstieg sind die Mieten fast doppelt so schnell gestiegen wie der Bundesdurchschnitt der Einkommen. Kein Wunder, dass es für Geringverdienende und auch für Durchschnittsverdienende in den Großstädten und in den Metropolen kaum noch bezahlbaren Wohnraum gibt.

Kolleginnen und Kollegen, das muss uns Angst machen. Diese Entwicklung macht unsere Stadtgesellschaften kaputt; sie spaltet unsere Gesellschaft. Es macht Perspektiven von Menschen zunichte, und es kann im schlimmsten Falle ganze Existenzen zerstören. Deshalb sagt Die Linke: Die Spekulation mit Wohnraum muss endlich beendet werden! Die Löhne müssen rauf, und es braucht einen bundesweiten Mietendeckel!

(Beifall bei der LINKEN)

Die aktuelle Wohnungsnot ist nicht vom Himmel gefallen, sondern sie wurde durch den Niedergang des sozialen Wohnungsbaus regelrecht heraufbeschworen.

(Daniel Föst [FDP]: Insbesondere in Innenstädten!)

Wohnungen im öffentlichen Besitz wurden privatisiert, der Bund hat sich aus der Finanzierung herausgezogen. So hat sich der Bestand sozial gebundener Wohnungen zwischen 2002 und 2017 von 2,5 Millionen auf 1,2 Millionen halbiert. Er hat sich halbiert! Der Rückgang wird weitergehen, weil der Bund auch heute nicht genügend investiert. Das größte Problem ist doch, dass hier einfach viel zu wenig passiert.

(Beifall bei der LINKEN)

Dieser selbst produzierte und selbst verschuldete Mangel an günstigem Wohnraum hat gleichzeitig zu einer regelrechten Kostenexplosion bei der sogenannte Subjektförderung geführt, also bei der finanziellen Unterstützung einkommensarmer Menschen bei den Wohnkosten. Heute müssen Bund, Länder und Kommunen rund 1,1 Milliarden Euro jährlich dafür ausgegeben. Das ist eine unglaubliche Zahl. Eines ist klar: Solange es die Große Koalition nicht schafft, für ausreichend bezahlbare Wohnungen zu sorgen, sind Bund und Länder in der Pflicht, das Wohngeld so zu gestalten, dass auch Menschen mit geringem Einkommen eine reelle Chance auf dem Wohnungsmarkt haben.

(Beifall bei der LINKEN)

Die von der Bundesregierung geplante Anpassung des Wohngeldes ist noch viel zu passiv und zu gering. Das Wohngeld muss erhöht, muss ausgeweitet und muss jährlich angepasst werden. Es muss sich aus den real zu zahlenden Wohnkosten ableiten, muss also auch die Heizungs- und Warmwasserkosten einbeziehen. Der Kreis der Anspruchsberechtigten muss ausgeweitet werden. Wir sagen: Wer Anrecht auf eine Sozialwohnung hat, soll auch Wohngeld erhalten können.

(Beifall bei der LINKEN)

Und: Kein Wohngeldhaushalt soll mehr als die zumutbaren 30 Prozent des Einkommens für die Bruttowarmmiete ausgeben müssen.

Aber eines ist doch offensichtlich: Die Probleme auf dem Wohnungsmarkt, die heute die Erhöhung des Wohngeldes so ungeheuer dringend machen, lassen sich auf diesem Wege jedoch gar nicht ursächlich beheben. Die Erhöhung des Wohngeldes ist ja nur eine Kompensation von zu wenig bezahlbarem Wohnraum. Volkswirtschaftlich sinnvoll und nachhaltig wäre es ja genau anders herum, nämlich dafür zu sorgen, dass Löhne, Gehälter und auch Transferleistungen schlichtweg zum Leben ausreichen, weil nämlich genug sozial geförderter und bezahlbarer Wohnraum vorhanden ist und weil die Mieten nicht mehr steigen. Das wäre doch eigentlich der richtige Weg, Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der LINKEN)

Statt also am Ende auch noch die steigenden Mieten der großen Immobilienkonzerne wie Deutsche Wohnen, Vonovia oder Patrizia zu bezuschussen, sollte die Regierung lieber einmal damit beginnen, wirklich und nachhaltig in den sozialen Wohnungsbau zu investieren. Die Linke fordert: Jährlich 10 Milliarden Euro für ein öffentliches Wohnungsbauprogramm nach Wiener Vorbild. Wir brauchen einen Neustart im sozialen Wohnungsbau.

Kollegin Gohlke, ich habe die Uhr angehalten. Die Frage war, ob Sie eine Frage oder Bemerkung des Kollegen Mindrup zulassen?

Das war jetzt mein letzter Satz, deswegen nicht mehr.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN – Klaus Mindrup [SPD]: Dann eine Kurzintervention! – Gegenruf des Abg. Daniel Föst [FDP]: Ach komm! Du hast doch heute schon geredet!)

Das Wort hat der Kollege Chris Kühn für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7368198
Wahlperiode 19
Sitzung 108
Tagesordnungspunkt Wohngeldstärkungsgesetz
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