Christian DürrFDP - Allgemeine Finanzdebatte
Vielen Dank. – Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Bundesminister Scholz, Sie haben in Ihrer Einbringungsrede von Bildung gesprochen, einer wichtigen Zukunftsaufgabe auch für den Bund, wie wir gemeinsam nach der Verfassungsänderung festgestellt haben. Tatsache ist: Ihre Bundesregierung kürzt im Einzelplan der Bundesbildungsministerin 70 Millionen Euro für den kommenden Etat. Sie haben über Investitionen gesprochen. Tatsache ist: Sie planen einen Rückgang der Investitionsquote. Sie haben über das Thema Klimaschutz gesprochen, Herr Scholz. Tatsache ist: Der Teil des Bundeshaushaltes, der sich um das Thema Klimaschutz kümmert, wird überhaupt nicht vorgelegt. Sie haben, Herr Minister Scholz, über die schwarze Null gesprochen. Tatsache ist: Sie brauchen, um diesen Bundeshaushalt zum Ausgleich zu bringen, alte Kreditermächtigungen aus der Asylrücklage. Mit anderen Worten: Sie brauchen neue Schulden. Das hat mit der schwarzen Null nichts zu tun. Es ist ein Haushalt der gebrochenen Versprechen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
(Beifall bei der FDP)
Ich will auch Ihre steuerpolitischen Vorhaben aufgreifen, die Sie hier angesprochen haben, und zwar als Erstes die Finanztransaktionsteuer. Es ist vorhin mehrfach gesagt worden, auch von Herrn Binding gerade eben: Wir haben eine Nullzinsphase. Die Kleinsparer sind insbesondere betroffen. Das heißt, wenn die Kleinsparer jetzt versuchen, am Aktienmarkt wenigstens noch an eine Rendite für ihr Erspartes zu gelangen, kommt Herr Scholz vorbei und nimmt ihnen das auch noch weg. Diese Politik geht gegen den Mittelstand, gegen den Mittelbau der Gesellschaft, Herr Scholz.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD)
Herr Scholz, Sie haben den Solidaritätszuschlag angesprochen. Ich habe über die Sommerpause die Bilder der SPD-Bundestagsfraktion gesehen. Da liegt dann jemand im Liegestuhl mit einem Cocktail in der Hand, und das Geld fällt ihm sozusagen direkt in den Schoß.
Bundestagsabgeordnete werden nach Ihrer Planung den Solidaritätszuschlag weiterhin in voller Höhe zahlen müssen. Das ist, mit anderen Worten, das Selbstbild der SPD-Abgeordneten im Deutschen Bundestag: im Liegestuhl liegen, und das Geld fällt vom Himmel. Ein interessantes Selbstbild, das Sie da haben.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD)
Viel wichtiger ist: Sie haben zu Recht gesagt, Deutschland drohe eine Rezession, ein wirtschaftlicher Abschwung. Aber die Wahrheit ist: Es sind nicht Millionäre und Milliardäre, die zuvorderst den Solidaritätszuschlag weiterhin zahlen sollen, meine Damen und Herren, sondern es ist der deutsche Mittelstand. Es trifft die kleinen und mittleren Familienbetriebe. Die wollen Sie weiter zahlen lassen, denen grätschen Sie in die Beine, Herr Minister Scholz.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD)
Ich will beim Thema Soli bleiben. Beim Etatentwurf für 2020 geht es nicht nur um den Haushaltsplan für das kommende Jahr. Vielmehr stehen wir – und das sage ich in Richtung der Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU-Bundestagsfraktion – vor einer historischen Entscheidung. Mit dem Solidaritätszuschlaggesetz in den 90er-Jahren ist das Versprechen verbunden gewesen, dass mit dem Auslaufen der Hilfen für Ostdeutschland dieses Gesetz wieder vollständig abgeschafft wird.
(Beifall bei der FDP – Johannes Kahrs [SPD]: Ihr wolltet ja nicht regieren! Ihr hättet das ja machen können!)
Deswegen sage ich in Richtung der Kollegen von der Union: Ob mit dem Haushalt 2020 auch der Solidaritätszuschlag fällt, ist eine Frage der Glaubwürdigkeit der deutschen Politik, die Sie zu beantworten haben, Kolleginnen und Kollegen der CDU/CSU.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD – Johannes Kahrs [SPD]: Auch die, die nicht regieren wollen, haben das zu verantworten!)
Ich will an dieser Stelle eine interessante Liste vorlesen: Alexander Dobrindt, Hans Michelbach, Annegret Kramp-Karrenbauer, Peter Strobel, Carsten Linnemann, Markus Söder, Markus Blume, Albert Füracker, Ingo Senftleben, Mike Mohring und Peter Altmaier. Das sind alles Politiker von CDU und CSU, die seit Bildung der Großen Koalition Anfang 2018 die vollständige Abschaffung des Solidaritätszuschlages gefordert haben. Mein Lieblingszitat ist das des Kollegen Linnemann. Er hat gesagt: Der Soli gehört abgeschafft, sonst glaubt uns überhaupt keiner mehr. – Ja, es ist eine Frage der Glaubwürdigkeit. Die Union ist immer dann eine glühende Anhängerin der Abschaffung des Soli, wenn sie das Scheitern auf die SPD schieben kann. Das ist die Wahrheit Ihrer Politik, liebe Kolleginnen und Kollegen der Union.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD)
Es geht hier neben der Glaubwürdigkeit der deutschen Politik auch um das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland. Es ist eine Frage der Verfassung. Das ist nicht nur die Meinung eines ehemaligen Präsidenten des Bundesverfassungsgerichts, Professor Papier, nicht nur die eines Kabinettsmitglieds, nämlich Ihres Kollegen, dem Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier. Das bestätigt nicht nur das Gutachten des Wissenschaftlichen Dienst des Deutschen Bundestages, das im Auftrag der CDU/CSU-Bundestagsfraktion erstellt wurde, sondern das ist auch die Meinung der breiten Mehrheit, die sich juristisch auskennt. Es gibt in dieser Frage in Wahrheit keine zwei Meinungen. Der Soli ist ab dem 1. Januar 2020 verfassungswidrig. Wer erklärt, er werde einen Bundeshaushalt verabschieden, in dem der Soli weiter eine Rolle spielt – das sage ich sehr deutlich in Richtung des schwarzen Teils dieser Bundesregierung –, der begeht offenen Verfassungsbruch, und das dürfen Parlamentarier im Deutschen Bundestag nicht tun. Das gehört sich nicht, was Sie hier vorhaben, liebe Kolleginnen und Kollegen.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der FDP und der AfD – Johannes Kahrs [SPD]: Sie hätten das alles ändern können, wenn Sie regiert hätten!)
Das Wort hat der Kollege Fabio De Masi für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7387912 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 110 |
Tagesordnungspunkt | Allgemeine Finanzdebatte |