Thomas JurkSPD - Wirtschaft und Energie
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zunächst mit einer Bestandsaufnahme beginnen. Die wirtschaftliche Lage in der Bundesrepublik Deutschland stellt sich nicht mehr so gut dar wie in den letzten Jahren. Die Exporte sinken und der Auftragseingang in der Industrie geht zurück und damit verbunden auch die Wirtschaftsleistung. Erste Auswirkungen gibt es mittlerweile auch auf dem Arbeitsmarkt. So lag die Arbeitslosigkeit im August nur geringfügig unter dem Wert des Vorjahresmonats.
Die Ursachen liegen auf der Hand: Die Unternehmen leiden unter außenpolitischen Verwerfungen wie der unberechenbaren Handelspolitik der USA, den fortwährenden Russland-Sanktionen sowie der Verunsicherung durch die Iran-Krise und den Brexit.
Trotzdem bin ich optimistisch, denn die Binnenkonjunktur läuft dank tarifvertraglich steigender Löhne und stetig steigender Ausgaben der öffentlichen Hand nach wie vor. Die Zinsen sind bekanntermaßen niedrig, und die Sozialkassen haben ausreichende Rücklagen, um vorübergehende Einnahmerückgänge zu verkraften. Vor allen Dingen – das ist mir besonders wichtig – investiert der Bund nach wie vor kräftig. Im Finanzplanungszeitraum bis 2023 sind es jährlich 40 Milliarden Euro. Da die bisherigen Entflechtungsmittel, die nach der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen mittlerweile den Ländern zustehen, eigentlich hinzugerechnet werden müssten, sind es sogar 43 Milliarden Euro.
(Beifall bei der SPD)
– Gut, dass das beklatscht wird; denn das ist ein Effekt, den man nicht übersehen sollte.
Klar ist aber auch, dass die SPD sinnvolle, wachstumsstärkende Vorschläge unterbreiten wird, sollte die Konjunktur weiterhin schwächeln. Das war auch in der Krisenzeit 2008/2009 der Fall. Da haben wir angepackt. Darauf können sich die Menschen im Land verlassen.
Zum Etat des Bundeswirtschaftsministeriums – der Kollege Altmaier ist gerade in wichtigen Gesprächen – sage ich: Wir haben in diesem Einzelplan eine deutliche Steigerung, und zwar um etwa 950 Millionen Euro, wodurch wir im Einzelplan 09 ein Budget von etwa 9,1 Milliarden Euro verzeichnen. Bei dieser auffälligen Steigerung handelt es sich allerdings um einen einmaligen Sondereffekt. Der Bund wird seinen Beitrag im Zusammenhang mit den bestehenden Altlasten des Steinkohlebergbaus nicht zeitlich gestaffelt, sondern diesmal in einer Rate zahlen. Der Bund wird damit die Förderung deutscher Steinkohle seit 1998 mit sage und schreibe 45 Milliarden Euro subventioniert haben. Dazu kommen noch die Zahlungen für das Anpassungsgeld für die Bergleute, die erst in einigen Jahren auslaufen werden. Ich finde, das ist eine beachtliche Solidarleistung des Landes für die Menschen in den Steinkohlerevieren an Ruhr und Saar.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Andreas Mattfeldt [CDU/CSU])
Wir werden uns in den nächsten Wochen natürlich weniger mit den Steinkohlesubventionen, sondern mehr mit den geplanten Strukturhilfen für die Braunkohlereviere befassen. Deshalb will ich auf einen wichtigen Unterschied aufmerksam machen: Anders als bei den Absatzhilfen zur Förderung deutscher Steinkohle geht es bei den geplanten Strukturhilfen nicht um Subventionen, sondern um tatsächliche Investitionen in die Zukunft.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Andreas Mattfeldt [CDU/CSU])
Wir wollen die Mittel zur Wirtschaftsförderung in den Braunkohlerevieren einsetzen und besonders in Infrastruktur sowie in Forschung und Entwicklung investieren. Herr Bundeswirtschaftsminister Altmaier, ich habe Ihnen genau zugehört. Ich glaube, es ist besonders wichtig, wirtschaftsfördernde Maßnahmen zu ergreifen, die neue Formen der Beschäftigung ermöglichen. Wir stehen beispielweise in der Oberlausitz in einer Konkurrenzsituation zu Polen und Tschechien, die andere Fördersätze und andere Förderbedingungen haben. Deshalb halte ich den Hinweis auf eine Sonder-AfA, vielleicht entsprechend dem früheren Fördergebietsgesetz, oder eine entsprechend ausgestaltete Investitionszulage für sehr richtig. Wir werden während der Beratungen zum Strukturstärkungsgesetz sicher noch darauf eingehen.
(Beifall bei der SPD)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich finde, wir sind es den Menschen in den betroffenen Regionen schuldig, ob nun im rheinischen undS im Helmstedter Revier, in Mitteldeutschland oder in der Lausitz, dass wir ihre bisherigen Arbeitsleistungen honorieren und sagen: Wir bauen euch eine Brücke in eine gute Zukunft, in eine Zukunft mit Perspektive, mit neuen, gut bezahlten Arbeitsplätzen. – Das setzt aber bei allem gesellschaftlichen Konsens voraus, dass wir die Vorschläge der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ tatsächlich eins zu eins umsetzen; denn alles andere wäre nicht glaubwürdig.
(Beifall bei der SPD)
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es ist bereits angesprochen worden: Die Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“ hat sehr interessante Vorschläge gemacht. Ich finde das insbesondere deswegen interessant, weil man sich häufig dem Vorwurf ausgesetzt fühlt, wir täten jetzt alles nur für die Braunkohlereviere. Nein, wir haben Disparitäten im ganzen Land, auch zwischen Stadt und Land. Es gilt, sich die sinnvollen Vorschläge dieser Kommission ganz genau anzuschauen, auch den Hinweis, dass die Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ unter demografischen Gesichtspunkten betrachtet werden muss, damit die darüber geförderten Maßnahmen dazu beitragen, die Verwerfungen, die wir in manchen strukturschwachen Regionen verzeichnen, zu beheben.
In diesem Sinne wünsche ich gute Haushaltsberatungen.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Andreas Mattfeldt [CDU/CSU])
Für die FDP-Fraktion spricht nun der Kollege Reinhard Houben.
(Beifall bei der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7387929 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 110 |
Tagesordnungspunkt | Wirtschaft und Energie |