Sören BartolSPD - Inneres, Bau und Heimat
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Für diese Große Koalition ist es der Herbst der Entscheidung. In wenigen Wochen werden wir zur Halbzeit der Legislaturperiode unsere gemeinsame Arbeit bilanzieren. Für mich wird eine entscheidende Frage sein: Was haben wir bei den sozialen Fragen unserer Zeit erreicht? Dazu gehört: Können sich Menschen ihre Wohnung leisten? Für mich ist klar: Wohnen muss für alle bezahlbar sein.
(Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Ist es aber nicht!)
Wie wir schon gehört haben, hat die Studie der Bertelsmann-Stiftung der Großen Koalition ein gutes Zeugnis ausgestellt. Im Bereich „bezahlbares Wohnen“ haben wir auch die meisten Vorhaben abgearbeitet und sind noch dabei. Dafür möchte ich auch Christine Lambrecht, Olaf Scholz und Katarina Barley danken. Beim Koalitionsausschuss und beim Wohngipfel haben sie in kurzer Zeit extrem viel erreicht, auch über den Koalitionsvertrag hinaus.
(Beifall bei der SPD)
Zum Beispiel verlängern wir die Mietpreisbremse bis 2025
(Dr. André Hahn [DIE LINKE]: Die wirkt doch aber nicht!)
und führen einen Rückzahlungsanspruch ein. Wir erweitern den Betrachtungszeitraum beim Mietspiegel. Wir senken die Maklerkosten und reduzieren die Möglichkeiten, Miet- in Eigentumswohnungen umzuwandeln. Auf der anderen Seite haben wir 500 Millionen Euro extra für den sozialen Wohnungsbau durchgesetzt. Wir haben dafür gesorgt, dass die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben eine 180-Grad-Wende macht. Endlich richtet sie ihre Liegenschaftspolitik am Gemeinwohl aus, und das gilt künftig auch für das Bundeseisenbahnvermögen. Mit dem Haushaltsentwurf 2020 gehen wir sogar noch einen Schritt weiter: Wir schaffen die Voraussetzung dafür, dass die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben zum sozialen Vermieter wird. Ihre Mieten orientieren sich künftig am unteren Ende des Mietspiegels und sind auf maximal 10 Euro pro Quadratmeter begrenzt.
(Beifall bei der SPD)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, auch im Baubereich haben wir große Erfolge erzielt. Bei der Städtebauförderung haben wir in der vergangenen Legislaturperiode die Mittel verdoppelt und halten sie auf dem jetzigen Niveau. Beim sozialen Wohnungsbau haben wir mit der Grundgesetzänderung dafür gesorgt, dass der Bund langfristig Verantwortung übernehmen kann. Dafür geben wir in dieser Legislaturperiode 5 Milliarden Euro aus. Hier möchte ich mich auch einmal bei den Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen und der FDP bedanken, dass sie am Ende dieser Grundgesetzänderung zugestimmt haben.
(Beifall bei der SPD sowie des Abg. Dr. Konstantin von Notz – Zuruf von der LINKEN: Wir auch!)
– Entschuldigung, bei euch auch. Die Linkspartei hat natürlich auch zugestimmt.
Wenn der Bundestag in den kommenden Monaten zustimmt, verbessern wir zum 1. Januar 2020 auch noch das Wohngeld. Wir wollen es erhöhen und automatisch an die Entwicklung der Bestandsmieten und Einkommen anpassen. Damit werden mehr Menschen Anspruch auf Wohngeld haben, und dadurch verhindern wir, dass viele Menschen in die Grundsicherung abrutschen. Klar: Das Wohngeld ist kein Allheilmittel, wie es gerne von den Kolleginnen und Kollegen der FDP erklärt wird, aber das Wohngeld hilft, Menschen schnell und zielgenau zu entlasten.
Ja, auch das Baukindergeld ist eine Erfolgsgeschichte. Es unterstützt junge Familien überall in Deutschland, wenn sie in die eigenen vier Wände ziehen wollen. Seit das Programm gestartet ist – der Minister hat darauf hingewiesen –, haben schon mehr als 100 000 Familien Baukindergeld beantragt. Viele Familien, die die Förderung bekommen, haben ein Haushaltseinkommen von maximal 40 000 Euro im Jahr; knapp 60 Prozent der Antragsteller gehören in diese Einkommensgruppe. Das heißt, wir helfen damit wirklich denjenigen, die es besonders brauchen.
(Beifall der Abg. Emmi Zeulner [CDU/CSU])
Insgesamt gibt das Bundesinnenministerium in dieser Legislaturperiode rund 16 Milliarden Euro im Baubereich aus. Angesichts der Probleme auf dem Wohnungsmarkt ist das einfach gut investiertes Geld.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, wenn wir jetzt Zwischenbilanz ziehen, bleibt trotzdem die Frage: Reicht das aus, damit Wohnen bezahlbar bleibt und die Mieten finanzierbar sind? Und: Was wollen wir in den kommenden zwei Jahren noch erreichen? Ich sage Ihnen: Die SPD-Bundestagsfraktion hat eine klare Vorstellung davon, wie eine echte Trendwende auf dem Wohnungsmarkt gelingt – auch ohne Enteignung.
(Beifall bei der SPD)
Ja, wir müssen die Möglichkeiten einschränken, Miet- in Eigentumswohnungen umzuwandeln. Zum Beispiel wurden in Berlin zwischen 2012 und 2017 über 74 000 Wohnungen umgewandelt. In den meisten Fällen heißt das: Mieterinnen und Mieter werden aus ihren Wohnungen verdrängt, sei es dadurch, dass die Mieten erhöht werden, oder weil ihnen wegen Eigenbedarf gekündigt wird. Deshalb ist es gut, dass wir unseren Koalitionspartner davon überzeugen konnten, noch in diesem Jahr einen Gesetzentwurf auf den Weg zu bringen, mit dem dieses Problem eingedämmt wird.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD)
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, vielleicht schaffen wir es ja auch noch, den Missbrauch bei den Eigenbedarfskündigungen schärfer zu ahnden. Ich glaube, das wäre ein echter Erfolg für Mieterinnen und Mieter.
(Beifall bei der SPD)
Selbstverständlich gehört auch dazu, dass wir den bezahlbaren Neubau weiter ankurbeln. Aktuell fallen im sozialen Wohnungsbau jährlich mehr Wohnungen aus der Bindung, als dass preisgebundene entstehen.
(Friedrich Straetmanns [DIE LINKE]: Das System ist falsch!)
Auch hier müssen wir gegensteuern.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Baulandkommission hat Anfang Juli wichtige Weichen für eine schnellere Baulandmobilisierung und eine soziale Bodenpolitik gestellt. Künftig wird die öffentliche Hand wieder mehr Einfluss nehmen können. Die Entwicklung unserer Städte können wir nicht allein dem Markt überlassen. Das ist die originäre Aufgabe der Städte und Gemeinden gemeinsam mit den Menschen, die dort leben und arbeiten. Sie müssen sagen können, was mit dem Boden passiert, ob gebaut wird und, wenn ja, für wen. Ich möchte, dass wir mit der kommenden Baugesetzbuchnovelle Spekulationen mit Grund und Boden eindämmen und möglichst verhindern.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Denn klar ist: Auf teurem Boden wird trotz aller Anstrengungen kaum günstiger Wohnraum entstehen. Deshalb brauchen wir diese Trendwende in der Bodenpolitik.
(Beifall bei der SPD)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bezahlbar, gut und nachhaltig zu wohnen, ist ein essenzielles Grundbedürfnis. Dafür brauchen wir einen gestaltungswilligen und vor allen Dingen einen handlungsfähigen Staat. Jetzt wird entschieden, was wir tun, damit der Zusammenhalt in unserer Gesellschaft funktioniert. Lassen Sie uns als Deutscher Bundestag gemeinsam daran arbeiten.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Nächster Redner ist der Kollege Manuel Höferlin, FDP.
(Beifall bei der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7388259 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 112 |
Tagesordnungspunkt | Inneres, Bau und Heimat |