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Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist ja bereits mehrmals erwähnt worden: Man kann Minister Spahn mit Sicherheit keine Untätigkeit vorwerfen. Es ist ja Herbst – Zeit der Laubbläser. Mich erinnert das Handeln des Ministers schon etwas an einen Laubbläser: sehr laut, unüberhörbar, immer Aufmerksamkeit auf sich ziehend. Aber am Ende löst er die Probleme nicht, sondern bläst sie nur auf einen anderen Haufen.

(Heiterkeit und Beifall bei der LINKEN)

Das kann man zum Beispiel an der Situation der Pflege sowohl im Krankenhaus als auch in der Altenpflege belegen: viele Ankündigungen, Initiativen, konzertierte Aktionen, Verordnungen, Gesetze; aber wenig Wirkung, kaum ein spürbarer Fortschritt. Über die 13 000 Stellen für die medizinische Behandlungspflege in den Seniorenheimen ist ja bereits geredet worden. Real gibt es keine 300 davon; besetzt ist noch keine einzige. Das ist die Situation, die wir jetzt haben. Ich befürchte, es wird auch bis zum Ende der Legislaturperiode nicht besser.

Ein anderes Beispiel sind die Pflegepersonaluntergrenzen in den sogenannten pflegeintensiven Bereichen in den Krankenhäusern. Ja, jetzt im zweiten Quartal, nachdem das scharfgestellt wurde, haben wir eine Erfüllungsquote von 96 Prozent. Aber wie? Einmal durch Zusammenlegen von Stationen, Abziehen von Pflegepersonal aus anderen Bereichen, Bettenschließungen mit echten Versorgungslücken, teilweise Absenkung auf die Untergrenzen von besser am Pflegebedarf der Patienten ausgerichteter Pflegeausstattung.

Ein weiteres Beispiel: die Pflegebudgets ab 2020. Wir haben zunächst einmal sehr begrüßt, dass die Pflege aus den DRG-Fallpauschalen herausgenommen wird. In den Detailfragen wird es jedoch wieder richtig kompliziert, und es werden Folgeprobleme, die man kaum erwartet hat, geschaffen. Es erscheint zumindest sehr fraglich, ob bis Jahresanfang 2020 alles steht. Die Pauschale pro Pflegetag, die dann als Überbrückung vorgesehen ist, wird zusammen mit anderen Problemen so manches Krankenhaus in eine akute Finanznot bringen. Ebenfalls erweist sich die versprochene vollständige Refinanzierung der Tariferhöhungen bei den Pflegekräften in der Umsetzung als Mogelpackung und verschärft damit die Finanznot so mancher Krankenhäuser zusätzlich.

Es gibt einen allgemeinen Unmut über die Situation in den Krankenhäusern. Im Krankenhaussystem verhalten sich alle mehr oder weniger systemlogisch; aber dieses System ist hochproblematisch geworden und funktioniert immer weniger im Sinne dessen, was es leisten soll, nämlich eine gute, qualitativ hochwertige stationäre medizinische Versorgung für die Menschen.

(Beifall bei der LINKEN)

Es gibt zu viele Aspekte, die ein gemeinwohlorientiertes Ziel überlagern. Die Krankenhäuser stehen untereinander in einem Hyperwettbewerb um Patienten, bei denen sie möglichst lukrative Fallpauschalen abrechnen können. Die ökonomische Frage überlagert die medizinischen Versorgungsfragen und beschädigt die medizinische Ethik. Inzwischen ist rund ein Drittel der Krankenhäuser in privater Hand, und dann kommt die Gewinnerzielungsabsicht als vorrangiges Ziel hinzu und führt zu einer weiteren Kommerzialisierung.

Nach 16 Jahren Finanzierung mit Fallpauschalen bei gleichzeitigem Herunterfahren der Mittel der Länder für die Investitionsförderung und ständigem stückhaftem Nachbessern bei den unbeabsichtigten Folgen dieser Form der Finanzierung ist das ganze System in einer wirklich schweren Krise. Das bleibt der Öffentlichkeit nicht verborgen – einige Beispiele sind bereits genannt worden –: Es gibt die Reportagen von „Team Wallraff“; es gibt den Film „Der marktgerechte Patient“, der inzwischen über 100-mal in Deutschland gezeigt worden ist; es gibt die aktuelle „Stern“-Serie; es gibt das Bündnis „Krankenhaus statt Fabrik“; es gibt landauf, landab Aktionen und Streiks der Pflegekräfte für Entlastungstarifverträge; es gibt einen Beschluss des letzten Ärztetages, nach dem das DRG-System die Gesundheit von Beschäftigten und Patientinnen und Patienten gefährdet; es gibt entsprechende Beschlüsse des Marburger Bundes, des Verbandes der Krankenhausdirektoren, des Verbandes der leitenden Krankenhausärzte usw. usf.

Insgesamt ist es, denke ich, absolut wichtig, noch einmal herauszustellen: Ein Krankenhaus muss keine Gewinne machen!

(Beifall bei der LINKEN)

Die Krankenhäuser in diesem Land – damit schließe ich – sind von den Bürgern finanziert und geschaffen worden, um für Bürger eine entsprechende medizinische Versorgung zu ermöglichen. Sie werden nach wie vor aus Steuermitteln und Versicherungsbeiträgen finanziert. Sie sind genauso wie viele andere Bereiche – Feuerwehr usw. usf. – ein Teil der Daseinsvorsorge, in der eine Orientierung auf Gewinne völlig unangebracht ist.

(Beifall bei der LINKEN)

Kollege Weinberg, Sie müssen zum Schluss kommen.

Es ist an der Zeit, dass die Bürgerinnen und Bürger sich ihre Krankenhäuser zurückholen.

(Beifall bei der LINKEN)

Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat Dr. Kirsten Kappert-Gonther das Wort.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7388742
Wahlperiode 19
Sitzung 113
Tagesordnungspunkt Gesundheit
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