Katja HesselFDP - Schlussrunde Haushaltsgesetz 2020
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Das ist die Schlussrunde der Haushaltswoche. Am Anfang der Woche wurde der Haushalt von Bundesfinanzminister Olaf Scholz eingebracht, und diese Woche haben aber auch die Forschungsinstitute gewarnt, dass die deutsche Wirtschaft auch im dritten Quartal schrumpfen wird.
Wir stehen an der Schwelle einer Rezession. Im dritten Quartal erwarten wir ein Minus von 0,3 Prozent. Damit rutscht die Konjunktur in eine technische Rezession; das sind zwei Quartale mit schrumpfender Wirtschaftsleistung. Das DIW beschreibt die Situation wie folgt – ich darf zitieren –: „Deutschlands wirtschaftliches Fundament bröckelt bedenklich.“
Daher finde ich es sehr erschreckend, dass dem Bundesfinanzminister bei der Einbringung des Haushalts dazu überhaupt nichts eingefallen ist, außer dass man vielleicht dagegenhalten wollte, falls sich die Konjunktur anders entwickelt, als man hoffe. Ich glaube, Frau Kollegin Hagedorn, man darf vom Finanzminister einer der wirtschaftsstärksten Nationen Europas etwas mehr Fantasie und vor allem auch Anstrengung erwarten, als zu sagen: Wir setzen auf das Prinzip Hoffnung.
(Beifall bei der FDP)
Die Schätzungen über die bestehenden Steuereinnahmen belegen dies überdies. Jens Boysen-Hogrefe vom Kieler Institut für Weltwirtschaft und Mitglied im Kreis der Steuerschätzer mahnte, dass die Steuereinnahmen in den Jahren 2020 und 2021 jeweils um rund 10 Milliarden Euro niedriger ausfallen könnten, als man dies noch im Mai angenommen hat.
Meine Damen und Herren, das sind deutliche Alarmzeichen, auf die Politik auch konkrete Antworten geben muss,
(Beifall bei der FDP)
ein Stück mehr als das Prinzip Hoffnung.
Das Schlimme ist: Die Situation ist auch nicht vom Himmel gefallen. Es war absehbar – schon seit längerer Zeit. Der Brexit, der Handelskrieg, aber auch andere Sachen stehen nicht erst seit gestern vor der Tür, sondern es zeichnet sich ab, dass unsere Wirtschaft dies alles sehr stark spüren wird. Hier ist die Abkühlung auch bereits angekommen, und es ist Aufgabe der Politik, in einer solchen Situation alles dafür zu tun, dass unser Land zukunftsfest und sicher gemacht wird.
(Beifall bei der FDP)
Das ist mehr als das Prinzip Hoffnung.
Wenn ich mir mal so angucke, was in den steuerlichen Bereichen, gerade bei der Einnahmesituation, in der letzten Zeit passiert ist – oder nicht passiert ist –, zeigt sich: Wir haben hier große Probleme. Eine Unternehmensteuerreform, sagt der Finanzminister, ist nicht notwendig.
(Michael Theurer [FDP]: Doch!)
Um uns herum, überall, werden die Unternehmensteuern reformiert, damit die Wirtschaft zukunftsfähig gemacht wird. Nur unser Bundesfinanzminister sagt: Ist nicht notwendig.
(Christian Dürr [FDP]: Ach so! – Michael Theurer [FDP]: Skandal!)
Abschaffung des Solidaritätszuschlages: 90 Prozent sollen davon betroffen werden. Die Kapitalgesellschaften und viele Unternehmen sind davon eben nicht betroffen. Dies wäre das richtige Signal in einer sich abzeichnenden Rezession gewesen. Hier passiert seitens des Finanzministeriums nichts.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD)
Vielleicht an dieser Stelle auch ganz kurz: Es ist auch Danke zu sagen den Leistungsträgern dieser Nation. Was macht die SPD-Bundestagsfraktion? Sie verhöhnt sie mit tollen Bildern vom Cocktail schlürfenden, im Liegestuhl liegenden Steuerzahler. Vielen Dank dafür!
(Beifall bei der FDP)
Es wäre einfach, Bürokratie abzubauen; passiert auch nicht. Wir hatten diese Woche im Finanzausschuss eine Anhörung zum Thema Grundsteuer. Ein Bürokratiemonster kommt auf uns zu. Wir brauchen mehr als 3 200 Finanzbeamte für die Umsetzung der Grundsteuer. Wo sollen diese denn bitte herkommen? Wo ist denn hier mit einer Entlastung zu rechnen?
Dann schauen wir uns an, welche Schwerpunkte in diesem Haushalt gesetzt werden. Schwerpunkte für die Zukunft? Sehe ich nicht. Digitalisierung, Infrastruktur – Fehlanzeige. Bei der Bildung wird gespart: Es werden 70 Millionen Euro weniger angesetzt. Dafür haben wir aber bei den Renten und bei den Sozialleistungen einen großen Anstieg. Beim nächsten Haushalt wird wahrscheinlich mehr als ein Drittel der Mittel in die Rentenkasse fließen. Hier wären Reformen ebenfalls dringend angebracht gewesen; hier wäre auch im Haushalt entsprechend gegenzusteuern.
Dann kommen wir zum Thema Solidaritätszuschlag zurück. Wahrscheinlich ist die Nichtabschaffung des Solidaritätszuschlages vollständig verfassungswidrig. Das Bundesverfassungsgericht wird darüber Anfang nächsten Jahres entscheiden können. Auch hierfür hat der Haushalt keine Vorsorge getroffen. Wir haben genau das gleiche Problem, das wir immer haben in der Steuerpolitik dieser Regierung: Wir warten darauf, dass das Bundesverfassungsgericht kommt und uns sagt, dass das, was hier entschieden worden ist, verfassungswidrig ist. Das ist keine zukunftsfähige Politik, meine Damen und Herren.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der AfD)
Das Wort hat die Kollegin Dr. Gesine Lötzsch für die Fraktion Die Linke.
(Beifall bei der LINKEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7388755 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 113 |
Tagesordnungspunkt | Schlussrunde Haushaltsgesetz 2020 |