13.09.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 113 / Tagesordnungspunkt 1

Otto FrickeFDP - Schlussrunde Haushaltsgesetz 2020

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Geschätzte Frau Vizepräsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen!

(Johannes Kahrs [SPD]: Jetzt kommt’s!)

Nach einer Woche – mit ständigen Zwischenrufen von Johannes Kahrs -

(Heiterkeit bei der SPD)

sollte man zu einem Fazit kommen. Das Fazit lautet: Das ist – das muss man leider feststellen; es ist von vielen hier angesprochen worden – ein Weiter-so.

(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Ein solides Weiter-so! Genau!)

Es werden dieselben Diskussionen geführt. Es gibt denselben Verweis vonseiten des Finanzministeriums auf die angebliche Vorsicht beim Haushalt, wie es auch seitens der Staatssekretärin vorgetragen wurde.

(Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Wenn es gut läuft, was soll man da ändern?)

Aber während der ganzen Woche – Bettina Hagedorn war die ganze Zeit hier – war es doch genau andersherum. Da erzählte jeder, wo er mehr Geld ausgeben möchte. Da sagte jeder: Ich hätte noch eine Idee.

(Ingo Gädechens [CDU/CSU]: Ich denke, wir haben keine Ideen!)

Man muss sich doch einmal auf das zurückbesinnen, was den Haushalt ausmacht, nämlich die Haushaltsgrundsätze. Das hört sich schlimm an, beinhaltet aber viel Wahrheit und Wichtigkeit. Es gibt zum Beispiel den Haushaltsgrundsatz der Einheit und Vollständigkeit. Herr Kollege Berghegger hat ja leider versäumt, meine Zwischenfrage zuzulassen. Aber ich will auf Sie eingehen und Sie fragen: Das ist also eine schwarze Null? Herr Kollege Berghegger, die Asylrücklage, die Sie benutzen, ist eine Rücklage. Was denkt denn jetzt der Otto Normalverbraucher? Der denkt: Oh, Herr Berghegger und seine Kollegen haben irgendwo 9 Milliarden Euro herumliegen, die sie jetzt verwenden. Herr Kollege Berghegger, diese 9 Milliarden Euro aus der Asylrücklage sind eine Kreditermächtigung.

(Christian Dürr [FDP]: So ist es!)

Diese erlaubt Ihnen nur, zusätzliche Kredite aufzunehmen. Um das für die Bürger klarzumachen, sage ich: Herr Berghegger hat Ihnen erklärt, der Haushalt sei ausgeglichen. Wir nehmen zwar noch mal eine Kreditkarte und hauen noch mal 9 Milliarden Euro raus, es ist aber eigentlich ausgeglichen. Wann die Summe, die mit der Kreditkarte bezahlt wurde, beglichen wird, ist ja vollkommen egal. – So ist Ihre Politik, und das ist weder eine vernünftige noch einheitliche und auch keine vollständige Haushaltspolitik.

(Beifall bei der FDP)

Vollständigkeit ist, wie ich finde, ein schönes Wort. Vom Kollegen Berghegger wurde auch gesagt: Liebe Regierung, wir freuen uns, wenn wir irgendwann mal den Rest des Haushaltes vorgelegt bekommen. – Ich habe es noch nicht erlebt, und in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland hat es das noch nie gegeben, dass ein wesentlicher Teil des Entwurfs eines Bundeshaushaltes zur ersten Lesung von einer Bundesregierung bewusst und zielgerichtet nicht vorgelegt wird. Das ist Missachtung des Parlamentes – nichts anderes!

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der AfD)

Wir hören vonseiten der Koalition immer wieder: Wir mussten uns halt Zeit lassen. – Verdammt noch mal! Wäre es denn nicht ohne Schwierigkeiten möglich gewesen, dass dieses Kabinett auch mal im Sommer zusammenkommt und den Entwurf dann so vorlegt, dass man ihn hier auch ordentlich beraten kann? Nein, Sie scheuen die Debatte. Ich kann das ja verstehen.

Wir haben jetzt eine Bundesölheizungsministerin, die noch nicht genau weiß, wie sie mit all dem umgehen soll. Überhaupt gibt es im Kabinett niemanden, der genau weiß, wie er oder sie den Finanzminister überhaupt kriegt – er ist ja im Moment auf irgendwelchen Regionalkonferenzen –, aber vor allen Dingen wie er oder sie den Finanzminister dazu kriegt, dass er für den jeweiligen Haushalt genug Geld zur Verfügung stellt. Sie können es an den lächelnden Gesichtern sehen: Sie hätten das Geld alle gerne. Dazu wird es Streit geben. Wir als Parlament bzw. als Haushaltsausschuss dürfen dann erst mal staunen und gucken und nachher versuchen, den Mist wieder einigermaßen hinzubekommen. So ist doch die Lage.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, dabei müssten wir hier doch eigentlich ganz anders reden. Ich erinnere mich noch – manche Mitglieder des Haushaltsausschusses werden das auch tun –, wie das in den Jahren 2007, 2008 und 2009 war. Da haben wir immer wieder gehört: Ja, ja, alles gut. Läuft doch. – Dann auf einmal merkten wir, dass es abwärts ging. Wir hatten die Anzeichen, dass irgendetwas nicht stimmt, zwar schon vorher gesehen. Aber was passierte damals? Die Große Koalition sagte: Nein, nein, alles in Ordnung. Klappt schon. Wir machen weiter so; es funktioniert. – Dann ging es abwärts. Und was ist dann passiert? Dann stellte sich hier ein Herr Steinbrück – das war auch so ein SPD-Finanzminister -

(Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Ein sehr erfolgreicher!)

hin und sagte: Wir geben jetzt zusätzlich 17 Milliarden Euro aus.

(Johannes Kahrs [SPD]: Sie wollten ja nicht regieren, Herr Fricke!)

Er hat gesagt – das kann man im Protokoll nachlesen –: Diese 17 Milliarden Euro für den Investitions- und Tilgungsfonds werden wir so schnell wie möglich zurückzahlen. – Es wurde genau dieselbe Geschichte erzählt. Und was ist passiert, liebe Sozialdemokraten? Erstens: Er wurde Spitzenkandidat, in dem Fall zwar für die Bundestagswahl und nicht für den Vorsitz seiner Partei. Zweitens: Er war weg. Die Schulden aus dem Investitions- und Tilgungsfonds belaufen sich nicht nur auf 17 Milliarden Euro, sondern auf 19 Milliarden Euro. Das ist keine Lösung, wie man auf sich verändernde Zeiten eingeht. Das ist Schlafwagenpolitik.

(Beifall bei der FDP – Carsten Schneider [Erfurt] [SPD]: Aber dass der Schuldenstand sinkt, nehmen Sie zur Kenntnis, oder?)

Ich hätte vom Kabinett mehr Ideen und mehr Mut erwartet. Sie jedoch haben sich nur mit der Frage beschäftigt, wofür man mehr Geld ausgeben kann. Ich hätte erwartet, dass man sich bei den Investitionen nicht auch noch dafür rühmt, dass die absolute Zahl steigt. Das ist das Gleiche, als wenn jemand zum ersten Mal Geld verdient und sagt:

(Johannes Kahrs [SPD]: Otto, ihr hättet das alles machen können! Ihr hättet nur wollen müssen, sollen, können!)

Ich spare jetzt pro Monat nicht nur 10 Euro, sondern ich spare jetzt, obwohl ich 1 000 Euro pro Monat mehr habe, künftig 11 Euro und bin ein toller Sparer oder Investor. – Genau so schlafwandelt diese Regierung beim Thema Investitionen durch die Gegend.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren, die Institute haben uns gestern und vorgestern wiederum vorgerechnet und gezeigt, dass das von der Regierung für den Haushalt eingeplante Wirtschaftswachstum von 1,5 Prozent auf gar keinen Fall erreicht werden kann. Das wissen alle Koalitionäre. Das weiß die Regierung. Das weiß auch das Parlament. Sie wissen aufgrund der Steuereinnahmen in diesem Jahr auch schon jetzt, dass die Steuereinnahmen sinken. Sie wissen, wie es auf dem Arbeitsmarkt aussieht, und Sie sehen, dass es diese Koalition in diesem Jahr geschafft hat, bereits im ersten Halbjahr 11 Milliarden Euro Schulden mehr zu haben als noch zu Beginn des Jahres.

All das sind trübe Aussichten. Man kann nur hoffen, dass der Herbst noch ein paar Lichtblicke bringt – jedenfalls mehr als die, die wir bisher von dieser Regierung gesehen haben. Die FDP wird es kontrollieren, wird Gegenvorschläge machen, wird das Haushaltsverfahren aber wie immer fair begleiten.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP – Johannes Kahrs [SPD]: Und nicht regieren wollen!)

Vielen Dank, Otto Fricke. – Nächster Redner für die Fraktion Die Linke: Fabio De Masi.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7388761
Wahlperiode 19
Sitzung 113
Tagesordnungspunkt Schlussrunde Haushaltsgesetz 2020
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