26.09.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 115 / Tagesordnungspunkt 4

Enrico KomningAfD - Förderung von Unternehmensgründungen

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Frau Präsident! Meine Damen und Herren Kollegen! Der uns hier vorliegende Antrag der FDP wird nicht dazu führen, dass die Zahl der Unternehmensgründer wieder zunimmt; der von Gender- und Klimaideologie geprägte Antrag der Grünen

(Falko Mohrs [SPD]: Bingo!)

schon mal gar nicht.

Wir beabsichtigen, für den kommenden Haushalt eine substanzielle Aufstockung der Mittel für das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand zu beantragen. Ich lade Sie herzlich ein, hier mit uns zu stimmen. Wie Sie aber auch wissen, werden gerade die beim ZIM zur Verfügung gestellten Mittel vielfach gar nicht abgerufen – erst recht nicht in den neuen Bundesländern. Auch die KfW hat durchaus Schwierigkeiten, das Geld in Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen-Anhalt, Sachsen, Brandenburg und Thüringen unter die Leute zu bringen. Wir brauchen einen sehr viel umfassenderen Ansatz als nur Werbung, Innovationszuschüsse oder ein bürokratiefreies erstes Jahr – so sinnvoll die Einzelmaßnahmen für sich betrachtet, meine Damen und Herren von der FDP, auch sein mögen. Es drängt sich aber der Eindruck auf, dass bei Ihrem Antrag sehr viel Einfallslosigkeit hinter verklausulierter Sprache versteckt werden soll.

(Beifall bei der AfD – Falko Mohrs [SPD]: Bei Ihnen ist es Einfältigkeit!)

Gerade in den neuen Bundesländern, in den strukturschwachen und strukturfreien Gebieten, fehlt es an grundlegenden gesellschaftspolitischen Voraussetzungen, die eine gesunde Gründerkultur entstehen lassen können. Häufig ist nicht die Finanzierung, noch nicht einmal die überbordende Bürokratie der Hauptgrund für fehlendes unternehmerisches Engagement. Es sind die Abwanderung aus den ländlichen Räumen, die Alterung der Bevölkerung und der damit verbundene Verlust der wichtigen Infrastrukturen. Es ist ein Teufelskreis, der durchbrochen werden muss. Ihr Antrag reicht dafür nicht aus. Wir müssen endlich zwischen Huhn und Ei entscheiden. Wir wählen das Huhn.

(Mark Hauptmann [CDU/CSU]: Sie sind das Huhn!)

Der Staat muss sehr viel mehr tun. Als Erstes muss er sich tatsächlich dazu bekennen, gleichwertige Lebensverhältnisse in Deutschland schaffen zu wollen. Die groß angekündigte und am Ende im Sand verlaufene Regierungskommission und das kolportierte sogenannte Klimapaket lassen einen sehr deutlich an diesem Bekenntnis zweifeln; denn die Zeche der Pläne der Bundesregierung zahlen nun einmal mehr die Menschen in den ländlichen Räumen.

(Beifall bei der AfD)

Und dann muss sehr viel mehr Geld in die Hand genommen werden, als ein paar Gründungszuschüsse zu geben. Allerdings würde schon ein Bruchteil des für die wirkungslose Klimapolitik sinnlos verpulverten Geldes reichen, um substanziell etwas zu tun.

Wir brauchen ein sehr viel breiteres Verständnis für Daseinsvorsorge. Die komplette Infrastruktur muss vom Staat bedingungslos garantiert sein – natürlich gute Straßen, moderne Wasser- und Stromleitungen, aber eben auch Breitband und Mobilfunk, ärztliche Versorgung, öffentlicher Nahverkehr, Schulen. Kinder dürfen nicht einen halben Tag lang auf dem Schulweg verbringen. Busse und Vorortszüge müssen mindestens einmal stündlich fahren. Die Gewährleistung dieser Infrastrukturen – das ist Daseinsvorsorge, keinesfalls schon Förderung; denn fördern muss der Staat noch viel mehr. Durch Förderung muss sichergestellt sein, dass Lebensmittelmärkte überleben, Handwerker zur Verfügung stehen, kleine geförderte Dienstleistungszentren in Dörfern und Kleinstädten existieren. Sie wollen einen Gründungsmanager, meine Damen und Herren von der FDP, ich kann mir sehr gut einen Dorfmanager vorstellen, der sich umfassend um die Belange der Menschen kümmert

(Dr. Andreas Lenz [CDU/CSU]: „Bürgermeister“ nennt man den!)

Und – um in Ihrer Sprache zu bleiben – um die sogenannten „soft assets“.

Ich nenne: Kinderwillkommensprämien, substanzielle Zuschüsse für Eigenheime. Wir brauchen Strukturentwicklungsgebiete. Auch wenn sich das alles nach einem großen Wünsch-dir-was anhört: Wir müssen alles dafür tun, um den Gordischen Knoten endlich platzen zu lassen, der da heißt: Landflucht.

Und dann, liebe FDP, erst dann kommen wir zu Ihren im Einzelnen durchaus sinnvollen Maßnahmen. Sie fassen das unter „Freiheitszonen“ zusammen, meinen aber natürlich klassisch „Sonderwirtschaftsgebiete“. Das fordern wir schon, seitdem wir hier in diesem Hause eine Stimme haben.

(Beifall bei der AfD)

Nur, solche Sonderwirtschaftsgebiete müssen auf fertige und funktionierende Infrastrukturen draufgesetzt werden; sonst bringen sie nichts. Deswegen spreche ich von „vorgelagerten Strukturentwicklungsgebieten“.

Eines kommt in Ihren Anträgen deutlich zu kurz: die viel zu hohe Steuer- und Abgabenlast der Unternehmen. Gerade Unternehmern, die sich in strukturschwachen oder ländlichen Räumen durchsetzen müssen, könnte man mit deutlich geringeren Gewerbe- und Körperschaftsteuersätzen das Leben erleichtern. Man könnte die Unternehmen und auch die Arbeitnehmer in Sonderwirtschaftsgebieten über einen befristeten Zeitraum bei Sozialversicherungsbeiträgen entlasten, ohne deren Ansprüche zu kürzen.

Das alles bedingt hohe staatliche Investitionen, die sich dann aber auszahlen, wenn sich in diesen zu benennenden Sonderwirtschaftsgebieten ein Markt, der sich selbst trägt, und eine Gesellschaft, die vital und wachsend ist, etabliert haben. Wir lehnen Ihren Freiheitszonenantrag ab, weil er sich für uns als Schaufensterantrag darstellt, der kein wirkliches Engagement für mehr Unternehmensgründungen erkennen lässt.

(Beifall bei der AfD)

Aber was mich geradezu wütend macht, ist, dass solche Anträge überhaupt notwendig sind. Dem Ausbluten der strukturarmen Gebiete, vornehmlich im Osten, ist jahrzehntelang von dieser Bundesregierung tatenlos zugesehen worden, und Sie machen immer alles noch schlimmer. Sie von der Regierung sind es, die mit Ihrer blinden, inzwischen religiös-fanatischen Politik nicht nur eine neue Gründerkultur jahrelang verhindert haben; Sie haben auch die heute bestehenden gesellschafts-, sozial- und wirtschaftspolitischen mittelstands- und gründerfeindlichen Verhältnisse zu verantworten. Und Ihnen nimmt man doch nun wirklich nicht mehr ab, dass Sie an diesen Verhältnissen noch was ändern wollen.

(Beifall bei der AfD)

Sie schimpfen uns Populisten. Dabei sind Sie es, die entgegen besserer Einsicht, entgegen allen Fakten einem grün-rot-goldenen Kalb hinterherlaufen und den Hohepriestern des heiligen Klimas huldigen, um einer lauten Bioladen-Wohlstandsminderheit aus Influencern, Schauspielern und vermeintlichen Sängern hinterherzulaufen, statt verantwortungsvolle Politik für das ganze Volk zu machen.

(Beifall bei der AfD)

Meine Damen und Herren, Verantwortung heißt eben, auch mal schwierige Entscheidungen zu treffen, Entscheidungen, die in Kreuzberg und Eppendorf vielleicht nicht gut ankommen, die aber die Menschen in Güstrow, Gelsenkirchen und Gera wieder in Lohn und Brot bringen.

Bertolt Brecht hat einmal gesagt:

Kein Vormarsch ist so schwer wie der zurück zur Vernunft.

Ich beschwöre Sie, umzukehren und sich auf den Weg zu machen, auch wenn es noch so schwer wird, zum Wohle Ihres, zum Wohle unseres Volkes.

Vielen Dank.

(Beifall bei der AfD)

Danke schön, Enrico Komning. – Nächster Redner für die SPD-Fraktion: Falko Mohrs.

(Beifall bei der SPD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7390796
Wahlperiode 19
Sitzung 115
Tagesordnungspunkt Förderung von Unternehmensgründungen
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