26.09.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 115 / Tagesordnungspunkt 5

Erich IrlstorferCDU/CSU - Pflegelöhneverbesserungsgesetz

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Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Präsidentin! Pflege ist ein Zukunftsthema, und Pflege ist ein Zukunftsberuf. Ich kann Ihnen, liebe Auszubildende auf der Tribüne, nur gratulieren, dass Sie die Ausbildung in diesem Beruf machen und wünsche Ihnen viel Freude und Spaß in Ihrem Beruf.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ich möchte aber auch klarstellen, meine sehr geehrten Damen und Herren – von daher verstehe ich hier die Emotionen und die Aufregung teilweise nicht –: Wir wissen doch, dass Pflege nur gelingen kann, wenn wir zusammen die ganzen Hürden überwinden. Ich glaube auch, dass es nichts bringt, wenn man Organisationen und Einrichtungen hier einander gegenüberstellt, ob das die Wohlfahrtsverbände sind, ob das die Kirchen sind, ob das die privaten Anbieter oder auch die Kommunen sind. Alle wollen natürlich ihre Einrichtungen betreiben.

Zu dem Ganzen, was wir hier diskutieren, kann ich nur sagen: Scheitern wird dieses System nicht am Geld, nicht am politischen Willen, sondern scheitern wird es nur, wenn es uns nicht gelingt, Menschen in diese Berufe zu bringen.

(Peter Weiß [Emmendingen] [CDU/CSU]: Sehr richtig!)

Und wie bringen wir Menschen in diese Berufe? Ich höre immer wieder die ganzen Begriffe, auch heute: Wertschätzung, Respekt, Anstand, Aufwertung, Anerkennung. Alles wunderbar, das stimmt alles. Nur was nützt es der Pflegekraft, wenn man ihr die Wertschätzung gibt, wenn sie aber ihre Miete nicht bezahlen kann, ihren Lebensunterhalt nicht bestreiten kann? Dann können diese Menschen nicht in diesen Berufen bleiben. Deshalb brauchen wir Gesetze und Rahmenbedingungen, die das ermöglichen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Dass wir allein heute fünf Reformpakete im Bereich der Gesundheit diskutieren werden – drei Pakete werden heute auch verabschiedet –, zeigt doch, wie wichtig dieses ganze Zukunftsthema Pflege ist. Man kann zur Großen Koalition stehen wie man will – ich sage Ihnen aber eines: Die Große Koalition ist in diesem Bereich besser als ihr Ruf. Das möchte ich heute hier schon einmal festhalten.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wenn wir über ordentliche Löhne und Gehälter sprechen, dann muss ich ansprechen, dass es dabei auch um das Thema Leiharbeit – das erleben wir ja – geht. Und das wissen auch die privaten Anbieter. Ich weiß, das ist ein heikles Thema. Wir wissen aber auch, dass man Leiharbeit nur dann eindämmen kann, wenn man das Personal ordentlich bezahlt; das ist notwendig. Ich glaube, das wissen alle Beteiligten. Es ist doch völlig klar – ich unterstreiche das noch einmal, möchte dabei aber nicht gegen die Leiharbeit reden –: Die Leiharbeit ist nur ein Instrument und ein Werkzeug in Notsituationen und kein Dauerzustand, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Deshalb brauchen wir eine klare und richtige Struktur bei Löhnen und Gehältern. Das ist mit eine der grundlegenden Fragen, die wir heute hier zu entscheiden haben.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Kollege Irlstorfer, gestatten Sie eine Frage oder Bemerkung der Kollegin Zimmermann?

Selbstverständlich, gerne.

Vielen Dank, Herr Irlstorfer, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Ich möchte einmal etwas zur Leiharbeit sagen. Ich glaube, Sie sind nicht ganz auf dem neuesten Stand. Pflegekräfte arbeiten nämlich sehr gerne als Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter, weil sie dort ein gesichertes Einkommen haben, weil sie dort gesicherte Arbeitszeiten haben, weil sie einen Dienstplan haben, der es ihnen ermöglicht, auch mit der Familie zu planen. Es ist nicht so, dass sie in der Pflege selbst gut verdienen.

Was wir aber in der Pflege brauchen, damit wir weiterkommen, vor allen Dingen auch in der Altenpflege, sind Arbeitsplätze, auf denen man sich wohlfühlt, bei denen man die Arbeit, die man gelernt hat, auch schaffen kann, sodass man gerne zur Arbeit geht, und Arbeitsplätze, bei denen man im April weiß, dass man im Dezember noch einen Arbeitsplatz hat. Es gilt, diese Arbeitsplätze vernünftig zu entlohnen, damit Menschen nicht nur Spaß an der Arbeit haben, sondern sich und ihre Familie auch ernähren können. Da können wir doch nicht so über Leiharbeit sprechen!

(Beifall bei der LINKEN)

Frau Zimmermann, ich hätte nicht geglaubt, dass wir mal so nah beieinander sein würden. Ich kann Ihnen sagen: Das, was Sie hier angesprochen haben, kann ich nur unterschreiben. Denn ich bin komplett dafür – das habe ich ja gerade versucht zu erklären –, dass natürlich diejenigen, die solche Häuser betreiben, ihre Leute auch ordentlich bezahlen und für gute Arbeitsbedingungen sorgen, damit man das, was man tut, auch gerne tut. Das ist wichtig.

Mit den Regelungen, über die wir heute entscheiden, muss, glaube ich, ein Stück weit auch dafür gesorgt werden, dass Pflegekräfte nicht in die Leiharbeit abwandern, sondern sich klar zu ihrem Betrieb oder Unternehmen bekennen, und dafür, dass die Arbeitgeber mit sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen ein Instrument haben, um die Leute zu halten. Es hat ja auch eine Bindewirkung, wenn man die Leute ordentlich bezahlt. Deshalb ist es, glaube ich, kein Widerspruch, was wir beide hier gerade vortragen. Ich unterstreiche es noch einmal: Leiharbeit ist ein Instrument für eine Notsituation und kein Dauerzustand.

(Kerstin Tack [SPD]: Sehr gut!)

Ich glaube, da sind wir uns auch einig. – Danke schön.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

In den Sitzungswochen haben wir immer wieder folgende Situation: Eine Woche geht es darum, Eigenanteile für die Pflegebedürftigen einzufrieren, dann geht es darum, die Pflegeversicherung vielleicht zu einer Vollversicherung umzubauen. Ich möchte zum Abschluss einfach klarstellen, dass all diese Maßnahmen, die wir hier diskutieren und vorhaben, richtig und zielführend sind, dass, auch wenn wir über manche diskutieren müssen, die Grundrichtung stimmt. Es ist aber auch klar, dass das alles Geld kostet. Hier werden wir vor der Entscheidung stehen, wie viel Geld wir in die Hand nehmen und wo wir die Prioritäten setzen wollen. Für die Union kann ich nur sagen: Wir setzen die Priorität bei den Menschen, bei den Unternehmen, bei all denjenigen, die ins Gelingen verliebt sind, darin, dass Pflege in Deutschland auch weiterhin ordentlich und menschlich gemacht werden kann.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD)

Ich schließe die Aussprache.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7390821
Wahlperiode 19
Sitzung 115
Tagesordnungspunkt Pflegelöhneverbesserungsgesetz
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