Götz FrömmingAfD - Stasi-Unterlagen-Gesetz
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Gestern hatten wir im Kulturausschuss eine Abstimmung zu der Frage, ob die Überprüfungsmöglichkeit verlängert werden soll. Es gab eine erfreulich große Mehrheit, eine erfreulich große Koalition dafür. Nur eine einzige Fraktion hat sich dem verweigert, und das war Die Linke.
Wir haben aber derzeit auch eine andere sehr große Koalition, und die hatte leider etwas weniger Erfreuliches vor, und darüber haben wir eben schon in der Aktuellen Stunde gesprochen. Leise und geräuschlos wollten Sie ein wichtiges Symbol des Widerstandes gegen die SED-Diktatur ins Archiv entsorgen.
(Beifall bei der AfD – Christoph Bernstiel [CDU/CSU]: Das ist unser Antrag! – Manfred Grund [CDU/CSU]: Das habt ihr gemerkt?!)
Aber damit, meine Damen und Herren, haben wir Sie nicht durchkommen lassen, und deshalb beschimpfen Sie uns hier schon den ganzen Tag.
Diese Behörde, meine Damen und Herren, ist eine ungewöhnliche Behörde. Sie verdankt ihre Existenz nicht der Obrigkeit, sondern dem mutigen Einsatz der Bürger.
(Beifall bei der AfD)
Der Bundesbeauftragte ist nach wie vor eine wichtige Institution. Seine Bedeutung als Mahner und Aufklärer wird nicht geringer, sondern größer, je länger die SED-Diktatur zurückliegt. Der jetzige Amtsinhaber ist offenbar seines Amtes müde geworden und wirkt bei Ihnen nun als Kronzeuge an der Abschaffung seines eigenen Amtes mit. Das finde ich tragisch und bedauerlich.
(Beifall bei der AfD – Marianne Schieder [SPD]: Tragisch ist so eine Rede zu so einem Thema!)
Wie praktisch aber, dass die Auflösung seiner Behörde und das Ende seiner Amtszeit auf denselben Tag fallen sollen, und, wie man hört, ist an einen neuen, auf Herrn Jahn vielleicht schon zugeschnittenen Posten ja bereits gedacht.
(Elisabeth Motschmann [CDU/CSU]: Was für ein Unfug!)
Man kennt sich, man hilft sich;
(Dr. Konstantin von Notz [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ungeheuerlich, was Sie da sagen! Schämen Sie sich!)
aber diese Behörde darf für keinen Kuhhandel irgendwelcher Art missbraucht werden.
(Beifall bei der AfD – Marianne Schieder [SPD]: Widerlich! Widerlich!)
Diese Behörde ist nicht nur eine Behörde, sondern sie ist ein Denkmal. Sie ist ein sichtbares Symbol und ein Teil des Erbes der Friedlichen Revolution. Ich sage denen, die eben „Da redet schon wieder ein Westdeutscher“ gesagt haben: Diese Behörde gehört uns allen, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der AfD)
Es sind Sie, nicht wir, die diese Behörde und den Bundesbeauftragten und dieses Denkmal schleifen wollen – wir wollen es erhalten. Diese Behörde muss ausgebaut und darf nicht abgewickelt werden. Das wollen wir mit unseren beiden Ihnen vorliegenden Anträgen erreichen.
(Elisabeth Motschmann [CDU/CSU]: Herr Frömming, haben Sie überhaupt mal mit dem Bundesbeauftragten gesprochen?)
Mit der Überführung der Stasiakten in das Bundesarchiv entsteht der Eindruck, dass ein Teil unserer deutschen Geschichte entsorgt werden soll,
(Marianne Schieder [SPD]: Bleiben Sie mal bei der Wahrheit!)
um insbesondere – das klang heute bei meinem Kollegen schon an – der CDU neue Koalitionsmöglichkeiten links der Mitte zu eröffnen, die sie ja dringend braucht.
(Beifall bei der AfD)
Meine Damen und Herren, es hat bereits Mitte der 80er-Jahre einmal eine große Debatte um die Entsorgung der deutschen Vergangenheit gegeben. Damals war es Die Linke, die Helmut Kohl kritisiert hat. Wir erleben heute ein Déjà-vu dieser Debatte, nur mit umgekehrten Vorzeichen. Heute sind Sie es, die einen Teil unserer Vergangenheit ins Archiv verbannen wollen.
(Beifall bei der AfD)
Meine Damen und Herren, wir brauchen nicht weniger, sondern mehr historische Orte,
(Marianne Schieder [SPD]: Wir brauchen mehr Redlichkeit in den Reden hier!)
um an die Verbrechen der SED-Diktatur und Stasi zu erinnern.
Herr Frömming, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Kollegen Bernstiel?
Sehr gerne.
Bitte sehr, Herr Bernstiel.
Sehr geehrter Kollege Dr. Frömming, Sie haben eben ausgeführt, dass Roland Jahn eine tragische Figur sei, weil er seine eigene Position abschaffen müsse, und wie furchtbar das sei. Wir haben mit Roland Jahn gesprochen. Es ist übrigens sein eigener Vorschlag: Er möchte dieses Amt nicht abschaffen, sondern er möchte es weiterentwickeln, und zwar zu einem Amt nicht nur für die Akten, sondern auch für die Menschen.
Ich stelle Ihnen eine einzige Frage – sie ist ganz leicht mit Ja oder Nein zu beantworten –: Haben Sie in den letzten zwei Monaten ein einziges Mal direkt mit Herrn Jahn über diese Frage gesprochen?
Zu Ihrer Frage: Mit Herrn Jahn habe ich im Ausschuss gesprochen.
(Lachen bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ich will auf den ersten Teil Ihrer Bemerkung eingehen. Ich hätte mir von Ihnen gewünscht, dass Sie den Mut und das Rückgrat gehabt hätten, sich nicht hinter Herrn Jahn oder irgendeiner Kommission zu verstecken,
(Widerspruch bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
sondern dass Sie selbst gesagt hätten, dass Sie es sind, die diese Behörde abschaffen wollen.
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hat er doch gar nicht! Treffer, versenkt!)
Die Behörde bleibt nämlich nicht erhalten, und auch die Stelle des Bundesbeauftragten bleibt nicht erhalten. Beides wird abgeschafft und entsorgt.
Sie hätten den Mut haben sollen, zu sagen:
(Erhard Grundl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mut zur Wahrheit sieht anders aus!)
Wir sind es, die das wollen. – Dann hätten Sie dafür auch die Verantwortung gegenüber den Bürgern gehabt. So verstecken Sie sich hinter anderen. Schade!
(Beifall bei der AfD – Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So schwach auf der Brust, Ihre Argumentation!)
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss meiner kleinen, ja leider nur sehr kurzen Rede. Sie haben die Redezeit ja extra begrenzt, weil Ihnen dieses Thema offenbar unangenehm ist.
(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Thomas Hacker [FDP]: Wir haben eine Aktuelle Stunde!)
Wir sind der Meinung, dass alle Außenstellen als pädagogische Einrichtungen erhalten bleiben sollten. Es geht nicht nur um die Akten. Es geht auch um die Aufklärung der jungen Generation.
(Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Nicht durch Sie! Da können Sie Gift drauf nehmen!)
Diese Aufklärung ist offenbar dringender und notwendiger denn je, wie uns diese Debatte gezeigt hat.
Vielen Dank.
(Beifall bei der AfD)
Nächste Rednerin ist die Kollegin Katrin Budde für die Fraktion der SPD.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7391038 |
Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 115 |
Tagesordnungspunkt | Stasi-Unterlagen-Gesetz |