Johannes VogelFDP - Arbeitslosengeld I
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist ja verständlich, dass es die AfD stört, dass seit Monaten in der öffentlichen Debatte immer wieder darauf hingewiesen wird, dass Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, in der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik keine Konzepte und schon gar keine Lösungen anzubieten haben. Die Frage: „Wo ist eigentlich Ihr Rentenkonzept?“, ist ja schon zum geflügelten Wort geworden.
(Beifall bei der FDP – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben sie nicht!)
– Eben, weil es das nicht gibt. – Dieser sogenannte Antrag – so haben wir das zumindest interpretiert – sollte offenbar der Versuch sein, hier einmal richtig Substanz vorzulegen: Sozialgesetzbuch III, Arbeitslosengeld I – wichtiges arbeitsmarktpolitisches Thema – fünf Seiten Text. Ganze fünf Seiten!
Das Problem ist aber, dass Sie die fünf Seiten dafür nutzen, Seite um Seite darzulegen, was heute schon die Rechtslage ist.
(Kai Whittaker [CDU/CSU]: So ist es!)
Sie klären uns darüber auf, dass die Arbeitslosenversicherung eine Versicherung ist.
(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU und der SPD – Christian Dürr [FDP]: Das muss man erst mal hinkriegen! – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Donnerwetter!)
Sie klären uns darüber auf, dass die Bezugsdauer des Arbeitslosgengelds gestaffelt ist, usw. usf. Sie zitieren sogar Zeile um Zeile wörtlich aus dem Sozialgesetzbuch III. Das kann man so machen. Aber es wäre gut, dass Sie, wenn Sie Zahlen aus der Statistik der Bundesagentur für Arbeit referieren, es dann auch schaffen, die aktuellsten Zahlen zu verwenden, die seit vier Wochen vorliegen. Das haben Sie in dem Antrag nicht geschafft.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mit dem Zitieren muss man vorsichtig sein!)
Nachdem man sich durch fünf Seiten gequält hat, kommen auf der fünften Seite dann tatsächlich – ich habe nachgezählt – sechseinhalb Zeilen Forderung. Doch bei diesen sechseinhalb Zeilen Forderung sind die ersten fünfeinhalb – Überraschung! – erneut Wiedergabe des aktuellen Rechts.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, weil das so krass ist, weil zumindest ich das in sozialpolitischen Anträgen hier noch nicht erlebt habe, habe ich mir einmal die Mühe gemacht, das zu visualisieren. Wenn man den Antrag einmal darauf reduziert, was Ihre konkrete politische Forderung,
(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Heiße Luft!)
Ihr konkretes politisches Konzept ist, dann sieht das so aus:
(Der Redner hält nacheinander fünf Blätter hoch – Auf dem ersten Blatt stehen die Namen der Antragsteller und der Titel des Antrags, die drei folgenden Blätter sind leer)
Seite 1, Seite 2,
(Heiterkeit und Beifall bei der FDP, der CDU/CSU und der SPD)
Seite 3, Seite 4
(Kai Whittaker [CDU/CSU]: Aber auf Seite 5!)
und Seite 5 – ein Satz.
(Zurufe von der FDP, der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oh!)
Das ist der Satz. Der eine Satz!
(Heiterkeit und Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Ein einziger Satz, liebe Kolleginnen und Kollegen, bildet den Gipfel Ihrer arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Leistungsfähigkeit. Und der besagt dann auch nur – das ist wirklich bemerkenswert –, dass etwas, was es schon gibt, irgendwie – ich zitiere – „stärker" sein soll. „ Stärker“, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie genau, was genau, für wen genau – da sind Sie dann schon wieder völlig blank. Das ist doch keine seriöse Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik.
(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Da hat dieses Haus und haben die Bürgerinnen und Bürger wirklich mehr verdient.
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Oh Backe! Das geht aber nach hinten los!)
Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, dass Sie auf diesem Feld wirklich nichts anzubieten haben, außer dass Sie in der Tat bei jedem – auch sozialpolitischen – Thema nach wenigen Sekunden immer wieder auf Ihr einziges politisches „Thema“ zurückkommen – angeblich seien die Ausländer an allem schuld –, dann haben Sie uns den heute erbracht.
Lieber Kollege Matthias Zimmer, du hast eben darauf hingewiesen, dass wir das heute in der Begründung ausnahmsweise noch nicht gehört haben. Das stimmt. Aber Martin Sichert redet gleich noch. Ich bin ganz sicher, er wird dafür sorgen.
(Heiterkeit und Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Liebe Kolleginnen und Kollegen, um in den letzten 30 Sekunden kurz noch etwas zum kümmerlichen Rest Ihrer politischen Forderung, nämlich dem Grundimpuls, zu sagen – wenn es um eine längere Bezugsdauer von Arbeitslosengeld geht, liebe Kolleginnen und Kollegen, hat sich mitunter ja auch die SPD verirrt –: Die Idee wurde hier schon mehrfach formuliert. Das IAB, die Bundesagentur für Arbeit, der Sachverständigenrat der Bundesregierung, das DIW und das IW, also alle seriöse arbeitsmarktpolitische Forschung war dagegen; und das hat Gründe. Die Einzige, die dafür ist, ist heute die AfD, was eine zweite These auch noch ein für alle Mal bewiesen hat, nämlich: Eine Professorenpartei sind Sie wahrlich nicht mehr.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP, der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Alexander Gauland [AfD]: Herr Vogel, das war eine Rede für 4 Prozent in Thüringen! Vielleicht werden es nur 3 Prozent! Das ist typisch asozial! – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wer schlechte Arbeit abliefert, muss mit Kritik rechnen!)
Dagmar Schmidt, SPD, ist die nächste Rednerin.
(Beifall bei der SPD – Christian Dürr [FDP]: Herr Gauland, asozial ist Ihre Marke! – Gegenruf des Abg. Dr. Alexander Gauland [AfD]: Nein, unsere Marke ist sozial! – Lachen bei der CDU/CSU, der SPD, der FDP, der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Gegenruf des Abg. Christian Dürr [FDP]: Unfassbar! Das Schlimme ist: Ich befürchte, er glaubt es!)
Ich würde trotzdem gern der Kollegin Dagmar Schmidt das Wort erteilt haben.
(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben doch schon zweimal den Sozialparteitag verschoben, weil Sie Angst davor haben, dass Beschlüsse gefasst werden! – Gegenruf des Abg. Dr. Alexander Gauland [AfD]: Erzählen Sie doch keine Märchen!)
– Sollen wir noch ein bisschen warten?
Liebe Kolleginnen und Kollegen, jetzt hat das Wort die Kollegin Dagmar Schmidt.
(Beifall bei der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
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Wahlperiode | 19 |
Sitzung | 116 |
Tagesordnungspunkt | Arbeitslosengeld I |