27.09.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 116 / Tagesordnungspunkt 34

Grigorios AggelidisFDP - Stärkung der politischen Partizipationsrechte

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich beziehe mich ausdrücklich auf Ihren Antrag mit dem Titel „Engagementoffensive jetzt – Bürgerschaftliches Engagement in der Breite der Gesellschaft fördern“. Ich habe gedacht: Mensch, super! Es ist gut, über dieses wichtige Thema zu sprechen. Das Ehrenamt wird aus meiner Sicht nicht nur wichtig bleiben, sondern in Zukunft sogar existenziell für unsere Gesellschaft und unser Land, so wie wir es kennen, werden.

Es ist schön, dass ein paar Forderungen, die wir bereits aufgestellt haben, in dem Antrag vorkommen, beispielsweise die Forderung nach der Gemeinnützigkeit für die Freifunk-Initiativen. Das haben wir schon im Dezember 2018 eingebracht. Da werden Sie hoffentlich zustimmen. Unseren Vorschlag, das Engagement der Senioren stärker zu fördern, haben Sie leider abgelehnt. Da hätte ich mir mehr Mut gewünscht und mehr Zuspruch.

Sie beklagen zu Recht einen Flickenteppich und Stückwerk. Aber wieso liefern Sie dann mit dieser Vorlage einen Flickenteppich? Das ist unglücklich. Ihr Antrag hat eine solche Bandbreite, dass ich mich frage: Welches Ehrenamt meinen Sie jetzt? Was ist Ihnen denn wichtig? In der Prosa argumentieren Sie sehr viel mit freiwilligen Feuerwehren, Sport-, sozialen Vereinen etc., um sich am Ende mit einigen Organisationen auseinanderzusetzen, die gerade einmal 0,001 Prozent des Ehrenamtes ausmachen, wenn wir von 30 Millionen Ehrenamtlichen ausgehen.

Der überwiegende Teil Ihres Antrags dient, so habe ich das Gefühl, eher als Tarnung; denn die Hauptanliegen des bürgerschaftlichen Engagements und des Ehrenamtes, so wie wir es in unserem Land kennen, gehen Sie gar nicht wirklich an. Ich will Ihnen ein paar Beispiele nennen:

Beim Thema Haftung gehen Sie nur auf Stiftungen ein. Was ist mit dem Rest? Was ist mit den ganzen Vereinen?

(Beifall bei der FDP)

Sie haben über die Partizipation junger Menschen gesprochen, liebe Frau Kollegin. Da ich Vorsitzender eines Vereins bin, der sehr gerne junge Menschen aufnimmt, frage ich: Wie soll ich die Frage der Haftungsrisiken regeln, die nun einmal mit einem ehrenamtlichen Vorstandsposten einhergehen, Haftungsrisiken, die sich aus der Abgabenordnung, aus der Umsatzsteuererklärung, die solche Vereine abgeben müssen, aus Arbeitszeitdokumentationen, Mindestlohn- und Datenschutz-Grundverordnung ergeben? Wie soll ich denn einem jungen Menschen unter 18 diese Haftungsrisiken aufhalsen?

(Mahmut Özdemir [Duisburg] [SPD]: Der soll ja nur wählen!)

Ich würde mir wünschen, dass wir an der Stelle endlich mal für eine Entlastung sorgen. Wir treten dafür ein, dass hier spürbare Entlastungen erfolgen, und zwar in all den Bereichen, die ich genannt habe. Gegebenenfalls brauchen wir Ausnahmen für die ehrenamtlich engagierten Menschen. Das ist eine wichtige Voraussetzung dafür, dass junge Menschen sich in diesem Bereich engagieren können.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Bitte lassen Sie die Ausrede, die zurzeit gerade im Steuerrecht und beim Thema Datenschutz-Grundverordnung vorgebracht wird – das ist Europa, das können wir nicht ändern –, weg. Ich wünsche mir, dass wir hier im Deutschen Bundestag geschlossen dafür antreten, dass die Belange des Ehrenamtes endlich auch hier berücksichtigt werden.

(Beifall bei der FDP sowie des Abg. Martin Patzelt [CDU/CSU])

Zu den weiteren Aspekten der Partizipation, die Sie angesprochen haben, sage ich: Ja, wir Freien Demokraten stehen konstruktiven Lösungen nicht nur offen gegenüber, sondern wir fordern sie auch ein. Aber bitte mal konkret werden! Die Beispiele, die die Kollegin Wiesmann angesprochen hat, sind im Endeffekt absolut richtig. Ich kann nicht, wenn ich die Haftung nicht ausschließe, junge Menschen in verantwortungsvolle Positionen bringen. Wo sind denn eigentlich Ihre konkreten Beispiele? Was fordern Sie? Wie wollen Sie das Mitmachen, die Partizipation junger Menschen in unserem demokratischen System fördern, wie es vorgesehen ist? Wo fördern wir sie? Wie bekommen wir es hin, dass auf kommunaler Ebene – zum Beispiel über Jugendparlamente oder andere Institutionen – junge Menschen deutlich mehr teilhaben? Ich habe das Gefühl, dass es stattdessen um Intonation und Priorisierung geht. Sie fordern eigentlich eher, so nenne ich das jetzt einmal, den Aufbau von Parallelstrukturen. Solche Parallelstrukturen sind teuer und unterliegen genauso wie das übrige Ehrenamt den Einschränkungen und Fördervorgaben der Regierung und der Politik insgesamt. Das ist aus meiner Sicht genau das Gegenteil von freiem und unabhängigem Partizipieren.

Und Sie, Herr Kollege, unterliegen der Redezeit.

Ja, ich weiß. Ich bin sofort fertig, letzter Satz.

Nein, Ihre Redezeit ist vorbei. – Vielen herzlichen Dank.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Sie haben Ihre Redezeit deutlich überzogen. Tut mir leid. – Nächster Redner: Norbert Müller für die Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7391998
Wahlperiode 19
Sitzung 116
Tagesordnungspunkt Stärkung der politischen Partizipationsrechte
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