17.10.2019 | Deutscher Bundestag / 19. WP / Sitzung 118 / Tagesordnungspunkt 10

Jürgen PohlAfD - Arbeitsbedingungen in der Paketbranche

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Herr Präsident! Werte Kollegen! Liebe Damen und Herren auf den Rängen und Zuhause! Der Minister hat es schon gesagt: Kaum eine Branche ist in den letzten Jahren so rasant gewachsen wie die Kurierbranche, eine Branche, die unter extremem Konkurrenzdruck steht. In dieser Branche sind Leiharbeit, Werkverträge sowie Scheinselbstständigkeit an der Tagesordnung. Und warum? Weil die Damen und Herren von den Sozialdemokraten, der ehemaligen Arbeiterpartei unter Schröder, überhaupt erst den Grundstein dafür gelegt haben, nämlich mit der Agenda 2010. Diese Agenda war das Fundament für den Niedergang der sozialen Marktwirtschaft in der Paketbranche.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Ein viel zu niedriger Mindestlohn und prekäre Beschäftigungsverhältnisse sind hier an der Tagesordnung, verursacht durch eine neoliberale Wirtschaftspolitik,

(Christian Dürr [FDP]: Oh ja, genau!)

bei der der Mensch auf der Strecke geblieben ist.

(Christian Dürr [FDP]: Unfassbar! Da kommen das Sozialistische und das Nationale zusammen!)

– Ach hören Sie doch auf mit Sozialismus! Der Mensch steht im Mittelpunkt und nicht das Paket, mein Herr. Es ist doch die Frage, wo wir stehen wollen.

(Christian Dürr [FDP]: Was ist das für eine dämliche Aussage! Wie peinlich ist das denn?)

Wenn alles ständig verfügbar sein soll zu einem Preis, der anständige Löhne von Anfang an ausschließt, wenn kostenlose Lieferungen und Retouren eingeplant sind, wie soll dann eine vernünftige Kalkulation möglich sein, in der angemessene Löhne berücksichtigt werden? Das müssen Sie klären!

(Christian Dürr [FDP]: Sie müssen mal Ihr Verhältnis zur Marktwirtschaft klären!)

Diese kostenlosen Retouren sind nur möglich, wenn der volle Kostendruck bis nach unten, an den Zusteller durchgereicht wird. Das ist eine Wirtschaftskultur, die Leistungen zum Nulltarif anbietet. Dies führt unweigerlich zu einer Unternehmenskultur, in der der kleine Mann nichts mehr Wert ist. Sie sind keine Partei für den kleinen Mann. Wir als AfD, als neue Volkspartei stehen dafür ein.

(Beifall bei der AfD – Christian Dürr [FDP]: Ist klar! Die AfD ist ja sozialistischer als die Linkspartei! – Zurufe von der SPD)

Wenn wir uns die Angelegenheit ansehen, dann stellen wir fest, dass das letztlich mit der Abschaffung des Postmonopols anfing, was zur Folge hatte, dass Firmen wie die PIN AG vor Einführung des Mindestlohns die Briefzusteller für knapp unter 8 Euro auf die Straße schickten.

(Christian Dürr [FDP]: Herr Gauland, ist das die Meinung der AfD?)

Danach kamen mit der Einführung der Arbeitnehmerfreizügigkeit Kolonnen von Ausländern und Drittstaatlern in die EU, die ihre Fachkenntnisse für einen kümmerlichen Lohn anbieten.

Wenn bei mir – das ist tatsächlich passiert – am Samstagabend um halb neun noch der Paketbote klingelt, dann ist das krank. Früher gab es solche Hektik um Weihnachten herum. Heute ist das normaler brutaler Alltag für diese unterbezahlten Arbeitnehmer.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Das ist Ausdruck eines krassen Missverhältnisses zwischen Kundenrechten und Arbeitnehmerpflichten.

(Abg. Christian Dürr [FDP] meldet sich zu einer Zwischenfrage)

Aber jetzt, wo uns die ganze Sache um die Ohren fliegt, wird schnell ein Gesetz gestrickt, um den kleinen Mann ruhig zu stellen. Wir brauchen kein neues schlechtes Gesetz, wir brauchen mehr Kontrolle.

Herr Kollege.

Eine Zwischenfrage möchte ich auch nicht. Danke. – Mit diesem Gesetz wird nämlich nichts an den Löhnen geändert. Es führt nur dazu, dass die Menschen mit Armutslohn später eine Armutsrente bekommen. Diese Menschen, diese Zusteller werden im Rentenalter noch Pakete zustellen müssen, weil sie in Armut sind und, wenn die FDP etwas zu sagen hat, in Armut bleiben werden.

(Beifall bei der AfD)

Dieses Gesetz wird nichts richten. Wir müssen das Übel an der Wurzel packen. Wir müssen überlegen, ob die Marktmacht der in diesem Bereich vorhandenen Generalauftraggeber tatsächlich so bestehen bleiben kann. Was hier beschlossen werden soll, ist ein zahnloser Papiertiger ohne effektive Kontrolle. Erst werden hehre Absichten verkündet, um diese Absichten dann durch die Hintertür wieder aufzuheben.

Sie wollen ein Beispiel haben? Das Beispiel gebe ich Ihnen: Der Auftraggeber soll dafür Sorge tragen, dass die SV-Beiträge abgeführt werden. Das ist gut gemeint, Herr Minister Heil. Das Problem ist aber: Wenn ich mich durch Präqualifikation oder eine Unbedenklichkeitsbescheinigung exkulpieren kann, bleibt alles beim Alten, dann passiert gar nichts. Diejenigen, die für solche Verhältnisse verantwortlich sind und Geld verdienen, die müssen in der Verantwortung stehen.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD)

Bisher ist das reine Flickschusterei. Das Gesetz würde lediglich den Niedriglohn, der in diesem Bereich bezahlt wird, legalisieren. Humane Arbeitsverhältnisse in einer sozialen Marktwirtschaft sehen für uns in der AfD anders aus. Was hier beschlossen werden soll, ist das finanzielle Aus der kleinen Paketboten zugunsten von Amazon und Zalando. Das soll so wohl nicht sein.

Dankeschön.

(Beifall bei Abgeordneten der AfD – Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Alles wirr!)

Punktlandung, sehr gut.

(Dr. Matthias Zimmer [CDU/CSU]: Trotzdem wirr!)

Die nächste Rednerin: die Kollegin Gisela Manderla, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Wenn jetzt alle ihre Redezeit einhalten, schaffen wir es vielleicht doch, die Sitzung vor 5.15 Uhr zu beenden.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7395134
Wahlperiode 19
Sitzung 118
Tagesordnungspunkt Arbeitsbedingungen in der Paketbranche
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